Rz. 118

Zuständig für das Verlassenschaftsverfahren ist das Bezirksgericht am letzten Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthaltsort des Verstorbenen bzw. am Ort des Vermögens des Verstorbenen (§ 105 JN). Das Verlassenschaftsverfahren ist ein mündliches Verfahren vor dem Notar, der laut Geschäftsverteilung des Gerichts für die Verlassenschaftsabhandlung zuständig ist. Dieser Notar wird als Gerichtskommissär bezeichnet.[54] In Gerichtsbezirken mit nur einem Notar ist dieser für Verlassenschaftsabhandlung zuständig. Bei mehreren Notaren im Gerichtssprengel erfolgt die Zuteilung nach einer vom Gericht festgelegten Geschäftsverteilung, die sich nach den Anfangsbuchstaben, nach dem Todestag oder dem letzten Wohnsitz des Verstorbenen richtet. Die für den Verfahrensablauf notwendigen Erklärungen, Anträge und Nachweise werden vor dem Gerichtskommissär (bei Tagsatzungen in seiner Kanzlei) zu Protokoll gegeben.

 

Rz. 119

Im Verlassenschaftsverfahren können die Parteien die für den Fortgang des Verfahrens erforderlichen Erklärungen, Anträge und Nachweise auch schriftlich verfassen und unmittelbar dem Verlassenschaftsgericht vorlegen (§ 144 AußStrG, § 3 Abs. 1 Gerichtskommissärgesetz – GKG). Hierfür können sich die Parteien eines (auch ausländischen) Bevollmächtigten (Rechtsanwalt, Notar) bedienen.[55] Dieser Vertreter wird Erbenmachthaber genannt. Übersteigt der Wert der Verlassenschaftsaktiven voraussichtlich einen Betrag von 5.000 EUR, kann nur ein öffentlicher Notar oder Rechtsanwalt als Bevollmächtigter einschreiten (relativer Anwalts- und Notarszwang). Stellt sich während des Verlassenschaftsverfahrens heraus, dass das aktive Verlassenschaftsvermögen mehr als 5.000 EUR beträgt, hat das Verlassenschaftsgericht dies den Parteien und ihren Vertretern mitzuteilen. Mit Zustellung dieser Mitteilung erlischt die Vertretungsbefugnis des bisher Bevollmächtigten (§ 3 GKG). Die Parteien müssen in diesem Fall entweder weitere Schriftsätze ohne Einschaltung des bisherigen Vertreters persönlich im eigenen Namen oder unter Beiziehung eines Notars oder Rechtsanwalts überreichen. Selbstverständlich kann jederzeit auch zum mündlichen Verfahren zurückgekehrt werden. Der Gerichtskommissär hat im schriftlichen Verlassenschaftsverfahren lediglich die Todesfallaufnahme zu errichten und die damit in Zusammenhang stehenden unaufschiebbaren Maßnahmen zu setzen sowie gegebenenfalls ein Inventar zu errichten.

 

Rz. 120

Das Verlassenschaftsgericht selbst (und weder der Gerichtskommissär noch ein Erbenmachthaber) ist zuständig für (§ 1 Abs. 2 GKG):

die Registrierung und Verwaltung der Verlassenschaftsakten;
Beschlüsse (Entscheidungen) über die Erklärungen, Anträge und Nachweise der Parteien;
das Verfahren bei Erbrechtsstreitigkeiten;
Rechtshilfeersuchen an ausländische Behörden.
[54] Der Gerichtskommissär ist Organ der Republik, sodass diese nach den Bestimmungen des Amtshaftungsgesetzes für allfälliges Fehlverhalten des Gerichtskommissärs haftet – OGH 18.3.1997, 1 Ob 2309/96g; OGH 26.2.2002, 1 Ob 310/01x.
[55] OGH 16.9.1976 7 Ob 665/76; LGZ Graz 17.7.1995, 3 R 188/95; OGH 20.10.1999, 7 Ob 115/99h; OGH 29.9.1999, 6 Ob 161/99s.

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