Leitsatz (amtlich)

Wird infolge eines nicht behandlungsfehlerhaften Operationszwischenfalls bei einer ambulanten Operation die Verlegung in ein Klinikum der Maximalversorgung erforderlich, können dort entstehende Behandlungsverzögerungen dem Erstbehandler nicht haftungsbegründend zugerechnet werden.

 

Verfahrensgang

LG Dresden (Aktenzeichen 6 O 2946/15)

 

Tenor

1. Der Senat beabsichtigt, die Berufung der Klägerin ohne mündliche Verhandlung durch Beschluss zurückzuweisen.

2. Die Klägerin hat Gelegenheit, innerhalb von zwei Wochen Stellung zu nehmen. Sie sollte allerdings auch die Rücknahme der Berufung in Erwägung ziehen.

3. Es ist beabsichtigt, den Streitwert für das Berufungsverfahren auf 80.000,00 EUR festzusetzen.

 

Gründe

Der Senat beabsichtigt, die zulässige Berufung nach § 522 Abs. 2 ZPO ohne mündliche Verhandlung durch - einstimmig gefassten - Beschluss zurückzuweisen. Die zulässige Berufung des Klägers bietet in der Sache offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg. Die Rechtssache hat auch weder grundsätzliche Bedeutung noch erfordert die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts durch Urteil. Auch andere Gründe gebieten eine mündliche Verhandlung nicht.

Zu Recht und mit zutreffender Begründung hat das Landgericht die Klage abgewiesen. Der Klägerin stehen weder aus dem zwischen den Parteien geschlossenen Behandlungsvertrag noch aus Delikt Ansprüche gegen die Beklagte zu. Mit der Berufung zeigt die Klägerin keine neuen Gesichtspunkte auf, die eine vom Landgericht abweichende Entscheidung oder auch nur erneute oder ergänzende Beweisaufnahme gebieten würden.

1. Zu Recht hat das Landgericht die Indikation für die durchgeführte PTA (perkutane transluminale Angioplastie) angenommen. Der Gerichtssachverständige Prof. S. hat gut nachvollziehbar in seinem schriftlichen Gutachten vom 12.04.2017 begründet, dass und weshalb eine Indikation zur Durchführung dieses Eingriffes "eindeutig" gegeben war (Bl. 67 f dA, ab Seite 6 des Gutachtens). Die Klägerin litt an festgestellten symptomatischen arteriellen Gefäßverengungen, die bei ihr Schmerzen an der Außenseite des linken Oberschenkels sowohl in Ruhe als auch in Belastung nach sich zogen und eine erhebliche Gehstreckeneinschränkung zur Folge hatten. Die medizinischen Indizes waren bereits deutlich pathologisch, und konservative Therapien waren ausgereizt. Nach seinen Ausführungen war die PTA in ihrer Eigenschaft als minimal invasives endovaskuläres Verfahren bei der Klägerin das Mittel der Wahl. Die Klägerin hat weder erst- noch zweitinstanzlich begründete Zweifel an diesen medizinischen Ausführungen aufgezeigt.

Unerheblich ist insoweit auch das Bestreiten der Klägerin in ihrer Berufungsbegründung, wonach bei ihr präoperativ keine besonders schwierigen Beckenverhältnisse und keine Elongation sowie keine übermäßige Verkalkung vorgelegen hätten. Der Sachverständige hat morphologische Auffälligkeiten im Sinne einer Kontraindikation für ein Cross-Over-Manöver nach Sichtung der dokumentierten Bilder verneint. Dem hat die insoweit beweispflichtige Klägerin nichts Substantielles entgegengesetzt.

2. Auch die Feststellungen des Landgerichts zur ordnungsgemäßem Durchführung der Operation unterliegen keinen Zweifeln.

Der Sachverständige hat zunächst gut nachvollziehbar ausgeführt, dass und weshalb der vorliegend gewählte retrograd femorale Zugang "das Mittel der ersten Wahl" bei der körperlichen Konstitution der Klägerin und der vorliegenden femoro-poplitealen Läsion gewesen ist (Bl. 69 f dA, S. 8 f des Gutachtens). Die Wahl der Katheterform hatte er ebenso wenig zu beanstanden wie die Durchführung der Operation selbst.

Den von der Klägerin gezogenen Rückschluss von den Blutungen darauf, dass intraoperativ eine Perforation stattgefunden haben müsse, konnte der Sachverständige nicht bestätigen. Er hat im Gegenteil ausgeführt, dass angesichts des Bildes der Blutungen und angesichts der auch später im Uniklinikum Dresden aufgetretenen sog. diffusen Blutungen viel eher von einer hämorrhagischen Diathese (krankhaft gesteigerte Blutungsneigung/Gerinnungsstörung) auszugehen sei (Bl. 71 f dA, S. 10 f des Gutachtens). Dies hat er neben dem Blutungsbild an sich schlüssig begründet mit der Medikamentengabe, die zu solchen iatrogen verursachten hämorrhagischen Diathesen führen könne (S. 11 unten des Gutachtens). Er hat überdies nachvollziehbar begründet, weshalb es angesichts der sowieso gegebenen OP-Indikation und angesichts der Notlage nicht indiziert war, tiefgreifender als ohnehin geschehen nach der Blutungsursache zu suchen. Die für eine weitergehende Befunderhebung für eine Computertomografie erforderliche zusätzliche Kontrastmittelgabe hätte nämlich die Nierenfunktion der Klägerin ohne zusätzlichen Erkenntnisgewinn ernsthaft gefährdet, weil die Indikation zur Hämathomausräumung ohnehin feststand. Da aber Befunderhebungen ebensowenig wie Dokumentationen den Zweck verfolgen, Informationen für ein etwaiges Klageverfahren zu l...

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