Entscheidungsstichwort (Thema)

Forderung. Nachlasspflegschaft

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Aufgabe des Nachlasspflegers ist es, den Nachlass für die wahren Berechtigten zu verwalten und zu sichern. Er ist mit seiner Stellung als Nachlasspfleger nicht zu vereinbaren, Erbanteilsübertragungen nach § 2033 BGB generell zu ignorieren.

2. Der Nachlasspfleger hat nach Beendigung der Nachlasspflegschaft das verwaltete Vermögen herauszugeben (BGB §§ 1960, 1915, 1890). Anspruchsberechtigt sind nicht nur die Miterben, sondern auch die Erbteilserwerber.

3. Der Nachlasspfleger hat das Nachlassvermögen herauszugeben, was am Ende seiner Amtszwit vorhanden war.

4. Hierzu gehört auch der Erlös, der für die Veräußerung des einzig verbliebenen Nachlassgegenstandes, eines Grundstücks erzielt worden ist.

 

Normenkette

BGB §§ 1890, 1915, 1960, 2033 I, § 2039 I, § 204 1

 

Verfahrensgang

LG Leipzig (Urteil vom 13.04.1998; Aktenzeichen 15 O 10128/97)

 

Tatbestand

Die Klägerin verlangt von dem Beklagten als ehemaligen Nachlaßpfleger für die unbekannten Erben der die Herausgabe des Nachlasses an die noch ungeteilte Erbengemeinschaft.

verstarb am 14.11.1946 in Leipzig. Ihre ausweislich des Testaments vom 01.06.1933 zur Erbin bestimmte Tochter schlug die Erbschaft aus. Infolgedessen wurden die Geschwister der Erblasserin bzw. deren Abkömmlinge Erben. Mit Ausnahme des Abkömmlings ihrer Schwester, übertrugen alle Erben ihre Anteile an der Erbengemeinschaft noch im Jahre 1947 auf. Diese ist letztlich durch die Klägerin beerbt worden. Gesetzliche Erben des sind zwischenzeitlich, und geworden.

Das Kreisgericht Leipzig bestellte am 21.11.1991 den Beklagten zum Nachlaßpfleger für die Erben der. Einziger noch vorhandener Nachlaßwert war das Eckgrundstück … in Leipzig, welches die unbekannten Erben, vertreten durch den Beklagten, an die zum Preis von 700.000,00 DM verkauften. Ausweislich des notariellen Kaufvertrags vom 30.06.1994, der durch das Nachlaßgericht am 02.01.1995 genehmigt wurde, war der Kaufpreis auf ein Konto des Nachlaßpflegers zu zahlen. Von den durch die gezahlten 700.000,00 DM wurden die auf dem Eckgrundstück noch lastenden Grundpfandrechte zugunsten der Stadt- und Kreissparkasse Leipzig (DM 114.831,06) und sonstige Verwaltungsverbindlichkeiten (DM 12.314,67) getilgt.

Nachdem zunächst am 04.05.1995 und 09.10.1995 zwei Teilerbscheine erteilt worden waren, welche durch das Amtsgericht Leipzig durch Beschluß vom 05.02.1996 wieder eingezogen werden mußten, wurden durch Erbschein vom 27.01.1997 die Geschwister der Erblasserin bzw. deren Abkömmlinge als Erben ausgewiesen. Das Amtsgericht Leipzig – Nachlaßgericht – hob daraufhin durch Beschluß vom 30.05.1997 die Nachlaßpflegschaft auf.

Die Klägerin forderte mit Schreiben vom 24.10.1997 den Beklagten zur Herausgabe des Nachlasses, bestehend aus dem noch verbliebenen Verkaufserlös in Höhe von DM 572.854,27, auf.

Die Klägerin hat beantragt,

den Beklagten zu verurteilen, an die Berechtigten am Nachlaß nach der am 14.11.1946 in Leipzig verstorbenen, geborene, nämlich die Klägerin sowie … und in ungeteilter Erbengemeinschaft den Betrag in Höhe von DM 572.854,27 herauszugeben.

Der Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er hat die Auffassung vertreten, nicht passivlegitimiert zu sein. Nach Aufhebung der Nachlaßpflegschaft müsse sich die Klägerin an die durch Erbschein ausgewiesenen Erben halten. Er selbst sei weder in Besitz des Nachlasses noch könne er darüber verfügen.

Das Landgericht Leipzig hat durch Urteil vom 04.03.1998 (Az.: 15 0 10128/97) der Klage stattgegeben. Die Klägerin, welche die nach § 2033 BGB auf ihre Vorfahren übertragenen Anteile an der Erbengemeinschaft vererbt bekommen habe und so zu 4/5 an der Erbengemeinschaft beteiligt sei, könne gem. §§ 2039, 1915, 1890, 1960, 432 BGB die Herausgabe des Nachlasses an die noch ungeteilte Erbengemeinschaft verlangen. Nach Aufhebung der Nachlaßpflegschaft sei der Beklagte zur Herausgabe verpflichtet. Sein Vorbringen, nicht mehr im Besitz des Nachlasses zu sein, sei unsubstantiiert.

Gegen dieses Urteil hat der Beklagte form- und fristgerecht Berufung eingelegt.

Der Herausgabeanspruch sei nach Grund und Höhe unschlüssig. Die Klägerin sei nicht aktivlegitimiert, sie könne die Herausgabe an die im Urteilstenor genannten Personen nicht verlangen, weil es sich dabei nicht um die Erben bzw. Erbeserben der im Erbschein vom 27.01.1997 genannten Personen handele.

Die Nachlaßpflegschaft habe zum einen nur zugunsten der unbekannten Erben, also gerade nicht der Klägerin, bestanden und zum anderen zum 30.05.1997 geendet. Passivlegitimiert seien allein die im Erbschein ausgewiesenen Erben.

Der Beklagte hält die Erbanteilsübertragungen für unwirksam. Es fehle an der erforderlichen staatlichen Genehmigung. Die Klägerin könne aus den Erbanteilsübertragungen keine Rechte mehr geltend machen, da diese verjährt seien. Die Klägerin bzw. ihre Vorfahren hätten das Grundstück nicht in Besitz genommen, weshalb auch der Erbschaftsanspruch zwischenzeitlich verjährt sei. Dieser Umstand...

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