Entscheidungsstichwort (Thema)

Versagung der PKH für ein Scheidungsverfahren wegen Mutwilligkeit. Mutwilligkeit des Scheidungsbegehrens bei einer gegen Entgelt geschlossenen Scheinehe

 

Leitsatz (amtlich)

Prozesskostenhilfe für ein Scheidungsverfahren ist wegen Mutwilligkeit zu versagen, wenn es sich um eine Scheinehe handelt und der Scheidungswillige dafür Geld erhalten hat, mit dem er das Scheidungsverfahren hätte finanzieren können.

 

Normenkette

ZPO § 114; GG Art. 6 Abs. 1

 

Verfahrensgang

AG Aschaffenburg (Beschluss vom 01.10.2003; Aktenzeichen 4 F 1170/03)

 

Nachgehend

BGH (Beschluss vom 22.06.2005; Aktenzeichen XII ZB 247/03)

 

Tenor

1. Die sofortige Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des AG - FamG - Aschaffenburg vom 1.10.2003 wird zurückgewiesen.

2. Es wird die Rechtsbeschwerde zum BGH zugelassen.

 

Gründe

I. Die Antragstellerin verlangt Prozesskostenhilfe für ein Verfahren zur Aufhebung der am 7.12.1999 mit dem Antragsgegner beschlossenen Scheinehe. Für die Eheschließung hat sie vom Antragsgegner mindestens 10.000 DM erhalten. Am 13.6.2001 hat sie das Kind P. geboren und betreibt nunmehr die Aufhebung einer Ehe, weil sie den biologischen Vater des Kindes heiraten möchte.

Das AG - FamG - Aschaffenburg hat mit Beschluss vom 1.10.2003 Prozesskostenhilfe versagt und dies damit begründet, dass wegen der Scheinehe ein mutwilliges Verhalten vorliege und die Antragstellerin im Übrigen gehalten gewesen wäre, aus dem vom Antragsgegner erhaltenen Geldbetrag Rücklagen für das Aufhebungsverfahren zu bilden. Wegen der Einzelheiten wird auf die Entscheidung verwiesen.

Gegen den ihrem Bevollmächtigten am 6.10.2003 zugestellten Beschluss wendet sich die Antragstellerin mit ihrer am 16.10.2003 eingegangenen und begründeten Beschwerde, mit der sie weiterhin ihr Prozesskostenhilfebegehren verfolgt. Sie führt aus, dass das Geld von ihr ausgegeben worden sei und sie nur noch Schulden habe. Ein Aufhebungsverfahren könne sie sich nicht leisten, so dass sie faktisch mehr oder minder auf ewig an der rechtlichen Beziehung zum Antragsgegner festgehalten werde. Dies würde gegen Art. 6 GG verstoßen. Wegen der Einzelheiten wird auf den Schriftsatz verwiesen.

Das AG hat der sofortigen Beschwerde nicht abgeholfen und sie dem Einzelrichter zur Entscheidung vorgelegt. Dieser hat die Sache wegen grundsätzlicher Bedeutung mit Beschluss vom 23.10.2003 dem Senat übertragen.

II. Die gem. §§ 127 Abs. 2, 567 ff. ZPO zulässige sofortige Beschwerde der Antragstellerin hat in der Sache keinen Erfolg. Die beantragte Prozesskostenhilfe ist zu Recht wegen Mutwilligkeit (§ 114 ZPO) versagt worden.

In der Rechtsprechung wird überwiegend die Auffassung vertreten, dass derjenige, der gegen Entgelt eine Scheinehe eingeht, rechtsmissbräuchlich und mutwillig i.S.d. § 114 ZPO handelt, weil er durch die Eingehung der Scheinehe einerseits seinen Geldbedarf befriedigt, dies aber von vornherein in der Absicht geschieht, sich anschließend alsbald auf Kosten der Allgemeinheit von dieser Ehe wieder "befreien" zu lassen (OLG Hamm FamRZ 2000, 1092). Darüber hinaus wird die Auffassung vertreten, dass Prozesskostenhilfe wegen verschuldeter Hilfsbedürftigkeit zu verweigern ist, wenn die Scheinehe gegen Entgelt geschlossen wurde und für das absehbare Eheaufhebungsverfahren keine Rücklagen gebildet worden sind. Diese Auffassungen werden in der Rechtsprechung jedoch nicht einhellig geteilt (zum Streitstand vgl. Zöller/Philippi, ZPO, 23. Aufl., § 114 Rz. 45; Baumbach/Lauterbach/Hartmann, ZPO, 61. Aufl., § 114 Rz. 124).

Der Senat schließt sich der herrschenden Auffassung an. Wer eine Scheinehe eingeht, die hier unstreitig vorliege, kann vom Staat keine Prozesskostenhilfe für die Aufhebung dieser Eheschließung verlangen, weil er diese Ehe nicht will und bereits bei Eheschließung weiß, dass er sich von dem bestehenden rechtlichen Band nur unter Kostenaufwand befreien kann, den er durch die Eheschließung letztlich selbst verursacht hat. Dieses Verhalten ist mutwillig.

Darüber hinaus ist jemand, der für die Eheschließung einen Geldbetrag erhält, verpflichtet, von dieser Summe Rücklagen zu bilden, um damit die sich bereits abzeichnenden Kosten des Aufhebungsverfahrens tragen zu können. Dieser Verpflichtung ist die Antragstellerin hier nicht nachgekommen. Sie hat mindestens 10.000 DM erhalten, wovon sie die Kosten des Verfahrens hätte begleichen können, wenn sie das Geld zur Seite gelegt hätte.

Zwar mag es sein, dass die Antragstellerin nach ihren Einkommens- und Vermögensverhältnissen die Verfahrenskosten jetzt nicht aufbringen kann, so dass sie nicht in der Lage ist, sich von dem rechtlichen Band zum Antragsgegner zu befreien und den neuen Partner zu heiraten. Einen Verstoß gegen Art. 6 GG stellt dies jedoch nicht dar, weil sich die Antragstellerin durch ihr rechtsmissbräuchliches Verhalten selbst in diese Situation gebracht hat.

Eine Kostenentscheidung ist nicht veranlasst (§ 127 Abs. 4 ZPO).

Nach § 574 Abs. 2 Nr. 1 ZPO ist die Rechtsbeschwerde zum BGH wegen grundsätzlicher Bedeutu...

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