Entscheidungsstichwort (Thema)

Strafbefreiende Erklärung: Ehrenamt, Betreuungstätigkeit

 

Leitsatz (redaktionell)

  1. Aufwandsentschädigungen für ehrenamtliche Betreuungstätigkeit sind steuerpflichtige Einnahmen aus sonstiger selbstständiger Arbeit gemäß § 18 Abs. 1 Nr. 3 EStG, weil die ehrenamtliche Betreuungstätigkeit berufsbildtypisch durch eine selbstständige fremdnützige Tätigkeit in einem fremden Geschäftskreis sowie durch Aufgaben der Vermögensverwaltung geprägt ist.
  2. Im Falle der Nacherklärung können derartige Aufwandsentschädigungen die Festsetzung einer Strafbefreiungsabgabe nach dem StraBEG rechtfertigen.
 

Normenkette

EStG § 18 Abs. 1 Nr. 3; StraBEG § 1 Abs. 2 Nr. 1, § 3 Abs. 1 S. 3, § 8 Abs. 1 S. 1, § 10

 

Streitjahr(e)

1996, 1997, 1998, 1999, 2000, 2001, 2002

 

Nachgehend

BFH (Beschluss vom 20.09.2012; Aktenzeichen III B 63/12)

 

Tatbestand

Streitig ist die Rechtmäßigkeit einer Strafbefreiungsabgabe nach „strafbefreiender Erklärung” von Einkünften aus ehrenamtlicher Betreuungstätigkeit.

Der Kläger war in dem von 1996 bis 2002 andauernden Streitzeitraum verheiratet und wurde zur Einkommensteuer (ESt.) zusammenveranlagt. Er erzielte neben Einkünften aus Vermietung und Verpachtung Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit als Ruhestandssoldat.

Am 21.10.2004 reichte er beim Beklagten (das Finanzamt -FA-) eine „Strafbefreiende Erklärung vom 20.10.2004” ein und erklärte „in den Jahren 1996 - 2002 zu Unrecht nicht besteuerte Einnahmen i.S.des § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Strafbefreiungserklärungsgesetz (StraBEG) aus selbständiger Tätigkeit (Betreuung) von (43.477,67 EUR x 60 %=) 26.086,60 EUR” mit einer -nach- „zu entrichtenden Abgabe von (25 % =) 6.521,65 EUR”. Dem folgte das FA und stellte den Betrag zum Soll. Mit Schreiben vom 19.11.2004 reduzierte der Kläger die insgesamt nach zu erklärende Aufwandsentschädigung auf (22.298,22 EUR Entschädigungen des Amtsgerichts und der Region xxx + 8.316,01 EUR „Weitere Einnahmen” =) 30.614,23 EUR mit einer nach zu entrichtenden Abgabe von (30.614,23 EUR x 60 % = 18.368,54 EUR x 25 % Steuer =) 4.592,14 EUR, dem das FA gleichfalls folgte.

Mit Schreiben vom 16.11.2004 „legte der Kläger gegen die Strafbefreiende Erklärung vom 20.10.2004 Einspruch ein”. Bei den Zahlungen handele es sich um Einkünfte aus der Tätigkeit als vom Amtsgericht xxx bestellter ehrenamtlicher Betreuer i.S.des § 1897 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB). Konkret habe es sich bei den Leistungen des Amtsgerichts xxx um von diesem gemäß § 1908 BGB i.V.mit § 1835a BGB direkt geleistete „gesetzlich geregelte pauschale Aufwandsentschädigungen” und bei den Zahlungen der Region xxx um von dieser zusätzlich geleistete freiwillige Erstattungen von Mehraufwendungen, die nicht in allen Amtsgerichtsbezirken gezahlt würden, gehandelt. Diese seien deutlich niedriger als die berufsmäßigen Betreuern gewährten Entschädigungen und -gar- nicht steuerpflichtig, da es sich nur um Ersatz von -sonst als Werbungskosten abziehbaren- Aufwand handele und es an einer Besteuerungsnorm fehle. Dafür sprächen auch und insbesondere die allein im Hinblick auf die den Betreuern entstehenden großen Betreuungsaufwendungen freiwillig zusätzlich gewährten Leistungen der Region xxx. Insofern seien die Entschädigungen gleich den steuerfreien Aufwandsentschädigungen von Bundestagsabgeordneten als steuerfrei zu behandeln. In jedem Fall sei die Steuerpflicht der Entschädigungen rechtlich zweifelhaft. So habe auch am 25.08.2004 bei einer Veranstaltung der Betreuungsvereine im Niedersächsischen Landtag ein Richter am Amtsgericht xxx sich sinngemäß dahingehend geäußert, dass auch er Schwierigkeiten habe zu erkennen, dass für die pauschale Kostenerstattung eine Steuerpflicht bestünde. Eine mögliche Steuerpflicht sei von den Behörden auch nicht durchgesetzt worden. So dürften das Amtsgericht xxx keine Kontrollmitteilungen an die Finanzbehörden verschickt noch diese solche angefordert haben und dürften diese Zahlungen noch nicht einmal bei den Auftraggebern der Betreuer zentral summarisch erfasst worden sein, so dass es den einzelnen Betreuern überlassen blieb, die -vermeintliche- Steuerpflicht zu erkennen oder auch nicht und die Entschädigungen steuerlich zu erklären oder auch nicht. Die Finanzverwaltung behandele (nach ihren koordinierten Ländererlassen) die Entschädigungen zwar seit Jahren als sonstige Einkünfte i.S.des § 22 Nr. 3 Einkommensteuergesetz (EStG) und die Finanzgerichtsbarkeit als Einkünfte aus selbständiger Arbeit i.S.des § 18 EStG oder -gegebenenfalls ausnahmsweise- als gewerbliche Einkünfte i.S.des § 15 EStG. Es sei von den Finanzbehörden in den Jahren 1996 bis 2003 aber zu keiner Zeit eine für ihn, den Kläger, wahrnehmbare wirkliche Prüfung und konsequente Durchsetzung einer angeblichen Steuerpflicht erfolgt. Danach seien alle anderen Betreuer, die gleichartige Einnahmen (ehrenamtliche Aufwandsentschädigungen) wie er bezogen hätten, mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit nicht zu einer Versteuerung herangezogen worden. Aufgrund dieses Erhebungs- bzw. Vollz...

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