Entscheidungsstichwort (Thema)

Versorgungsausgleich: Teilweiser Ausschluss wegen grober Unbilligkeit bei Prostitution

 

Leitsatz (amtlich)

Nimmt die Ehefrau während des Zusammenlebens ohne Kenntnis und Einverständnis des Ehemannes die Tätigkeit einer Prostituierten auf, ist der Versorgungsausgleich wegen grober Unbilligkeit gem. § 1587c Nr. 1 BGB teilweise auszuschließen.

 

Normenkette

BGB § 1587c Nr. 1

 

Verfahrensgang

AG Bremen (Urteil vom 27.02.2009)

 

Tenor

1. Auf die Beschwerde des Antragstellers wird das Scheidungsverbundurteil des AG - Familiengericht - Bremen vom 27.2.2009 im Ausspruch zum Versorgungsausgleich (Ziff. 3. des Tenors) wie folgt abgeändert:

Vom Versicherungskonto des Antragstellers bei der [Beteiligten zu 1] werden auf das Versicherungskonto Nr. [... ] der Antragsgegnerin bei der [Beteiligten zu 1] Rentenanwartschaften von monatlich 79,10 EUR, bezogen auf den 31.8.2007, übertragen. Der Monatsbetrag der Rentenanwartschaften ist in Entgeltpunkte umzurechnen.

Zusätzlich werden vom Versicherungskonto des Antragstellers bei der [Beteiligten zu 1] auf das Versicherungskonto Nr. [... ] der Antragsgegnerin bei der [Beteiligten zu 1] Rentenanwartschaften von monatlich 10,46 EUR, bezogen auf den 31.8.2007, übertragen. Der Monatsbetrag der Rentenanwartschaften ist in Entgeltpunkte umzurechnen.

2. Im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.

3. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens werden im Verhältnis der Parteien gegeneinander aufgehoben.

4. Der Antragsgegnerin wird zur Rechtsverteidigung gegen die Beschwerde ratenfreie Prozesskostenhilfe bewilligt und Rechtsanwältin [... ] beigeordnet.

5. Der Gegenstandswert für das Beschwerdeverfahren wird auf 2.000 EUR festgesetzt.

 

Gründe

Die Parteien haben im Oktober 2003 die Ehe geschlossen. Im August 2007 hat der Antragsteller die Scheidung der Ehe beantragt und gleichzeitig den Ausschluss des Versorgungsausgleichs begehrt. Der Antragsteller hat im Scheidungsantrag vorgetragen, dass die Parteien seit Januar 2007 innerhalb der Ehewohnung getrennt lebten. Die Antragsgegnerin hat den Trennungszeitpunkt mit Juli 2007 angegeben.

Seinen Antrag auf Ausschluss des Versorgungsausgleichs hat der Antragsteller damit begründet, dass er im Juli 2007 aufgrund einer Rechnung über eine von der Antragsgegnerin geschaltete Anzeige dahinter gekommen sei, dass sie sich in M. als Prostituierte angeboten habe. Die Durchführung des Versorgungsausgleichs sei daher grob unbillig. Die Antragsgegnerin ist dem Antrag auf Ausschluss des Versorgungsausgleichs entgegen getreten. Sie hat angegeben, der Antragsteller habe ihr nach einem Streit Mitte 2006 keine finanziellen Mittel mehr zur Verfügung gestellt. Außerdem habe er verlangt, dass sie ihm die Kosten für die von ihm freiwillig finanzierten Reisen in ihr Heimatland N. erstatte. Da sie mit ihrem seinerzeitigen Verdienst als Pflegehelferin die vom Antragsteller geforderten Gelder nicht habe zahlen können, sei sie auf den Vorschlag einer Freundin, in M. als Prostituierte zu arbeiten, eingegangen.

Das Familiengericht hat die Ehe der Parteien mit Scheidungsverbundurteil vom 27.2.2009 geschieden und den Versorgungsausgleich zu Lasten des Antragstellers durchgeführt, indem es monatliche Rentenanwartschaften des Antragstellers von insgesamt 110,84 EUR (= 96,65 EUR+14,19 EUR) auf das Versicherungskonto der Antragsgegnerin bei der [Beteiligten zu 1] übertragen hat. Den Ausschluss des Versorgungsausgleichs hat das AG mit der Begründung abgelehnt, dass ein Fehlverhalten des Ausgleichsberechtigten im persönlichen Bereich, welches die Zeit nach Aufhebung der ehelichen Gemeinschaft betreffe, einen Ausschluss nur dann rechtfertige, wenn das Fehlverhalten besonders krass sei oder sonst unter den anderen Ehegatten besonders belastenden Umständen geschehe. Die zeitweilige Tätigkeit der Antragsgegnerin als Prostituierte erfülle diese Voraussetzungen nicht. Die Antragsgegnerin habe damit ihren Lebensunterhalt verdient. Hiergegen wendet sich der Antragsteller mit seiner Beschwerde.

Er trägt vor, das AG habe zu Unrecht in seiner Entscheidung die Auffassung vertreten, dass die Tätigkeit der Antragsgegnerin als Prostituierte kein besonders krasses Fehlverhalten darstelle. Zu dieser Entscheidung sei das Familiengericht möglicherweise aufgrund der falschen Annahme gelangt, dass das Fehlverhalten der ausgleichsberechtigten Antragsgegnerin erst die Zeit nach der Trennung der Parteien betreffe. Tatsächlich habe die Antragsgegnerin noch während des Zusammenlebens hinter seinem Rücken und ohne seine Kenntnis als Prostituierte gearbeitet.

II. Die gem. §§ 629a Abs. 2, 621 Abs. 1 Nr. 6, 621e Abs. 1 und 3 ZPO statthafte und in zulässiger Weise eingelegte Beschwerde ist teilweise begründet.

Die angefochtene, vom AG getroffene Ausgleichsregelung kann nicht bestehen bleiben. Das AG hat zu Unrecht die Voraussetzungen für die Anwendung der Härteklausel des § 1587c Nr. 1 BGB für nicht gegeben erachtet. Nach dieser Vorschrift kann der Versorgungsausgleich ganz oder zum Teil ausgeschlossen werden,...

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