Leitsatz (amtlich)

Einen Anspruch auf Umschreibung eines Grundbuchblattes, mit dem Ziel, durch Neufassung die Verlautbarung ordnungsgemäß zustande gekommener, durch Rötung gelöschter Eintragungen (hier: Zwangsversteigerungsvermerk, Zwangssicherungshypotheken, Grundschulden zugunsten von Kreditinstituten) im Grundbuch zu beseitigen ("Grundbuchwäsche"), gewährt weder die Grundbuchverfügung unmittelbar noch lässt er sich grundsätzlich - so auch hier - aus Grundrechten wie dem aus dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht abgeleiteten Recht auf informationelle Selbstbestimmung, dem Gleichbehandlungsgrundsatz oder der Eigentumsgarantie herleiten.

 

Normenkette

GBV §§ 23, 28; GG Art. 1 Abs. 1-2, Art. 2 Abs. 1, Art. 3, 14

 

Verfahrensgang

AG Düsseldorf (Beschluss vom 22.11.2016; Aktenzeichen BO-1357-27)

 

Tenor

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Wert: 5.000,00 EUR

 

Gründe

I. Die beteiligten Eheleute wenden sich mit ihrer Beschwerde gegen die Zurückweisung eines Antrags, das Grundstück der beteiligten Ehefrau im Wege der Umschreibung auf einem neu anzulegenden Grundbuchblatt einzutragen.

Die Beteiligte ist seit dem 21.12.2012 als alleinige Eigentümerin des Grundstücks unter Abteilung I lfd. Nr. 2 mit der Bemerkung: "auf Grund Berichtigungsbewilligung" im Grundbuch eingetragen. Zuvor war unter der laufenden Nr. 1 als Eigentümerin seit dem 11.8.1999 eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts bestehend aus den beteiligten Eheleuten eingetragen. Die Beteiligte hat das Grundstück zwischenzeitlich verkauft.

Aufgrund des notariellen Kaufvertrages vom 1.12.2016 (1319/2016) ist am 8.12.2016 für den Erwerber eine Auflassungsvormerkung eingetragen worden. Ein Antrag auf Umschreibung des Eigentums ist bislang nicht gestellt worden.

Das vorliegende Grundbuchblatt ist am 11.8.1999 durch Übertragung von Blatt 948 angelegt worden.

Es enthält - außer der gelöschten Eintragung in Abteilung 1 Nr. 1 zum Eigentum der Eheleute als Gesellschafter bürgerlichen Rechts - in den Abteilungen II und III folgende Eintragungen, die zwischenzeitlich - durch Rötung gekennzeichnet - gelöscht wurden:

Zwangsversteigerungsvermerk vom 27.8.2008 in Abteilung II Nr. 1, gelöscht seit dem 11.4.2011;

Zwangssicherungshypotheken vom 7.3.2007 (20.416,93 EUR) sowie vom 3.9.2007 (21.021,99 EUR), Abteilung III Nrn. 6 und 7, gelöscht seit dem 18.7.2013 (Nr. 6), beziehungsweise seit dem 10.5.2012 (Nr. 7);

Grundschuld zu Gunsten der Volksbank Viersen (Abteilung III Nr. 5), eingetragen am 14.1.2002, gelöscht am 31.5.2010.

Aktuell sind Abt. III unter den laufenden Nrn. 1 - 4 sowie 8 weitere Grundschulden eingetragen, wobei die Grundschulden zu den Nummern 4 und 8 zu Gunsten der Eheleute E. und die Übrigen (Nrn. 1-3) zu Gunsten von Kreditinstituten bestellt wurden. Zur laufenden Nummer 1 finden sich Änderungsvermerke in Form von Teilungen [geteilt in 1a) und 1b)] sowie Abtretungen an andere Kreditinstitute.

Mit Schreiben vom 14.11.2016 beantragte die Beteiligte die Umschreibung des Grundstücks auf ein neues Grundbuchblatt. Alle gelöschten Eintragungen sollten nicht (!) in dem neuen Grundbuchblatt aufgeführt werden. Der Beteiligte unterzeichnete den Antrag ebenfalls. Zur Begründung führte sie aus, dass der Grundbesitz in der Vergangenheit zur Besicherung von Geschäftsaktivitäten herangezogen worden sei. Sie habe ein Interesse daran, dass die Historie dieser Geschäftsbeziehungen und Auseinandersetzungen Dritten gegenüber nicht erkennbar werden könnten.

Mit dem angefochtenen Beschluss hat das AG diesen Antrag mit der Begründung zurückgewiesen, die Voraussetzungen für eine Umschreibung gemäß §§ 23, 28 GBV lägen nicht vor. Es folge jedoch der Ansicht von Böhringer (Rpfleger 1989, 309), wonach eine Grundbuchumschreibung (=Neufassung) ohne die gelöschten Zwangseintragungen aufgrund des informationellen Selbstbestimmungsrechts nach 5 Jahren gerechnet von der letzten Löschung gerechtfertigt sei (sog. Grundbuchwäsche). Da eine Umschreibung nur hinsichtlich sämtlicher Eintragungen in Betracht komme, sei insoweit auf die letzte Löschung, nämlich diejenige vom 18.7.2013 abzustellen. Die Frist von 5 Jahren laufe damit am 18.7.2018 ab.

Dagegen wenden sich die Beteiligten mit ihrer Beschwerde vom 28.11.2016, zu deren Begründung sie vorbringen, die Zurückweisung des Antrags sei unbillig. Die Zwangseintragungen seien von Gläubigern als Druckmittel zur Beilegung von Streitigkeiten eingesetzt worden. Da die Streitigkeiten zwischenzeitlich beigelegt seien, bestehe ein wirtschaftliches Interesse daran, dass die Eintragungen aus dem Grundbuch nicht mehr hervorgingen. Potentielle Kaufinteressenten pflegten hieraus ungerechtfertigte Vorteile für ihre Verhandlungsposition herzuleiten. Da Nachteile für den Verkäufer nicht ausgeschlossen werden könnten, sei eine Frist von 5 Jahren unangemessen und eine Umschreibung bereits nach 3 Jahren in dem hier zu betrachtenden Einzelfall gerechtfertigt.

Nach Hinweis des Grundbuchamtes auf den Kaufvertrag vom 1. Dez. 2016 haben die Beteiligten geltend gemacht, der Kaufvertrag sei mit einem...

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