Entscheidungsstichwort (Thema)

Präklusion für zeitliche Befristung einer Unterhaltsverpflichtung

 

Leitsatz (amtlich)

Eine bestehende Unterhaltsregelung kann an das neue Unterhaltsrecht im Wege der Abänderungsklage nicht angepasst werden, wenn die Regelung zeitlich nach der Entscheidung des BGH vom 12.4.2006 (FamRZ 2006, 1006) getroffen worden ist und das Abänderungsbegehren auf mangelnde ehebedingte Nachteile des Unterhaltsberechtigten im Hinblick auf seine Berufsausübung gestützt wird.

 

Normenkette

ZPO § 323; EGZPO § 36 Nrn. 1-2; BGB n.F. § 1578b

 

Verfahrensgang

AG Bremen (Beschluss vom 02.04.2008; Aktenzeichen 65 F 740/08)

 

Tenor

Die sofortige Beschwerde des Klägers gegen den Prozesskostenhilfe ablehnenden Beschluss des AG - FamG - Bremen vom 2.4.2008 wird zurückgewiesen.

 

Gründe

Die Parteien sind geschiedene Eheleute. Ihre 1983 geschlossene Ehe wurde im Februar 2002 geschieden. Sie haben eine im Jahr 1987 geborene gemeinsame Tochter, an die der Kläger 50 EUR monatlich an Ausbildungsunterhalt zu zahlen hat. Die Beklagte ist gelernte Friseurin. Seit April 2001 ist sie als Bürokraft tätig.

Die unterhaltsrechtlichen Ansprüche der Beklagten dem Kläger gegenüber sind in der Vergangenheit durch mehrere Vergleiche geregelt worden - zuletzt mit dem am 21.9.2006 geschlossenen Vergleich, in dem sich der Kläger verpflichtet hat, an die Beklagte rückständigen und laufenden Unterhalt zu zahlen. Den laufenden Unterhalt haben die Parteien bis zum 31.12.2011 befristet.

Der Kläger, der im Wege der Abänderungsklage eine Reduzierung des Unterhalts auf Null seit dem 1.11.2006 und dafür Prozesskostenhilfe begehrt, meint, dass der Beklagten aufgrund der Unterhaltsrechtsreform (spätestens) seit dem 1.1.2008 der titulierte Unterhalt nicht mehr zustehe. Der Beklagten seien durch die Ehe keine beruflichen Nachteile entstanden. Denn sie verfüge als Bürokraft über ein höheres als das von ihr in der Vergangenheit als Friseurin erzielte Einkommen. Auch für die Zeit vom 1.11.2006 bis zum 31.12.2007 bestehe unter Anwendung der Rechtsprechung des BGH kein Unterhaltsanspruch mehr. Denn im Gegensatz zur bisherigen Rechtsauffassung führe eine "Langzeitehe" nicht mehr zu einer langfristigen Unterhaltsverpflichtung. Im Übrigen sei die Abänderungsklage auch deshalb gerechtfertigt, weil er nunmehr an die gemeinsame Tochter Unterhalt zahle.

Das FamG hat den Prozesskostenhilfeantrag abgelehnt. Die dagegen gerichtete sofortige Beschwerde ist zulässig; sie ist jedoch nicht begründet.

Das AG hat im Ergebnis zutreffend den Prozesskostenhilfeantrag mangels hinreichender Erfolgsaussicht (§ 114 ZPO) der Abänderungsklage zurückgewiesen.

1. Eine (kürzere) zeitliche Befristung des laufenden Unterhalts (nachfolgend: Unterhalt) - wie vom Kläger begehrt - kommt nicht in Betracht. Soweit der Kläger sich auf die geänderte Rechtsprechung des BGH beruft, kann er sein Abänderungsbegehren hierauf nicht stützen. Denn der BGH hatte bereits zum Zeitpunkt des Vergleichsschlusses der Parteien seine Rechtsprechung zur Herabsetzung und zeitlichen Begrenzung des Unterhalts wegen Unbilligkeit nach den §§ 1573 V, 1578 I S. 2 BGB a.F. geändert. Während der BGH in der Vergangenheit eine Herabsetzung und zeitliche Begrenzung im Wesentlichen nur bei einer Ehedauer von bis zu 10 Jahren in Erwägung gezogen hat (vgl. BGH FamRZ 1986, 886; FamRZ 1997, 857; FamRZ 2004, 1357), hat er erstmals mit Urteil vom 12.4.2006 (FamRZ 2006, 1006) seine frühere Rechtsprechung, in der er der Dauer der Ehe als Billigkeitskriterium ein durchschlagendes Gewicht für eine dauerhafte "Unterhaltsgarantie" und gegen die Möglichkeit einer zeitlichen Begrenzung des Unterhalts hat zukommen lassen (s. BGH, FamRZ 2004, 1357, 1360), grundlegend geändert (zu den Folgeentscheidungen s. BGH FamRZ 2007, 200; FamRZ 2007, 793, 799; FamRZ 2007, 2049, 2052). In seiner Entscheidung vom 12.4.2006 hat er ausgeführt, die Möglichkeit, den Aufstockungsunterhalt zu befristen, beruhe auf dem Gedanken, dass eine lebenslange Beibehaltung des ehelichen Lebensstandards nur dann angemessen sei, wenn etwa die Ehe lang gedauert habe, wenn aus ihr gemeinsame Kinder hervorgegangen seien, die der Berechtigte betreue oder betreut habe, wenn er erhebliche berufliche Nachteile um der Ehe willen auf sich genommen habe oder wenn sonstige Gründe (z.B. Alter oder Gesundheitszustand des Berechtigten) für eine dauerhafte Lebensstandardgarantie sprächen. Lägen diese Voraussetzungen nicht vor, habe sich aber der Lebensstandard durch die Ehe verbessert, werde es oft angemessen sein, dem Berechtigten nach einer Übergangszeit einen Lebensstandard zuzumuten, der demjenigen entspreche, den er vor der Ehe gehabt habe. Mit dem Moment der Ehedauer wolle das Gesetz auf die Unangemessenheit hinweisen, einen Ehegatten, der in seinem beruflichen Fortkommen durch die Ehe nicht benachteiligt wurde, selbst dann zu begünstigen, wenn die Ehe nicht lange gedauert habe. Beruhe die Einkommensdifferenz zwischen Ehegatten auf fortwirkenden ehebedingten Nachteilen zu Lasten des Unterhal...

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