Leitsatz (amtlich)

1. Eine fortdauernde Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis des vormaligen Insolvenzverwalters nach rechtskräftiger Bestätigung eines Insolvenzplans und Aufhebung des Insolvenzverfahrens gibt es nicht.

2. Nach Beendigung des Insolvenzverfahrens durch die rechtskräftige Bestätigung eines Insolvenzplans kommt die Anordnung einer Nachtragsverteilung gem. § 203 InsO nicht in Betracht.

 

Normenkette

InsO §§ 203, 258-259

 

Verfahrensgang

LG Hildesheim (Urteil vom 27.07.2006; Aktenzeichen 4 O 54/06)

 

Tenor

1. Der Streitwert des Berufungsverfahrens wird auf 158.735,17 EUR festgesetzt.

2. Es wird erwogen, die Berufung des Beklagten gegen das am 27.7.2006 verkündete Urteil der Einzelrichterin der 4. Zivilkammer des LG Hildesheim durch einstimmigen Beschluss gem. § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen. Der Beklagte erhält Gelegenheit, zu diesem Hinweis bis zum 6.12.2006 Stellung zu nehmen.

 

Gründe

Die Sache hat keine grundsätzliche Bedeutung und eine Entscheidung des Berufungsgerichts zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erscheint nicht erforderlich. Die Berufung des Beklagten hat nach vorläufiger Beurteilung aus folgenden Gründen auch keine Aussicht auf Erfolg:

Das LG hat mit Recht entschieden, dass der Beklagte verpflichtet ist, die von ihm als früheren Insolvenzverwalter immer noch zurückbehaltenen Beträge aus dem am 14.1.2003 nach Bestätigung des Insolvenzplans aufgehobenen Insolvenzverfahren an die Klägerin, die frühere Schuldnerin des Insolvenzverfahrens, herauszugeben. Eine irgendwie geartete Legitimation des Beklagten, die Masse weiterhin zu verwalten und über Gegenstände des Vermögens der Klägerin zu verfügen, gibt es nicht. Die in der Berufungsbegründung vertretene Auffassung:

"Es mag sein, dass der Insolvenzschuldner mit der Aufhebung des Insolvenzverfahrens seine Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis zurück erlangt und grundsätzlich Anspruch auf Herausgabe der Masse ggü. dem Insolvenzverwalter hat (vgl. Huber in MünchKomm/InsO, § 259 Rz. 13). Jedoch stünde - und hiermit hat sich das LG in unzureichender Weise auseinander gesetzt - eine - unterstellte - Wiedererlangung der Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis unter dem Vorbehalt der dem Insolvenzverwalter verbleibenden Aufgaben."

ist verfehlt und mit dem Gesetz nicht zu vereinbaren. Der Schuldner erlangt nach § 259 Abs. 1 InsO zwingend die Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis über sein Vermögen zurück, wenn die Bestätigung des Insolvenzplans rechtskräftig und das Insolvenzverfahren aufgehoben ist. Bei § 259 Abs. 1 InsO handelt es sich nicht um eine Bestimmung, die nur "grundsätzlich" gilt, vielmehr geht es um eine Regelung, von der - dies ergibt sich schon aus der Fassung des Gesetzes - nicht abgewichen werden darf.

Die in der Berufungsbegründung anklingende Auffassung des Insolvenzverwalters, von der Regelung des § 259 Abs. 1 InsO, nach der mit der Aufhebung des Insolvenzverfahrens die Ämter dies Insolvenzverwalters und der Mitglieder des Gläubigerausschusses erlöschen und der Schuldner das Recht zurück erhält, über die Insolvenzmasse frei zu verfügen, sei disponibel, eine fortdauernde Befugnis des Insolvenzverwalters, über Teile der früheren Insolvenzmasse zu verfügen und diese weiter zu verwalten, könne sich aus dem Sinn und Zweck des Insolvenzplans ergeben, ist unzutreffend. Die einzige Einschränkung, die es hinsichtlich der Wiedererlangung des Verfügungsrechts des Schuldners geben kann, ist bei Anordnung einer Planüberwachung gem. § 261 InsO ein Zustimmungsvorbehalt des überwachenden Insolvenzverwalters. Dies spielt vorliegend jedoch schon deshalb keine Rolle, weil unstreitig durch Beschluss des Insolvenzgerichts vom 27.12.2004 auch die Überwachung der Planerfüllung gem. § 268 Abs. 1 Satz 1 InsO aufgehoben worden ist, nachdem die Erfüllung der Ansprüche, die zu überwachen waren, abgeschlossen ist. Abgesehen von dieser hier nicht einschlägigen Einschränkung, die den vormaligen Insolvenzverwalter aber auch nicht befugt, Gegenstände des Schuldners zurückzuhalten und weiter eigene Verfügungsbefugnisse auszuüben, steht dem vormaligen Verwalter nach Bestätigung des Insolvenzplans und Aufhebung des Verfahrens keine Verwaltungs- und Verfügungsrecht mehr zu. Diese Regelung ist zwingend, von ihr kann durch das Insolvenzgericht nicht abgewichen werden.

Dabei handelt es sich nicht etwa um bestrittene Fragen, über die man ernsthaft diskutieren könnte, es entspricht vielmehr einhelliger Auffassung, dass § 259 Abs. 1 InsO absolut zwingendes Recht enthält, von dem nicht abgewichen werden darf (s. Kübler/Prütting/Otte, InsO, § 259 Rz. 4; Uhlenbruck/Lüer, InsO, 12. Aufl., § 259 Rz. 4 f.; Nerlich/Römermann/Braun, InsO, § 259 Rz. 4; Huber in MünchKomm/InsO, § 259 Rz. 9 ff.; Heidelberger Kommentar zur Insolvenzordnung/Flessner, 4. Aufl., § 259 Rz. 2; Hamburger Kommentar zum Insolvenzrecht/Thies, § 259 Rz. 2; Braun, InsO, 2. Aufl., § 259 Rz. 3; Frankfurter Kommentar zur Insolvenzordnung/Jaffé, 4. Aufl., § 259 Rz. 9 ff.).

Die Auffassung des B...

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