Entscheidungsstichwort (Thema)

Versorgungsausgleich bei Scheidung nach ausländischem (hier österreichischem) Recht

 

Leitsatz (amtlich)

Hat in einem Scheidungsverfahren, in dem das auf die Scheidung anzuwendende ausländische Recht (hier: das österreichische Recht) keinen Versorgungsausgleich kennt und in dem die Durchführung des Versorgungsausgleichs nach deutschem Recht von keinem Ehegatten beantragt worden ist, das Familiengericht erkennbar ohne materiell-rechtliche Prüfung ausgesprochen, dass ein Versorgungsausgleich nicht stattfinde, so hat dies rein deklaratorischen Charakter, erwächst nicht in Rechtskraft und steht einem nach rechtskräftigem Abschluss des Scheidungsverfahrens gestellten isolierten Antrag auf Durchführung des Versorgungsausgleichs nach Art. 17 Abs. 3 S. 2 EGBGB nicht entgegen.

 

Normenkette

EGBGB Art. 17 Abs. 3 S. 2

 

Verfahrensgang

AG Bremen (Beschluss vom 06.10.2011; Aktenzeichen 69 F 2165/08)

 

Tenor

Die Beschwerde des Antragsgegners gegen den Beschluss des AG - Familiengericht - Bremen vom 6.10.2011 wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens trägt der Antragsgegner.

Der Antragstellerin und dem Antragsgegner wird zum Zwecke der Festsetzung des Verfahrenswerts (§ 50 Abs. 1 S. 1 FamGKG) aufgegeben, bis zum 18.5.2012 jeweils Angaben zur Höhe ihres monatlichen Nettoeinkommens bei Einleitung des Verfahrens im Juli 2008 zu machen.

Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.

 

Gründe

I. Die Antragstellerin und der Antragsgegner streiten über die Durchführung des Versorgungsausgleichs.

Mit Urteil vom 29.6.2005 (Gesch.-Nr. 69 F 2283/04) hat das AG - Familiengericht - Bremen ihre am 9.5.1981 in Österreich geschlossene Ehe auf den der Ehefrau am 5.11.2004 zugestellten Antrag des Ehemannes geschieden. Mit Rücksicht auf die österreichische Staatsangehörigkeit beider Ehegatten hat es auf die Ehescheidung österreichisches Recht angewandt. Keiner der Ehegatten hat im erstinstanzlichen Scheidungsverfahren einen Antrag auf Durchführung des Versorgungsausgleichs gestellt. Ziff. II. des Tenors des Scheidungsurteils lautet: "Ein Versorgungsausgleich findet nicht statt." In Tatbestand und Entscheidungsgründen zum Versorgungsausgleich heißt es: "Es war auszusprechen, dass ein Versorgungsausgleich nicht stattfindet. Grundsätzlich unterliegt der Versorgungsausgleich gem. Art. 17 Abs. 3 S. 1. 1 HS EGBGB dem gem. Art. 17 Abs. 1 S. 1 EGBGB anzuwendenden Recht, hier also dem deutschen (Anmerkung des Senats: gemeint ist offenkundig "... dem österreichischen."). Jedoch ist er gem. Art. 17 Abs. 3 S. 1 2. HS EGBGB nur durchzuführen, wenn ihn das Recht eines Staates kennt, denen die Ehegatten im Zeitpunkt des Eintritts der Rechtshängigkeit des Scheidungsantrages angehören. Dies ist vorliegend nicht der Fall. Die Parteien haben auch keine Anträge auf Durchführung des Versorgungsausgleichs gestellt, so dass der Versorgungsausgleich nicht durchzuführen war."

Gegen das Scheidungsurteil legte die Ehefrau Berufung ein. Mit ihrem Rechtsmittel beantragte sie die Abweisung des Scheidungsantrags und zugleich - für den Fall der Scheidung der Ehe - einen Verschuldensausspruch nach österreichischem Recht sowie die Durchführung des Versorgungsausgleichs. Das Berufungsverfahren endete durch Rücknahme der Berufung. Das Scheidungsurteil ist seit dem 13.12.2005 rechtskräftig.

Mit ihrem am 29.7.2008 beim Familiengericht eingereichten Antrag begehrt die Antragstellerin die Durchführung des Versorgungsausgleichs.

Erstinstanzlich hat sie geltend gemacht, der im Scheidungsurteil enthaltene Ausspruch zum Versorgungsausgleich stehe dessen nunmehriger Durchführung nicht entgegen, habe vielmehr lediglich deklaratorischen Charakter. Mangels ausreichender Altersversorgung wäre sie ohne Durchführung des Versorgungsausgleichs im Rentenalter auf Sozialhilfe angewiesen.

Der Antragsgegner hat die Zurückweisung des Antrags beantragt und die Auffassung vertreten, der Ausspruch zum Nichtstattfinden des Versorgungsaugleichs im Scheidungsurteil sei in Rechtskraft erwachsen und stehe der Durchführung des Versorgungsausgleichs entgegen. Ferner hat er die Einrede der Verjährung erhoben.

Das Familiengericht hat mit Beschluss vom 6.10.2011 auf der Grundlage der für die Ehezeit vom 1.5.1981 bis zum 31.10.2004 (§ 3 Abs. 1 VersAusglG) eingeholten und von der Antragstellerin und dem Antragsgegner nicht beanstandeten Auskünfte der weiteren Beteiligten zu 1. bis 5. den Versorgungsausgleich durchgeführt.

Gegen diese ihm am 13.10.2011 zugestellte Entscheidung wendet sich der Antragsgegner mit seiner am Montag, den 14.11.2011, eingelegten Beschwerde, mit der er in Abänderung der erstinstanzlichen Entscheidung die Zurückweisung des Antrags der Antragstellerin auf Durchführung des Versorgungsausgleichs begehrt. Zur Begründung wiederholt und vertieft er sein erstinstanzliches Vorbringen und macht geltend, das Familiengericht habe im Scheidungsverfahren eine materiell-rechtliche Prüfung der Voraussetzungen des Versorgungsausgleichs vorgenommen. Die sodann im Scheidungsurteil getroffene ...

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