Entscheidungsstichwort (Thema)

"Schwierige Rechtsfrage" und Bewilligung von PKH/VKH

 

Leitsatz (amtlich)

1. Geht das Eingangsgericht davon aus, dass der Erfolg einer beabsichtigten Rechtsverfolgung von einer "schwierigen Rechtsfrage" abhänge, hat es von hinreichender Erfolgsaussicht auszugehen und bei Vorliegen der sonstigen Bewilligungsvoraussetzungen PKH/VKH zu bewilligen. Eine PKH-/VKH-Versagung unter der ausdrücklichen Aufforderung, die entsprechende Rechtsfrage durch eine Entscheidung des Beschwerdegerichts im PKH-/VKH-Bewilligungsverfahren zu klären, kommt nicht in Betracht.

2. Ungeachtet einer derart unrichtigen Behandlung ist das Beschwerdegericht im nachfolgenden PKH-/VKH-Beschwerdeverfahren jedoch nicht an die erstinstanzliche Annahme des Vorliegens einer "schwierigen Rechtsfrage" gebunden.

3. Dass ein Kindesvater, der später mit der Mutter eines gemeinsamen Kindes die Ehe geschlossen hat, Mitinhaber der elterlichen Sorge für dieses Kind ist, auch wenn die förmliche Vaterschaftsanerkennung erst nach der Heirat erfolgte, stellt insbesondere nach dem Beschluss des BGH vom 16.3.2011 (XII ZB 407/10, FamRZ 2011, 796 ff. = NJW 2011, 2360 ff. = MDR 2011, 468 ff. = juris) keine "schwierige Rechtsfrage" (mehr) dar.

 

Normenkette

BGB § 1626a Abs. 1 Nr. 2; FamFG § 76; ZPO § 114

 

Verfahrensgang

AG Hannover (Beschluss vom 23.01.2014; Aktenzeichen 629 F 6211/13)

 

Tenor

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Gerichtskosten sind für das Beschwerdeverfahren nicht zu erheben.

 

Gründe

I. Der bei der Geburt des gemeinsamen Kindes am 27.4.2007 mit der Kindesmutter nicht verheiratete Kindesvater hat in einer notariellen Urkunde vom 19.1.2011 mit Zustimmung der Kindesmutter die Vaterschaft für das betroffene Kind T. M. anerkannt. Bereits am 7.1.2011 hatten die Kindeseltern in Dänemark die Ehe geschlossen. Seit Juni 2013 leben die Kindeseltern getrennt, nach Angabe des Kindesvaters werden ihm seitdem Umgangskontakte und eine Mitwirkung im Rahmen der elterlichen Sorge durch die Kindesmutter tatsächlich verwehrt.

Mit am 15.11.2013 eingereichtem Schriftsatz kündigt er den Antrag an "Das Sorgerecht für den gemeinsamen Sohn ... T... üben die Kindeseltern gemeinsam aus" und hat dafür um Verfahrenskostenhilfe (VKH) nachgesucht.

Die Kindesmutter ist dem Begehren insofern entgegengetreten, als sie für die beabsichtigte Rechtsverfolgung kein Rechtsschutzbedürfnis sieht. Aufgrund Anerkennung der Vaterschaft und Heirat der Kindeseltern bestehe bereits die gemeinsame elterliche Sorge, die auch nicht in Frage gestellt werde.

Das AG hat mit Beschluss vom 23.1.2014 die nachgesuchte VKH mangels hinreichender Erfolgsaussicht versagt. Es hat dabei ausgeführt, dass es nach Sinn und Zweck der Regelung in § 1626a Abs. 1 Nr. 2 BGB nicht - wie allerdings dem Wortlaut zu entnehmen sei - auf die Reihenfolge von Vaterschaftsanerkennung und Heirat ankommen könne. Daher bestehe im Streitfall bereits die gemeinsame elterliche Sorge, so dass es deren erstrebter Begründung gar nicht bedürfe.

Zugleich hat das AG in der begleitenden Verfügung für den Antragstellervertreter folgenden ausdrücklichen Hinweis aufnehmen lassen: "Ich rege an sofortige Beschwerde gegen den Beschluss einzulegen um die Frage, ob bereits gemeinsames Sorgerecht besteht, durch das OLG klären zu lassen.

Gegen den Beschluss vom 23.1.2014 richtet sich die fristgerecht eingelegte sofortige Beschwerde des Kindesvaters, der sein petitum weiterverfolgt und darauf hinweist, dass angesichts des vom AG angenommenen Klärungsbedürfnis der Rechtsfrage durch das Beschwerdegericht VKH hätte bewilligt werden müssen.

II. Die Beschwerde ist zulässig, kann aber in der Sache im Ergebnis keinen Erfolg haben.

1. Insofern spielt es auch keine weitere Rolle, ob der insofern nicht eindeutige Antrag des Antragstellers - wie vom AG angenommen - auf die Herstellung der gemeinsamen elterlichen Sorge oder nicht eher auf deren Feststellung gerichtet sein soll.

Das AG ist vielmehr inhaltlich zutreffend davon ausgegangen, dass für die Herstellung der gemeinsamen elterlichen Sorge im Streitfall weder Raum noch Möglichkeit ist, weil die gemeinsame elterliche Sorge bereits besteht. Da der Antragsteller auch in keiner Weise dartut, dass dieser rechtliche Zustand von irgendeiner Seite in Zweifel gezogen wird, die Kindesmutter vielmehr ausdrücklich ebenfalls von der gemeinsamen elterlichen Sorge ausgeht, fehlt ihm jedenfalls auch das erforderliche Rechtsschutzinteresse für einen diesbezüglichen - anderenfalls durchaus grundsätzlich denkbaren - Feststellungsantrag.

2. Dabei weist der Antragsteller allerdings zutreffend darauf hin, dass bei - wie hier aufgrund des Hinweises in der Übersendungsverfügung zumindest naheliegender - Annahme des Vorliegens einer durch das Beschwerdegericht klärungsbedürftigen schwierigen Rechtsfrage von hinreichender Erfolgsaussicht i.S.v. § 114 ZPO auszugehen und eine Verlagerung der Klärung derartiger Fragen in ein VKH-Beschwerdeverfahren nicht zulässig ist. Denn nach ständiger Rechtsprechung des BVerfG und des BGH hat...

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