Verfahrensgang

LG Düsseldorf (Entscheidung vom 21.01.2015)

 

Tenor

  1. Die Beschwerden der Nebenklageberechtigten H. Y. und H. Y. gegen die sie betreffenden Entscheidungen in dem Beschluss des Vorsitzenden der 1. Großen Strafkammer des Landgerichts Düsseldorf vom 21. Januar 2015 werden als unbegründet verworfen.
  2. Jeder Beschwerdeführer trägt die Kosten seines Rechtsmittels.
 

Gründe

I.

Der am 19. Oktober 2014 vorläufig festgenommene Angeschuldigte befindet sich seit dem Folgetag für das hier anhängige Verfahren in Untersuchungshaft. Die vor dem Schwurgericht erhobene Anklage vom 19. Dezember 2014 wirft ihm Totschlag zum Nachteil des Geschädigten E. Y., eines türkischen Landsmannes, zur Last. Für den Fall der Eröffnung des Hauptverfahrens ist nach vorläufiger Planung der Kammer eine Durchführung der Hauptverhandlung an siebzehn Tagen im Zeitraum 31. März bis 9. Juni 2015 vorgesehen.

Der Geschädigte hinterlässt seine Ehefrau sowie fünf minderjährige Kinder, ferner seine Eltern und fünf Geschwister. Im Verlauf des Ermittlungsverfahrens sowie nach Anklageerhebung haben sich folgende (in Düsseldorf ansässige) Rechtsanwälte für bestimmte Angehörige des Geschädigten bestellt und in deren Namen - vorbehaltlich einer Anklageerhebung - den Anschluss als Nebenkläger erklärt sowie die eigene Beiordnung als Beistand beantragt:

Rechtsanwalt/Anwältin

Nebenklageberechtigte(r)

Antrag vom

1.

RAin V.

N. Y. (Ehefrau)

28.10.2014

2.

RAin S.-F.

H. Y. (Kind)

05.01.2015

R. Y. (Kind)

S. Y. (Kind)

E. Y. (Kind)

E. Y. (Kind)

3.

RAin B.

H. Y. (Mutter)

12.11.2014

4.

RA H.

H. Y. (Vater)

17.11.2014

5.

RA B.

H. Y. (Bruder)

28.10.2014

6.

RAin K.-H.

R. Y. (Bruder)

12.11.2014

7.

RAin S.

M. Y. (Bruder)

21.01.2015

I. Y. (Bruder)

N. E. (Schwester)

Mit Schreiben vom 13. und 14 Januar 2015 hat der Kammervorsitzende die zu 1-6 genannten Rechtsanwälte um Mitteilung sachlicher Gründe für die Beiordnung personenverschiedener Beistände gebeten und ferner anheimgestellt, sich nach interner Verständigung dazu zu äußern, welcher Rechtsanwalt im Falle einer gemeinsamen Vertretung jeweils mehrerer Nebenklageberechtigten für die drei Gruppen "Ehegattin und Kinder", "Eltern" und "Geschwister" bestellt werden solle. In den hierzu abgegebenen Stellungnahmen ihrer anwaltlichen Vertreter haben die - teils in Deutschland, teils in der Türkei wohnhaften - Nebenklageberechtigten jegliches "Gruppendiktat" abgelehnt und das Erfordernis der Einzelvertretung - unter Hinweis auf die fehlende Darlegungslast im Übrigen - mit "innerfamiliären Besonderheiten" jedenfalls im Bereich der Geschwister und mit möglichen Interessenkollisionen aufgrund kulturbedingt unterschiedlicher Wertvorstellungen begründet.

Durch Beschluss vom 21. Januar 2015 hat der Kammervorsitzende der Ehefrau sowie der Mutter des Geschädigten und seinem Bruder R. Y. die von ihnen benannten Rechtsanwältinnen als Beistände beigeordnet (s. o. zu 1, 3 und 6) und die Anträge des Vaters, des Bruders H. Y. sowie der minderjährigen Kinder des Geschädigten auf Beiordnung der von ihnen bevollmächtigten Rechtsanwälte abgelehnt (s. o. zu 2, 4 und 5). Über den Beiordnungsantrag der drei übrigen Geschwister des Geschädigten (Tabelle Nr. 7) ist ausweislich der hier vorliegenden Zweitakte noch nicht entschieden.

Mit ihren Beschwerden vom 28. Januar 2015 verfolgen die Nebenklageberechtigten H. Y. (Bruder des Geschädigten, Rechtsanwalt B.) und H. Y. (Vater des Geschädigten, Rechtsanwalt H.) nach wie vor das Ziel einer Beiordnung der anwaltlichen Vertreter ihrer Wahl.

II.

Die Rechtsmittel sind unbegründet.

1. Zwar gehören die Beschwerdeführer nach dem Ermittlungsergebnis als "Angehörige eines durch eine rechtswidrige Tat Getöteten im Sinne des § 395 Abs. 2 Nr. 1" zum privilegierten Kreis derjenigen Nebenklageberechtigten, denen gemäß § 397a Abs. 1 Nr. 2 StPO unabhängig von den wirtschaftlichen Voraussetzungen der Prozesskostenhilfe auf Antrag ein Rechtsanwalt als Beistand zu bestellen ist. Bei dessen Auswahl hat der zuständige Vorsitzende auch grundsätzlich dem vom Antragsteller bezeichneten Anwalt den Vorzug zu geben, soweit kein "wichtiger Grund" entgegensteht (§ 397a Abs. 3 Satz 2 in Verbindung mit § 142 Abs. 1 Satz 2 StPO).

2. Zu Recht hat sich der Kammervorsitzende im vorliegenden Fall durch wichtige Gründe in diesem Sinne an einer Beiordnung aller benannten Nebenklagevertreter gehindert gesehen.

a) Da der Geschädigte dreizehn nahe Angehörige hinterlässt, von denen nur die fünf minderjährigen Kinder und drei der Geschwister zu einer "Mehrvertretung" durch einen gemeinsamen Anwalt bereit sind, sähe sich der bisher durch einen Pflicht- und einen Wahlverteidiger vertretene Angeschuldigte im Falle wunschgemäßer Bescheidung aller Beiordnungsanträge sieben Nebenklägervertretern (neben der Anklagebehörde) gegenüber. Schon diese personelle "Schieflage" ist geeignet, das Gebot der Waffengleichheit - als konstituierendes Element fairer Verfahrensführung - zu Lasten des Angeklagten zu tangieren. Durch die Vielzahl an Rechtsbeiständen und deren zu e...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Deutsches Anwalt Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge