Leitsatz (amtlich)

Erteilt der Auftraggeber im Rahmen eines Werkvertrages "Zusatzaufträge", stellt sich aber im Nachhinein heraus, dass es sich tatsächlich um Mängelbeseitigungsarbeiten handelt oder sonst um Leistungen, die der Auftragnehmer schon nach dem Ursprungsvertrag zu erbringen hat, schuldet der Auftraggeber dafür eine (zusätzliche) Vergütung nur, wenn er eine solche Forderung in Ansehung dieser Frage anerkannt hat oder die Parteien sich hierüber verglichen haben (Oppler, Zur Bindungswirkung von Nachtragsvereinbarungen, FS für Steffen Kraus 2003, S. 169 ff.; OLG Dresden BauR 1999, 1454).

 

Verfahrensgang

LG Hannover (Urteil vom 02.10.2003; Aktenzeichen 2 O 351/02)

 

Nachgehend

BGH (Urteil vom 26.04.2005; Aktenzeichen X ZR 166/04)

 

Tenor

Auf die Berufung des beklagten Landes wird das am 2.10.2003 verkündete Urteil der 2. Zivilkammer/Einzelrichter des LG Hannover geändert und wie folgt neu gefasst:

Die Klage wird abgewiesen.

Die Klägerin hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht das beklagte Land Sicherheit i.H.v. 110 % des zu vollstreckenden Betrages leistet.

Die Revision wird zugelassen.

 

Gründe

I. Die Klägerin verlangt von dem beklagten Land Zahlung von 18.311,04 Euro nebst Zinsen für die Bereitstellung einer mobilen Kälteanlage. Zwischen den Parteien ist streitig, ob dieser Leistung ein Zusatzauftrag zu Grunde liegt oder ob es sich um Maßnahmen im Rahmen einer Mängelbeseitigung handelt, für die der Klägerin eine gesonderte Vergütung nicht zusteht.

Das beklagte Land hat die Klägerin nach vorangegangener Ausschreibung unter dem 6.3.2001 beauftragt, die Kältezentrale der Medizinischen Hochschule H. (MHH) auf umweltfreundliche Kältemittel umzurüsten. Aus einem Auftragsvolumen von insgesamt knapp 3.000.000 Euro streiten die Parteien noch um die Positionen N 8.1.1, 2 und 4 aus dem "8. Nachtragsangebot" vom 30.5.2002 (Bl. 13).

Ursprünglich befanden sich in der Kältezentrale der MHH fünf TurboKaltwassersätze sowie eine Wärmepumpe. Diese Aggregate bildeten zwei unabhängig voneinander funktionierende Kältesysteme. Die beiden neu zu installierenden Kältesysteme sollten aus jeweils zwei Kältemaschinen bestehen. Es war vorgesehen, im ersten Bauabschnitt zunächst ein vorhandenes Kältesystem durch die neu zu installierenden Kältemaschinen 1 und 2 zu ersetzen und in einem zweiten Bauabschnitt das zweite Altsystem durch die Kältemaschinen 3 und 4. Im ersten Bauabschnitt sollte das "zweite Altsystem" die Kälteversorgung sicher stellen, im zweiten das "erste neue".

Dem Vertrag lag ein Leistungsverzeichnis (Bl. 17 ff.) zu Grunde. Es enthielt "Technische Vorbemerkungen" (Bl. 35 ff.), in denen es unter Ziff. 6 "Bauablauf" heißt (Bl. 55):

"Während der Durchführung der Maumaßnahmen muss die unterbrechungsfreie Kälteversorgung der Liegenschaft mit mindestens zwei Kälteerzeugern (1 × Betrieb, 1 × Reserve) gewährleistet bleiben. Gleichzeitig soll aus Kostengründen auf den Einsatz einer mobilen Kälteanlage während des Umbaus verzichtet werden.

Dies bedingt, dass die Bauabwicklung in zwei Bauabschnitten (Phasen) durchzuführen ist.

1. Bauabschnitt:

Sicherstellung der Kälteversorgung durch die vorhandenen R 11 Turbo-Kaltwassersätze (Turbo II und III) gemeinsam mit den Kühltürmen RKW I und II sowie Kaltwasser-Netzpumpe 2. Hierzu ist ein Verrohrungsprovisorium aufzubauen.

Hinweis:

RKW I und II stellen bei Auslegungsbedingungen eine Rückkühlleistung von ca. 7.000 cM zur Verfügung, mit der ein R 11-Turbo in Volllast oder beide R 11Turbos in Teillast (ca. 2 × 70 %) betrieben werden können. Ferner erfolgt während des Umbaus hierüber die Kühlung der NotstromDieselanlage, deren Kühlung jedoch nach Bedarf durch Stadtwasser erfolgen kann. (...)

2. Bauabschnitt:

Sicherstellung der Kälteversorgung durch die in Phase 1 aufgestellten Kaltwassersätze und Kühltürme. Beide Kaltwassersätze können bei Auslegungsbedingungen grundsätzlich in Volllast betrieben werden. (...)"

Noch während des ersten Bauabschnitts fiel im März 2002 eine der neu installierten Maschinen (KM 1. 2.) aus. Die Maschine wurde nach I. in das Herstellerwerk verbracht, dort repariert und nach ca. zehn Tagen wieder eingebaut (vgl. Schadensbericht Bl. 81 ff.).

Nachdem der erste Bauabschnitt beendet war, also eins der beiden vorhandenen Kältesysteme durch ein neues (KM 1.1. und 1.2.) ersetzt worden war und im zweiten Bauabschnitt die restlichen "alten" Kältemaschinen bereits demontiert waren, fiel am 24.5.2002 die andere der beiden von der Klägerin neu installierten Kältemaschinen aus (KM 1.1). Die neuen Kältemaschinen 1.3. und 1.4. (das zweite Kühlsystem) waren noch nicht installiert. Es stand damit zur Kälteversorgung der MHH nur noch ein Kälteerzeuger zur Verfügung.

Am 27.5.2002 wandte sich Dr. Sch. von dem Staatshochbauamt (staatliches Baumanagement H. II) an die Klägerin und meldete Gewährleistungsansprüche zur Beseitigung des Mangels...

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