Entscheidungsstichwort (Thema)

Außerordentliche Kündigung eines Pachtvertrages wegen Gefährdung der Existenzgrundlage

 

Leitsatz (redaktionell)

Dem Pächter eines Unternehmens steht lediglich in Ausnahmefällen ein Recht zur außerordentlichen Kündigung aus wichtigem Grund zu, wenn der Kündigungsgrund auf Umständen beruht, die seiner eigenen Interessensphäre zuzuordnen sind (hier: Gefährdung der Existenzgrundlage infolge der Verpflichtung zur Zahlung des vereinbarten Pachtzinses).

 

Normenkette

BGB § 554a

 

Tenor

Die Berufung des Beklagten gegen das am 4. Juli 1996 verkündete Urteil der 8. Zivilkammer des Landgerichts Düsseldorf wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Berufungsverfahrens fallen dem Beklagten zur Last.

Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar.

Dem Beklagten wird nachgelassen, die Zwangsvollstreckungdurch Sicherheitsleistung von 11.000,00 DM, die auch durch selbstschuldnerische Bürgschaft einer deutschen Großbank oder Sparkasse erbracht werden kann, abzuwenden, falls nicht die Klägerin vor der Vollstreckung in entsprechender Höhe Sicherheit leistet, zu der ebenfalls Bank- oder Sparkassenbürgschaft zugelassen wird.

 

Tatbestand

Mit Vertrag vom 1.6.1975 verpachtete der am 31.7.1981 verstorbene Ehemann der Klägerin sein in D. in gemieteten Räumen gelegenes Fotostudio „mit allen Maschinen, Werkzeugen und Zubehör” an den Beklagten. Der Beklagte erhielt das Recht, den bisherigen Firmennamen fortzuführen. Das Pachtverhältnis wurde zunächst auf die Dauer von 10 Jahren geschlossen, sollte „auf jeden Fall mit Kündigung des Mietverhältnisses durch den Vermieter”, die katholische Kirchengemeinde Sankt Rochus D., enden und im Falle des Todes des Verpächters mit dessen Ehefrau, der Klägerin, fortgesetzt werden. Der monatliche Pachtzins wurde mit 4.000,00 DM zuzüglich Mehrwertsteuer vereinbart.

Eine am 1.7.1975 vereinbarte Ergänzung zum vorstehenden Pachtvertrag lautete unter anderem wie folgt:

„Diese Ergänzung ist intern.

Pächter und Verpächter sind sich darüber einig, daß mit der Pacht eine Versorgung des Verpächters sowie dessen Ehefrau sichergestellt sein soll.

Die Pachtdauer soll bis zum Tode des Letztversterbenden sein.”

Ab November 1986 reduzierte der Beklagte unter Hinweis auf die schlechte Ertragslage des gepachteten Betriebes die monatlichen Pachtzinszahlungen auf 2.280,00 DM. Daraufhin nahm ihn die Klägerin, die Alleinerbin ist, in dem Verfahren 14 O 141/87 LG Düsseldorf auf Zahlung von insgesamt 11.400,00 DM nebst Zinsen in Anspruch. Der Rechtsstreit wurde durch Vergleich vom 22.10.1987 beendet. Darin verpflichtete sich der Beklagte, „ab 01.11.1987 wieder die volle Pacht aus dem Vertrag der Parteien vom 1.6.1975 in Höhe von monatlich 4.000,00 DM zuzüglich der jeweils geltenden Mehrwertsteuer an die Klägerin zu zahlen.” Die Klägerin verzichtete auf die bis dahin aufgelaufenen Pachtzinsrückstände und – ebenso wie der Beklagte – auf eine Änderung des Pachtzinses von 4.000,00 DM aufgrund einer im Vertrag vom 01.06.1975 enthaltenen Wertsicherungsklausel.

Aufgrund einer Vereinbarung zwischen dem Beklagten und der katholischen Kirchengemeinde Sankt Rochus D. ist das mit dieser bestehende Mietverhältnis zum 31.03.1996 beendet worden. Es wird seither vom Sohn des Beklagten fortgesetzt.

Mit Schreiben vom 20.12.1995 kündigte der Beklagte das mit der Klägerin bestehende Pachtverhältnis zum 31.03.1996. Zur Begründung führte er aus, er könne trotz überdurchschnittlichen Arbeitseinsatzes die vereinbarte Pacht nicht mehr erwirtschaften.

Die Klägerin hält die Kündigung des Beklagten für unwirksam und ist der Auffassung, das mit ihm begründete Pachtverhältnis bestehe über dem 31.03.1996 hinaus fort. Mit dem Antrag auf eine entsprechende Feststellung hat sie gegen den Beklagten Klage erhoben.

Der Beklagte hat Klageabweisung beantragt. Er hält die in der Zusatzvereinbarung vom 1.7.1975 enthaltene Verlängerung der Pachtzeitdauer für formunwirksam. Darüber hinaus ist er der Auffassung, die Beendigung des Mietverhältnisses mit der katholischen Kirchengemeinde Sankt Rochus D. habe dazu geführt, daß auch das Vertragsverhältnis mit der Klägerin beendet worden sei. Schließlich macht er geltend, seine Kündigung sei im Hinblick auf die schlechte Ertragslage des gepachteten Betriebes, durch die seine Existensgrundlage gefährdet sei, gerechtfertigt. Jedenfalls sei die Geschäftsgrundlage des Vertrages vom 1.6.1975 deswegen entfallen, weil er kaum noch seinen notwendigen Lebensunterhalt erwirtschaften könne. Durch das angefochtene Urteil hat das Landgericht dem Feststellungsbegehren der Klägerin entsprochen. Die vom Beklagten geltend gemachten Gründe für die Beendigung des im Streit befindlichen Pachtverhältnisses hat es zurückgewiesen.

Mit der Berufung verfolgt der Beklagte seinen Klageabweisungsantrag weiter. Dazu wiederholt und ergänzt er sein früheres Vorbringen.

Die Klägerin beantragt unter Wiederholung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vorbringens die Zurückweisung der Berufung des Beklagten.

Wegen der weiteren Einzelheiten des ...

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