Leitsatz

  1. Der Klageantrag auf Duldung der Modernisierung einer Mietwohnung ist hinreichend bestimmt, wenn der erstrebte Duldungserfolg sowie der Umfang der zu duldenden Arbeiten in seinen wesentlichen Umrissen und Schritten im Antrag umschrieben werden.
  2. Ist eine Mietwohnung von einer Bruchteilsgemeinschaft vermietet, kann die von der Bruchteilsgemeinschaft beanspruchte Duldung einer Wohnungsmodernisierung gemäß § 432 Abs. 1 Satz 1 BGB auch von einzelnen ihrer Mitglieder aus eigenem Recht klageweise durchgesetzt werden.
  3. Eine nach § 554 Abs. 3 Satz 1 BGB erforderliche Modernisierungsankündigung muss nicht jede Einzelheit der beabsichtigten Modernisierungsmaßnahme beschreiben und nicht jede mögliche Auswirkung mitteilen. Sie muss lediglich so konkret gefasst sein, dass sie den Informationsbedürfnissen des Mieters Rechnung trägt, das Ziel der beabsichtigten Modernisierung und die zu dessen Erreichung geplanten Maßnahmen zu erfahren, um ihm darüber eine zureichende Kenntnis zu vermitteln, in welcher Weise die Wohnung durch die geplanten Maßnahmen verändert wird und wie sich diese Maßnahmen künftig auf den Mietgebrauch einschließlich etwaiger Verwendungen des Mieters sowie die zu zahlende Miete auswirken.

(amtliche Leitsätze des BGH)

 

Normenkette

BGB § 554 Abs. 2

 

Kommentar

Eine aus mehreren Personen bestehende Eigentümergemeinschaft hatte die Absicht, die in dem Gebäude befindlichen Wohnungen mit Balkonen auszustatten. Die geplante Maßnahme wurde durch die Hausverwaltung gegenüber den Mietern angekündigt. Aus der Modernisierungsankündigung ergab sich,

  • an welcher Stelle der Wohnung der Balkon angebaut wird;
  • die Abmessungen des Freisitzes;
  • dass wegen der erforderlichen Wanddurchbrüche ein Heizkörper entfernt und einige Elektroinstallationen verlegt werden;
  • welche Putz- und Malerarbeiten durchgeführt werden;
  • der voraussichtliche Beginn und die Dauer der Bauzeit sowie
  • die zu erwartende Mieterhöhung.

Da der Mieter die Maßnahme nicht dulden wollte, hat ein Teil der Eigentümer Klage erhoben. Der BGH hatte 3 Fragen zu entscheiden, nämlich

  1. Wie muss der Klageantrag gefasst werden, damit ein der Klage stattgebendes Urteil ergehen kann? (Leitsatz a)
  2. Genügt es bei einer Mehrheit von Vermietern, wenn die Klage nicht von allen, sondern nur von einem Teil der Vermieter erhoben wird? (Leitsatz b)
  3. Welche Anforderungen sind an die Modernisierungsankündigung zu stellen? (Leitsatz c)

1 Hinreichend bestimmter Klageantrag (Leitsatz a)

In der Literatur wird teilweise die Ansicht vertreten, dass sich aus dem Klageantrag alle Einzelheiten der Modernisierungsmaßnahme ergeben müssen (Sternel, Mietrecht aktuell, 4. Aufl. 2009, Rdn. XIV 72; Blank/Börstinghaus, Miete, 3. Aufl. 2008, § 554 Rdn. 45, 64; Gies, NZM 2003 S. 545 f.).

Praxis-Beispiel

Antragsformulierung

Danach genügt es nicht, wenn sich aus dem Antrag lediglich ergibt, dass ein Heizkörper oder Leitungen verlegt werden. Erforderlich ist vielmehr, dass der künftige Standort des Heizkörpers und der Elektroinstallationen aufgeführt werden; gegebenenfalls ist dem Mieter eine Bauskizze zu übermitteln.

Dies beruht auf der Erwägung, dass die Antragsformulierung den Interessen des Mieters dient: Dieser soll eine möglichst genaue Vorstellung über den künftigen Zustand seiner Wohnung erhalten.

Der BGH teilt diese Ansicht nicht. Für den Klageantrag genügt es, wenn dort die Maßnahme so beschrieben wird, dass ein dem Klageantrag entsprechendes Urteil Gegenstand der Zwangsvollstreckung nach § 890 ZPO sein kann. Danach wird die Duldungspflicht des Mieters durch die Verhängung eines Ordnungsgeldes vollstreckt. Hierfür genügt es, wenn der Mieter ungefähr weiß, was er zu dulden hat.

2 Personenmehrheit (Leitsatz b)

Besteht die Vermieterseite aus mehreren Personen, stehen die Ansprüche aus dem Mietverhältnis allen Personen gemeinsam zu. Jedoch kann jeder einzelne Vermieter die Ansprüche aus dem Mietverhältnis alleine einklagen; er darf allerdings nicht Leistung an sich (allein) verlangen, sondern muss den Klageantrag so formulieren, dass der Mieter zur Leistung an alle verurteilt wird (§ 432 BGB). Dies ist etwa für die Beitreibung von Mietrückständen allgemein anerkannt. Für den Anspruch auf Duldung einer Modernisierung gilt nichts anderes.

3 Anforderungen an Modernisierungsankündigung (Leitsatz c)

An den Inhalt der Modernisierungsankündigung werden von einem Teil der Literatur dieselben strengen Anforderungen gestellt wie an den Klageantrag (s. Anm. 1).

Nach Ansicht des BGH gehen diese Anforderungen zu weit. Zwar dient die Modernisierungsankündigung der Information und damit dem Schutz des Mieters. Andererseits dürfen die Anforderungen an die Modernisierungsankündigung nicht dergestalt überspannt werden, dass die Durchführung komplexer Maßnahmen aus formellen Gründen scheitert. Dieses Spannungsverhältnis ist entsprechend den im Leitsatz c formulierten Grundsätzen aufzulösen.

 

Link zur Entscheidung

BGH, Urteil v. 28.9.2011, VIII ZR 242/10, NJW 2012 S. 63

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