Leitsatz (amtlich)

Auch im Verfahren nach dem Gesetz über die Entschädigung für Strafverfolgungsmaßnahmen sind die strafprozessualen Vorschriften zur Zustellungsvollmacht zu beachten.

 

Verfahrensgang

StA Düsseldorf (Aktenzeichen 28 Js 108/88)

 

Tenor

Eine Entscheidung des Senats ist nicht veranlasst.

 

Gründe

I.

Im Jahre 1997 ist das gegen G. gerichtete Strafverfahren wegen Eintritts der Verfolgungsverjährung eingstellt worden.

Am 22. März 2001 brachte Rechtsanwalt Dr. F. "im Namen" des früheren Angeschuldigten beim Petitionsausschuss des Landtages Nordrhein-Westfalen eine Petition an, mit der G. begehrte, für die physischen und psychischen Leiden entschädigt zu werden, die er durch die im Strafverfahren angeordnete Untersuchungshaft erlitten habe. Die Petition wurde als Antrag auf eine Entschädigung nach dem StrEG aufgefasst und vom Landgericht durch Beschluss vom 20. August 2001 abschlägig beschieden. Die Zustellung dieser Entscheidung erfolgte an Rechtsanwalt Dr. F. , der dem Gericht ausweislich eines Vermerks des Berichterstatters auf telefonische Anfrage vom 17. Juli 2001 mitgeteilt hatte, er sei für den früheren Angeschuldigten zustellungsbevollmächtigt. Eine schriftliche Vollmachtsurkunde befindet sich nicht bei den Akten. Mit Schriftsatz vom 11. September 2001 wies der Rechtsanwalt darauf hinwies, es bestünden Bedenken gegen die Wirksamkeit der am 5. September 2001 an ihn erfolgten Zustellung. Er sei von dem früheren Angeschuldigten nämlich lediglich zur Einreichung der Petition beim Landtag bevollmächtigt, nicht aber zu dessen Verteidiger gewählt worden.

Hilfsweise - für den Fall, dass er gleichwohl als zustellungsbevollmächtigt angesehen werde - legte Rechtsanwalt Dr. F. sofortige Beschwerde gegen den Beschluss ein.

II.

Eine Entscheidung des Senats ist nicht veranlasst.

Ein Rechtsmittel gegen den eine Entschädigung versagenden Beschluss liegt nicht vor.

1.

Rechtsanwalt Dr. F. hat am 11. September 2001 lediglich hilfsweise sofortige Beschwerde eingelegt für den Fall, dass das Gericht die Zustellung des vorsorglich angefochtenen Beschlusses für wirksam halten sollte. Die Erklärung über die Einlegung eines Rechtsbehelfs oder Rechtsmittels ist grundsätzlich bedingungsfeindlich (vgl. BGHSt 5, 183 zur Revisionseinlegung). Dadurch sollen Unklarheiten vermieden werden, insbesondere über den Eintritt der Rechtskraft (Kleinknecht/Meyer-Goßner, StPO, 45. Aufl. , Einl. 118). Von der Bedingung, die auf den Eintritt eines künftigen Ungewisses Ereignisses abstellt, ist die Voraussetzung zu unterscheiden, die an etwas Gegebenes, insbesondere an eine bestimmte Rechtslage anknüpft. Die Verknüpfung mit einer derartigen Voraussetzung oder einer reinen Rechtsbedingung ist unschädlich (vgl. BGHSt 25, 187 f; Kleinknecht/Meyer-Goßner aaO. ). So liegt der Fall hier. Das von Rechtsanwalt Dr. F. geltend gemachte Ereignis, von dem er die Beschwerdeeinlegung abhängig gemacht hat, nämlich seine Zustellungsvollmacht, ist keine echte Bedingung, sondern ein in der Vergangenheit liegender Umstand, der für den Lauf der Beschwerdefrist maßgeblich ist. Die Wirksamkeit der Zustellung kann anhand des Akteninhaltes ohne weiteres überprüft werden.

2.

Die Voraussetzung, an die die Beschwerdeeinlegung geknüpft war, ist nicht eingetreten. Der Beschluss der Strafkammer vom 20. August 2001 ist bislang nicht ordnungsgemäß zugestellt. Zustellungsadressat ist grundsätzlich derjenige, für den die Zustellung bestimmt ist oder sein Zustellungsbevollmächtigter (Löwe-Rosenberg-Wendisch, StPO, 25. Aufl. , § 37 Rn. 45 ff). Die Entschädigungsgrundentscheidung gehört als Annex der Sachentscheidung noch zum Strafverfahren (BGHST 26, 250, 252; Meyer; Strafrechtsentschädigung und Auslagenerstattung, 2. Aufl. , vor §§ 8 und 9 Rn. 8). Dies bedeutet, dass die strafprozessualen Vorschriften zur Zustellungsvollmacht weiterhin zu beachten sind.

Die am 5. September 2001 erfolgte Zustellung an Rechtsanwalt Dr. F. ist nicht in einer für den früheren Angeschuldigten rechtswirksamen Weise bewirkt worden. Es mangelt an der erforderlichen Zustellungsvollmacht. Diese ergibt sich weder aus § 145 a Abs. 1 StPO noch ist sie in sonstiger Weise hinreichend nachgewiesen.

a) Im Interesse der Rechtssicherheit und -klarheit zwingenden Vorschrift des § 145 a Abs. 1 StPO gilt der gewählte Verteidiger nur dann als ermächtigt, Zustellungen in Empfang zu nehmen, wenn sich seine Vollmacht bei den Akten befindet (BGH NStZ 1996, 97 ). Dies ist vorliegend nicht der Fall. Rechtsanwalt Dr. F. hat zum einen darauf hingewiesen, nicht zum Verteidiger des Angeschuldigten bestellt worden zu sein. Zum anderen fehlt es aber auch an einer schriftlichen, bei den Akten befindlichen Vollmacht - sei es in Form einer Vollmachtsurkunde oder einer beurkundeten Bevollmächtigung - wie es der Wortlaut des § 145 a Abs. 1 StPO verlangt.

b) Es ist auch nicht nachgewiesen, dass der frühere Angeschuldigte Rechtsanwalt Dr. F. eine rechtsgeschäftliche, über die gesetzliche Bevollmächtigungsfiktion des § 145 a Abs. 1 StPO hinau...

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