Leitsatz (amtlich)

1. Lässt sich ein Auftragnehmer gleichsam erst gerichtlich überführen, um anschließend Nacherfüllung anzubieten (hier: durch Anhörung eines Sachverständigen), kann er das Vorschussbegehren seines Auftraggebers nicht mit der Begründung zurückweisen, von ihm sei keine Nacherfüllung verlangt worden.

2. Im Rahmen der Vorschussklage hat der Auftragnehmer auch die noch nicht angefallene Umsatzsteuer zu zahlen.

 

Verfahrensgang

LG Stade (Aktenzeichen 4 O 333/13)

 

Tenor

Unter Zurückweisung der Berufung im Übrigen wird auf die Berufung des Beklagten das Urteil des Einzelrichters der 4. Zivilkammer des Landgerichts Stade vom 1. Juni 2017 abgeändert und zur Klarstellung wie folgt neu gefasst:

Der Beklagte wird verurteilt, an die Kläger als Gesamtgläubiger 77.700,00 EUR als Vorschuss nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz auf 32.700,00 EUR seit dem 22. Januar 2014 und auf weitere 45.000,00 EUR seit dem 11. Oktober 2014 zu zahlen.

Der Beklagte wird verurteilt, an die Kläger als Gesamtgläubiger 4.618,02 EUR zu zahlen.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits werden zu 13 % den Klägern und zu 87 % dem Beklagten auferlegt.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Parteien können die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die jeweils andere Partei vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Gründe

I. Die Kläger nehmen den Beklagten auf Zahlung eines Vorschusses zur Durchführung von Sanierungsarbeiten sowie auf Schadensersatz in Anspruch, nachdem der Beklagte für die Kläger einen Anbau in Holzrahmenbauweise inklusive Dacheindeckung errichtet hatte. Der Beklagte putzte den Altbau an den Neubau an. Den Außenputz führte ein Drittunternehmen, die Malerfirma H., aus. Die Grundlage der Tätigkeiten des Beklagten bildete sein Angebot vom 16. Januar 2009 über 92.380,89 EUR (K1). Rund 3,5 Jahre nach Stellung der Schlussrechnung begann sich der Laminatboden in der Küche zu verziehen. Der von den Klägern privat beauftragte Gutachter F. stellte in seinem Gutachten vom 24. September 2013 als Ursache für vorgefundene Bauteilfeuchtigkeit zum einen eine von den Arbeiten des Beklagten unabhängige Leckage sowie zum anderen Fehler des Beklagten bei der Errichtung der Außenwände fest (K3). Den Aufwand zur Sanierung der Außenwände bezifferte er auf ca. 54.500,00 EUR brutto (S. 37 der Anlage K3). Der Sachverständige stellte den Klägern für seine Tätigkeit 4.618,02 EUR in Rechnung.

Die Aufforderung der Kläger vom 31. Juli 2013 zur Beseitigung der Mängel binnen drei Wochen (K5) wies der Beklagte unter dem 20. August 2013 zurück (K6).

Die Kläger haben erstinstanzlich behauptet, der Beklagte habe abweichend von den angebotenen diffusionsoffenen DWD-Platten OSB-Platten verwendet, die wie eine Dampfbremse wirken und Feuchtigkeit sammeln würden. Zudem hätten die eingebauten Schwellhölzer aus Fichten oder Tannenholz nicht zur Anwendungen kommen dürfen. Fachgerecht wäre die Verwendung von Kiefer, Lärche oder Douglasie gewesen.

Zudem habe der Beklagte das Dachtragwerk, die Deckenkonstruktion und die Außenwände abweichend vom Standsicherheitsnachweis errichtet. Um dessen Anforderungen zu erfüllen seien weitere 35.000,00 EUR brutto erforderlich.

Die Kläger haben beantragt, den Beklagten zur Zahlung von 89.383,00 EUR Vorschuss, der Vergütung des Sachverständigen sowie zur Feststellung der Ersatzpflicht, sämtliche Kosten zur Behebung der feststellten Mängel tragen zu müssen, zu verurteilen.

Der Beklagte hat die Abweisung der Klage beantragt.

Er hat Mängel der von ihm erbrachten Werkleistung in Abrede genommen. Drückendes Wasser sei für den Feuchtigkeitsschaden ursächlich. Die für eine ordnungsgemäße Außenabdichtung erforderlichen Arbeiten seien jedoch - insoweit unstreitig - nicht von ihm auszuführen gewesen. Der Beklagte hat behauptet, die OSB-Platten seien in Abstimmung mit dem Maler zur Ausführung gekommen, damit dieser darauf ein Wärmedämmverbundsystem (WDVS) hätte anbringen können (ein solches ist unstreitig beim Anbau nicht zur Ausführung gekommen). Die behaupteten Mängel der Dach- und Deckenkonstruktion hat der Beklagte nach der Beweisaufnahme unstreitig gestellt.

Das Landgericht hat Beweis erhoben durch Einholung zweier Gutachten des Sachverständigen Dr. N. vom 28. Juli 2014 sowie vom 5. April 2016 sowie durch dessen Anhörung in der mündlichen Verhandlung vom 4. Mai 2017 (BI. 201 ff. d. A.).

Der Sachverständige ist in seinem Gutachten vom 28. Juli 2014 zu dem Ergebnis gelangt, dass die Außenwände tauwassergefährdet errichtet worden seien, weil der Beklagte die Außenwände mit OSB-Platten beplankt und innenseitig keine Dampfbremse eingebaut habe und weil diese in unzulässiger Weise mit Außenputz verputzt worden seien. Zudem sei der - nicht vom Beklagten ausgeführte - Haussockel nicht dauerhaft feuchtedicht. Es feh...

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