Leitsatz (amtlich)

1. Ein Mangel der Reiseleistung liegt nicht allein darin, dass eine Ferienanlage als "Beach Club" bezeichnet und angeboten wird, tatsächlich auch das Haupthaus nur 100 m Luftlinie vom Strand entfernt liegt, aber der Fußweg zum Strand 700 m beträgt. Die Bezeichnung der Anlage tritt jedenfalls dann zurück, wenn der Katalog zutreffende Entfernungsangaben enthält, die auf die Notwendigkeit von vielerlei Fußwegen hinweisen.

2. Das Erfordernis einer erheblichen Beeinträchtigung der Reise, das Voraussetzung eines Anspruchs auf Ersatz für vertane Urlaubszeit gem. § 651 f. Abs. 2 BGB ist, ist zwar regelmäßig aber nicht stets dann zu verneinen, wenn wegen Mängeln des Urlaubes eine Minderungsquote von 50 % nicht erreicht wird. Es bedarf jeweils der Abwägung der Umstände des Einzelfalles.

 

Verfahrensgang

LG Hannover (Urteil vom 12.09.2003; Aktenzeichen 8 O 2/02)

 

Tenor

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil der 8. Zivilkammer des LG Hannover vom 12.9.2003 wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Die Beschwer der Klägerin übersteigt nicht 20.000 Euro.

 

Gründe

I. Die Parteien streiten um Entschädigungsansprüche der Klägerin und ihrer Familie wegen einer mangelhaften Ferienreise.

Die Klägerin buchte am 24. Januar 2001 eine Pauschalreise bei der beklagten Reiseveranstalterin nach Portugal mit Unterbringung und Verpflegung (all inclusive) im X.-Beach Club für die Zeit vom 5. bis 19. August 2001. Die Reise, an der neben der Klägerin deren Ehemann, ihre Schwiegermutter und vier Kinder im Alter von fünf, acht, zehn und zwölf Jahren teilnahmen, kostete insgesamt 11.869 DM.

Die Klägerin machte anschließend wegen verschiedener Mängel eine Minderung des Reisepreises von 70 % geltend. Die Beklagte zahlte vorgerichtlich an die Klägerin 2.700 DM.

Zwischen den Parteien war unstreitig, dass eine Minderung wegen einer Baustelle um das Haupthaus herum zu gewähren war.

Mit der Klage macht die Klägerin weitere 5.600 DM an materieller Entschädigung (als Differenz zwischen den gezahlten 2.700 DM und 70 % des Reisepreises) geltend und verlangt darüber hinaus eine ins Ermessen des Gerichts gestellte Entschädigung für entgangene Urlaubsfreuden, deren Größenordnung sie mit 4.620 DM angibt.

Die Klägerin hat behauptet, die Entfernung vom Haupthaus des X.-Beach Clubs zum Strand betrage 700 m. Zwar lägen nur 100 m Luftlinie zwischen Haupthaus und Strand, durch eine um das Clubhaus herum befindliche Baustelle sei der direkte Weg jedoch unpassierbar gewesen, weshalb man eine Strecke von 700 m auf engen, zugeparkten und befahrenen Straßen ohne befestigten Gehweg habe in Kauf nehmen müssen, um zum Strand zu gelangen. Der Name "Beach Club" weise jedoch auf einen direkten oder zumindest nahen Zugang zum Strand hin. Die Klägerin hat gemeint, wegen der langen Wege sei der Familie faktisch ein Strandurlaub verwehrt gewesen; aus diesem Gesichtspunkt hat sie gemeint eine Minderung des Reisepreises von 25 % herleiten zu können.

Weiter hat die Klägerin eine Minderung von 5 % wegen mangelnden Services und um weitere 5 % wegen mangelhafter Reiseleitung geltend gemacht.

Bezüglich der Entschädigung wegen immaterieller Schäden hat sich die Klägerin darauf berufen, sie sei Frühbucherin gewesen; der Beklagten sei die Baustelle, sowie die darauf beruhende Sperrung des direkten Zuganges zum Strand Monate vor dem Reiseantritt der Klägerin und ihrer Familie bekannt gewesen. Die Beklagte sei verpflichtet gewesen, sie hierüber vor Reiseantritt zu informieren. In diesem Fall hätte die Familie die Reise gar nicht erst angetreten. Auf Grund der hohen Personenzahl sei es ihr, der Klägerin, und ihren Angehörigen nicht möglich gewesen, zur Hauptferienzeit das Hotel noch zu wechseln; deshalb habe man den Urlaub vor Ort absitzen müssen.

Wegen weiterer im Einzelnen geltend gemachter Mängel wird auf den landgerichtlichen Tatbestand Bezug genommen.

Das LG hat der Klage teilweise stattgegeben. Wegen der unstreitig vorhandenen Großbaustelle um den Club herum hat es der Klägerin eine Minderung von 30 % des Reisepreises zuerkannt; auf Grund von Mängeln der Unterkunft eine Minderung in Höhe weiterer 10 %. Im Übrigen hat es die Klage abgewiesen. In der fehlenden Strandnähe hat das LG einen Mangel nicht gesehen. Es hat gemeint, auf die Entfernungen vor Ort sei durch den Hinweis im Prospekt, wonach zwischen Haupthaus und den Unterbringungen sowie dem Strand je nach Lage 100 bis 800 m lägen, hinreichend hingewiesen. Einen Anspruch auf Entschädigung wegen entgangener Urlaubsfreuden hat das LG angesichts der nur i.H.v. 40 % zuzuerkennenden Minderungsquote verneint.

Gegen dieses Erkenntnis wendet sich die Klägerin mit ihrer form- und fristgerecht eingereichten Berufung. Mit ihr macht sie im wesentlichen zwei Gesichtspunkte geltend:

Die Klägerin rügt, das LG habe bei seiner Argumentation nur auf die Entfernung zwischen Unterkunft und Strand abgestellt. Der klägerische Vortrag in erster Instanz habe sich jedoch auf die Entfe...

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