Leitsatz (amtlich)

Ein Verstoß gegen ein Mitwirkungsverbot i.S.d. § 3 Abs. 1 Nr. 4 BeurkG liegt auch dann vor, wenn der Notar einen Kaufvertrag beurkundet, bei dem ein mit ihm zur gemeinschaftlichen Berufsausübung verbundener Rechtsanwalt und Notar als vollmachtloser Vertreter für eine der beiden Kaufvertragsparteien auftritt; der vollmachtlose Vertreter ist in diesem Fall an der Beurkundung nicht nur formell, sondern auch materiell beteiligt.

 

Tenor

Die Disziplinarverfügung des LG … – Der Präsident – vom 4.7.2003 (2 H 60 Sd. 2) und die sie bestätigende Beschwerdeentscheidung des OLG Oldenburg – Der Präsident – vom 5.8.2003 (I H 409 – SH I –) werden aufrechterhalten.

Der Notar trägt die Kosten des gerichtlichen Verfahrens sowie die ihm entstandenen notwendigen Auslagen.

 

Gründe

I. Der jetzt 54 Jahre alte Anwaltsnotar ist seit 1976 zur Rechtsanwaltschaft zugelassen. Mit dem Amtssitz in … übt er aufgrund der Bestellung durch Urkunde des Niedersächsischen Justizministeriums vom 27.5.1986 auch das Notaramt aus. Sein Urkundsaufkommen beträgt jährlich rund 350 Nummern. Er ist beruflich mit den Rechtsanwälten und Notaren …, … und … verbunden.

Der Notar ist disziplinarrechtlich bisher nicht in Erscheinung getreten.

1. Mit Verfügung vom 7.11.2002 wurde gegen den Notar im Anschluss an eine Prüfung seiner Amtgeschäfte am 20.11.2001 ein disziplinarisches Vorermittlungsverfahren eröffnet, weil der Verdacht bestand, dass er ein Dienstvergehen begangen habe, indem er entgegen § 3 Abs. 1 Nr. 4 BeurkG rechtsgeschäftliche Erklärungen der mit ihm zur gemeinschaftlichen Berufsausübung verbundenen Rechtsanwälte und Notare … und … beurkundet hatte, die diese im Rahmen von Vollzugsvollmachten oder als Vertreter ohne Vertretungsmacht für Urkundsbeteiligte abgegeben hatten.

Nach Durchführung dieses Ermittlungsverfahrens, in dem die Aufsichtsbehörde zunächst erhobene Vorwürfe von Verstößen gegen das Mitwirkungsverbot des § 3 Abs. 1 Nr. 4 BeurkG fallen gelassen hat, sofern die mit dem Antragsteller verbundenen Rechtsanwälte und Notare nur aufgrund von Vollzugsvollmachten tätig geworden waren, hat die Aufsichtsbehörde unbestritten festgestellt, dass der Antragsteller in drei Fällen in der Zeit vom 28.11.2000 bis zum 20.4.2001 Verträge beurkundet hat, bei denen der mit dem Antragsteller verbundene Rechtsanwalt und Notar … als vollmachtloser Vertreter an dem Vertragsschluss beteiligt war. Wegen dieser drei Fälle hat die Aufsichtbehörde nach Anhörung der Notarkammer gegen den Antragsteller eine Disziplinarverfügung vom 4.7.2003 erlassen, in der sie ihn mit einem Verweis gem. §§ 98, 97 Abs. 1 BNotO belegt hat.

Gegen diese Disziplinarverfügung hat der Notar am 16.7.2003 Beschwerde eingelegt, die durch das OLG Oldenburg – Der Präsident – mit am 12.8.2003 dem Notar zugestellter Beschwerdeentscheidung vom 5.8.2003 zurückgewiesen wurde. Mit einem Schriftsatz vom 13.8.2003, eingegangen beim OLG Oldenburg – Der Präsident – am 14.8.2003, hat der Notar alsdann Antrag auf gerichtliche Entscheidung gestellt. Diesen hat er mit Schriftsatz vom 2.9.2003, eingegangen beim OLG Celle am 3.9.2003, begründet.

2. Der Notar ist der Auffassung, bei den Beurkundungen habe es sich nicht um „Angelegenheiten” von Rechtsanwalt und Notar … i.S.d. § 3 Abs. 1 Nr. 4 BeurkG gehandelt. Als Angelegenheit einer Person sei es aufzufassen, wenn die Rechte oder Pflichten dieser Person durch den Urkundsvorgang unmittelbar betroffen würden; dies sei bei Rechtsanwalt und Notar … nicht der Fall gewesen. Die Beurkundung seiner Erklärungen, die er als vollmachtloser Vertreter abgegeben hätte, würden seinen Rechten- oder Pflichtenkreis nicht betreffen. Für ihn hätten die Erklärungen „keinerlei Konsequenzen” haben können, da es vielmehr im freien Belieben der Vertretenen gelegen hätte, ob sie die von dem vollmachtlosen Vertreter abgegebenen Erklärungen genehmigten oder nicht.

Der Begriff der „Angelegenheit” in § 3 Abs. 1 Nr. 4 BeurkG sei dem materiellen Recht zu entnehmen, allein die formelle Urkundsbeteiligung reiche nicht aus. Materiell träfen die Folgen des Geschäfts aber immer nur den Vertretenen, wenn die Voraussetzungen einer wirksamen Stellvertretung vorlägen. Die Einschaltung eines Rechtsanwalts als vollmachtloser Vertreters sei für die Urkundsbeteiligten günstiger, weil diese dadurch doppelt abgesichert würden, wenn ihnen der Notar und der Anwalt jeweils mit ihrer Versicherung hafteten. Außerdem werde möglichen Vollzugsschwierigkeiten vorgebeugt, die bei der Bevollmächtigung von Angestellten wegen der hohen personellen Fluktuation sonst bestünden. Auf Vollzugsvollmachten sei das Verbot ohnehin nicht anzuwenden.

Der Antragsteller beantragt, die Disziplinarverfügung aufzuheben.

Das OLG Oldenburg – Der Präsident – beantragt, den Antrag auf gerichtliche Entscheidung als unbegründet zurückzuweisen.

Er ist der Auffassung, Willenserklärungen eines Vertreters seien nicht nur als Angelegenheiten des Vertretenen, sondern auch des Vertreters zu qualifizieren, dies entspreche der ganz überwiegenden A...

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