Entscheidungsstichwort (Thema)

Anerkennung ausländischer Ehescheidungen; Heilung von Zustellungsmängeln bei Zustellung nach Deutschland

 

Leitsatz (amtlich)

Eine Heilung von Zustellungsmängeln bei Zustellungen nach Deutschland in entsprechender Anwendung von § 189 ZPO auf völkervertragliches Zustellungsrecht ist grundsätzlich abzulehen.

 

Normenkette

FamFG § 107 Abs. V; ZPO § 189

 

Tenor

1. Der Antrag des Antragstellers, die Entscheidung der Präsidentin des OLG Düsseldorf vom 26.10.2010 aufzuheben und festzustellen, dass die gesetzlichen Voraussetzungen für die Anerkennung des Scheidungsurteils des AG Bizerte/Tunesien vom 9.11.2009 (.../2008) vorliegen, wird abgelehnt.

2. Es verbleibt bei der von der Justizverwaltung getroffe-nen Feststellung, dass die Voraussetzungen für die Anerkennung der vorgenannten Entscheidung, durch die die Ehe geschieden worden ist, nicht vorliegen.

3. Die von dem Antragsteller für das gerichtliche Verfah-ren zu entrichtende Gebühr wird auf 200 EUR festgesetzt. Er hat ferner die in dem gerichtlichen Verfahren angefallenen außergerichtlichen Kosten der Antragsgegnerin zu tragen.

4. Der Gegenstandswert für das gerichtliche Verfahren wird auf 3.000 EUR festgesetzt.

5. Der Antrag des Antragstellers, ihm für das gerichtliche Verfahren Verfahrenskostenhilfe zu bewilligen, wird zurückgewiesen.

6. Der Antragsgegnerin wird ratenfrei Verfahrenskosten-hilfe bewilligt und Rechtsanwältin K beigeordnet

 

Gründe

A. Die Parteien schlossen am 4.7.1991 in Bizerte, Tunesien, die Ehe. Die Antragsgegnerin ist tunesische Staatsbürgerin, der Antragsteller besitzt sowohl die deutsche als auch die tunesische Staatsangehörigkeit. Während der Ehe und nach der Trennung wohnten die Beteiligten in Bonn, wo sie auch weiterhin wohnhaft sind.

Der Antragsteller beantragte im Jahr 2008 beim AG Bizerte, Tunesien, die Scheidung der Ehe. Anlässlich eines Termins in einem in Deutschland anhängigen weiteren familienrechtlichen Verfahren händigte der Antragsteller der Antragsgegnerin am 17.12.2008 die Kopie einer deutschen Übersetzung aus dem Arabischen der Ladung zur Versöhnungssitzung am 24.12.2008 in dem in Tunesien geführten Verfahren aus. Mit Urteil vom 9.11.2009 (Az .../2008) sprach das Gericht die Scheidung der Ehe aus. Die Antragsgegnerin war weder bei der Gerichtsverhandlung des AG Bizerte vom 9.11.2009 noch bei den vorangegangenen Sitzungen (am 24.12.2008, 30.1.2009 und 13.4.2009) anwesend und hat sich auch nicht in jenem Verfahren eingelassen.

Zwischen den Parteien ist ein von der Antragsgegnerin betriebenes Scheidungsverfahren seit dem 15.10.2009 vor dem AG Bonn rechtshängig.

Mit Schreiben vom 7.5.2010 hat der Antragsteller die Anerkennung der Ehescheidung des AG Bizerte, Tunesien, vom 9.11.2009 (Az .../2008) für den deutschen Rechtsbereich beantragt. Im Rahmen des Anerkennungsverfahren hat die Antragsgegnerin der Anerkennung der ausländischen Ehescheidung mit der Begründung widersprochen, dass sie vor Ausspruch der Scheidung über das Scheidungsverfahren nicht informiert gewesen sei und sich daher an dem Verfahren nicht habe beteiligen können.

Sie hat dazu vorgetragen, sie habe keine Kenntnis von dem Scheidungsverfahren gehabt und sei auch nicht angehört worden. Erstmalig habe sie von dem Verfahren mittelbar am 17.12.2008 durch die Übergabe der Kopie der Übersetzung der Ladung erfahren. Die zugrunde liegende Ladung habe sie ebenso wenig erreicht wie andere gerichtliche Schriftstücke. Insbesondere sei auch keine Zustellung des ergangenen tunesischen Urteils erfolgt. Erstmals habe sie von der erfolgten Scheidung bei einem Besuch in Tunesien erfahren, als sie eine Geburtsurkunde beantragt habe, auf der ein Vermerk bezüglich des Scheidungsurteils vom 9.11.2009 eingetragen gewesen sei. Eine Zustellung der Ladung an sie habe bereits deshalb nicht erfolgen können, da auf den vom Antragsteller diesbezüglich vorgelegten Nachweisen ausschließlich ihr Geburtsname "S" angegeben sei, sie aber den Familiennamen "J" führe, der auch allein auf ihrem Klingelschild und dem Briefkasten erscheine. Sie habe auch keine Benachrichtigung zur Abholung eines Einschreibens erhalten.

Der Antragsteller hat entgegnet, die Antragsgegnerin sei über das Scheidungsverfahren durch die rechtzeitige und ordnungsgemäße Zustellung der Ladung zur Versöhnungssitzung vom 24.12.2008 informiert worden. Durch die Mitteilung der Post (BI. 62 d.A.) werde belegt, dass die Antragsgegnerin die Ladung zur Versöhnungssitzung, die per Einschreiben mit Rückschein zugestellt worden sei, nicht abgeholt habe. Vor allem habe sie bereits zuvor Kenntnis von dem Scheidungsverfahren in Tunesien gehabt. Zu dem von ihr behaupteten Zeitpunkt sei sie dagegen nicht in Tunesien gewesen.

Durch Bescheid vom 26.10.2010 hat die Präsidentin des OLG Düsseldorf den Antrag des Antragstellers zurückgewiesen und zur Begründung ausgeführt:

"Die Voraussetzungen für die Anerkennung der rechtskräftigen Entscheidung des AG Bizerte, Tunesien, vom 9.11.2009 (Az .../2008) liegen nicht vor.

Die Anerkennungsvoraussetzung...

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