Leitsatz (amtlich)

1. Autofahrer haben auch mit einer Benutzung von Radwegen in falscher Richtung zu rechnen.

2. Ein den Radweg einer vorfahrtsberechtigten Straße befahrender Radfahrer nimmt an deren Vorfahrtsberechtigung auch dann teil, wenn er den linken von zwei beidseitig vorhandenen Radwegen benutzt, der nicht zum Befahren in diese Richtung freigegeben ist.

3. Die Frage, welcher Umsatzsteuersatz - 16 oder 19 % - gilt, richtet sich nach dem Umsatzsteuergesetz; § 60 Abs. 1 RVG ist hier nicht anwendbar.

4. Die Umsatzsteuerberechung richtet sich nach dem Zeitpunkt oder Zeitraum der Leistung, nicht der Rechnungsstellung. Auf die erstmalige Entstehung der Gebühren kommt es nicht an.

5. Da es sich bei der anwaltlichen Tätigkeit in der Regel um eine Dauertätigkeit handelt, ist das Ende des Leistungszeitraums maßgebend; dieser Zeitpunkt entspricht regelmäßig dem Zeitpunkt der Fälligkeit i.S.d. § 8 Abs. 1 Satz 1 RVG, also der Beendigung oder Erledigung des Mandats.

6. Wird dem Rechtsanwalt die außergerichtliche Regulierung eines Unfallschadens übertragen, ist die Angelegenheit mit der Regulierung oder ihrem Scheitern beendet.

7. Die Fälligkeit des Gebührenanspruchs für die außergerichtliche Tätigkeit eines Rechtsanwalts tritt ein, wenn der Schädiger bzw. seine Versicherung eindeutig zu erkennen geben, dass eine außergerichtliche Einigung über die vom Geschädigten geltend gemachten Ansprüche für sie nicht mehr in Betracht kommt.

 

Normenkette

StVG § 9; BGB § 254; StVO § 1 Abs. 2, § 8 Abs. 1 S. 2 Nr. 1; RVG §§ 8, 60

 

Verfahrensgang

LG Hannover (Urteil vom 24.09.2009; Aktenzeichen 19 O 303/07)

 

Tenor

Auf die Berufung des Beklagten zu 2 wird das am 24.9.2009 verkündete Urteil der Einzelrichterin der 19. Zivilkammer des LG Hannover teilweise abgeändert.

Die Klägerin wird auf die Widerklage hin verurteilt, an den Beklagten zu 2 weitere vorgerichtliche Anwaltskosten i.H.v. 3,14 EUR nebst Zinsen hieraus i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 29.11.2007 zu zahlen.

Die weitergehenden Berufungen der Beklagten zu 1 und 2 werden zurückgewiesen.

Die Kosten des Berufungsverfahrens werden wie folgt verteilt:

Von den Gerichtskosten und den außergerichtlichen Kosten der Klägerin tragen die Klägerin 22 %, die Beklagten zu 1 und 2 als Gesamtschuldner 63 % und der Beklagte zu 2 weitere 15 %; von den außergerichtlichen Kosten der Beklagten zu 1 tragen die Klägerin 22 % und die Beklagte zu 1 78 %; von den außergerichtlichen Kosten des Beklagten zu 2 tragen die Klägerin 22 % und der Beklagte zu 2 78 %.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Gründe

I. Die Berufungen der Beklagten, über die der Senat nach der bereits vor der mündlichen Verhandlung erklärten Rücknahme der klägerischen Berufung allein noch zu entscheiden hatte, erweisen sich im Wesentlichen als unbegründet. Lediglich hinsichtlich des Umsatzsteuersatzes auf die erstattungsfähigen vorgerichtlichen Anwaltskosten des Beklagten zu 2 hat dessen Rechtsmittel teilweise in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang Erfolg.

1. Haftungsquote:

Die vom LG unter Abwägung der jeweiligen Mitverursachungsanteile an dem Unfall ausgeurteilte Quotierung von 50: 50 % ist nicht zu beanstanden.

a) Die Beklagten haften gem. § 7 StVG i.V.m. § 3 Nr. 1 PflVersG a.F. für die Folgen des Sturzes der Klägerin mit ihrem Fahrrad, weil die Klägerin beim

Betrieb des Pkw des Beklagten zu 2 verletzt worden ist.

b) Gemäß § 9 StVG i.V.m. § 254 BGB muss sich aber auch die Klägerin ein unfallursächliches Mitverschulden entgegenhalten lassen, weil sie - wie im Berufungsverfahren unstreitig geworden ist - den Radweg linksseitig der Vahrenwalder Straße in einer für sie nicht zugelassenen Richtung befahren hat.

c) Der Umfang der jeweiligen Ersatzpflicht für die unfallbedingten Schäden des anderen Unfallbeteiligten hängt vom Gewicht der beiderseitigen Mitverursachungsanteile ab.

aa) Dazu hat der mit der Begutachtung des Unfallhergangs vom LG beauftragte Sachverständige M. unter Berücksichtigung der fotografisch durch die Polizei gesicherten Endstellungen des Fahrrades und des Pkw Mercedes sowie der am Fahrrad und dem Pkw anhand der Fotos und jeweils eigener Besichtigung durch den Sachverständigen feststellbaren unfallbedingten Schäden aufgrund einer Unfallsimulation festgestellt, die Kollision habe sich auf der markierten Radfahrerfurt der Einmündung Dörnbergstraße in die Vahrenwalder Straße ereignet. Dabei sei der Pkw Mercedes, während er sich in einer Vorwärtsbewegung befunden habe, mit dem rechten Frontbereich gegen die linke Seite des Vorderrades am Fahrrad der Klägerin gestoßen. Insbesondere stammten eine Anstoßspur unterhalb der rechten Leuchten des Pkw Mercedes mit Verschürfungen in der Lackoberfläche und eine ca. 5 cm rechts des vorderen Kennzeichens befindliche markante Kratzspur von der streitgegenständlichen Kollision mit dem Fahrrad der Klägerin. Diese Kontaktspur lasse sich bei einer bremsbedingten Absenkung der Front des Pkw Mercedes exakt der Achsmutter am Vorderrad des Fahrrades de...

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