Leitsatz

Der Vermieter kann zur Begründung eines Mieterhöhungsverlangens für ein Einfamilienhaus auf einen Mietspiegel, der keine Angaben zu Einfamilienhäusern enthält, jedenfalls dann Bezug nehmen, wenn die geforderte Miete innerhalb der Mietspiegelspanne für Wohnungen in Mehrfamilienhäusern liegt.

(amtlicher Leitsatz des BGH)

 

Normenkette

BGB §§ 558, 558a, 558c

 

Kommentar

Gegenstand des Mietvertrags war ein Einfamilienhaus mit einer Wohnfläche von 128 qm. Die monatliche Nettomiete betrug 511,29 EUR; dies entspricht einem Quadratmeterpreis von 3,99 EUR. Der Vermieter hat die Mieterin auf Zustimmung zur Mieterhöhung auf 613,55 EUR (= 4,79 EUR/qm) in Anspruch genommen. Er hat in dem Mieterhöhungsverlangen auf einen Tabellenmietspiegel Bezug genommen, in dem die Preisspanne für Wohnungen vergleichbarer Art in Mehrfamilienhäusern mit 6,50 bis 7,40 EUR ausgewiesen war. Für Einfamilienhäuser enthielt der Mietspiegel keine Angaben.

Das Berufungsgericht hat die Klage als unzulässig abgewiesen und ausgeführt, dass das Erhöhungsverlangen formell unwirksam sei. Eine Mieterhöhung für ein Einfamilienhaus könne nicht durch Bezugnahme auf einen Mietspiegel begründet werden, wenn dort keine Entgelte für vermietete Einfamilienhäuser ausgewiesen sind.

Der BGH ist anderer Ansicht: Nach § 558 Abs. 2 S. 1 BGB wird die ortsübliche Vergleichsmiete aus den üblichen Entgelten für "Wohnraum vergleichbarer Art, Größe, Ausstattung, Beschaffenheit und Lage" gebildet. Unter dem Merkmal "Art" ist dabei die jeweilige Wohnungskategorie zu verstehen, wobei im Allgemeinen zwischen Alt- und Neubauten, Wohnungen in Mehrfamilienhäusern und vermieteten Einfamilienhäusern unterschieden wird (Börstinghaus in: Schmidt-Futterer, Mietrecht, 9. Aufl. § 558 BGB Rdn. 52). Dies führt zu der Frage, ob ein Mieterhöhungsverlangen für ein Einfamilienhaus mit einem Mietspiegel begründet werden kann, der keine Entgelte für vermietete Einfamilienhäuser ausweist. Die Frage wird in Rechtsprechung und Literatur unterschiedlich beantwortet.

1. Teilweise wird die Ansicht vertreten, dass ein solches Mieterhöhungsverlangen formell unwirksam ist; eine hierauf gestützte Zustimmungsklage ist unzulässig (LG Gera, WuM 2002, 497; LG Hamburg, WuM 2002, 698; LG Hagen, WuM 1997, 331; AG Schwelm, WuM 1995, 592; Börstinghaus in: Schmidt-Futterer, Mietrecht, 9. Aufl. § 558a BGB Rdn. 35; Emmerich in: Staudinger (2006), § 558a BGB Rdn. 24; Lammel, Wohnraummietrecht § 558a BGB Rdn. 27; Palandt/Weidenkaff, § 558a BGB Rdn. 8). Für diese Meinung spricht der Wortlaut der gesetzlichen Regelungen und die Tatsache, dass die Mietpreise für die Kategorie "Einfamilienhaus" statistisch kaum zu erfassen sind, weil hierunter jede vom Mieter allein genutzte Immobilie von der Luxusvilla bis zur Nissenhütte fällt.

2. Nach anderer Meinung ist ein so begründetes Mieterhöhungsverlangen formell wirksam, weil ein für Mehrfamilienhäuser geltender Mietspiegel auch Anhaltspunkte für die Mietpreise von Einfamilienhäusern gibt. Allerdings dürfen die in dem Mietspiegel ausgewiesenen Werte nicht überschritten werden. Diese Ansicht beruht auf der Erwägung, dass der Mieter bei einer solchen Mieterhöhung nicht benachteiligt wird, weil für Einfamilienhäuser ein höherer Mietpreis bezahlt wird als für eine Wohnung in einem Mehrfamilienhaus (LG Mönchengladbach, ZMR 1997, 600; LG Hagen, ZMR 1997, 474; Kniep, NZM 2000, 166; Artz in: MüKomm § 558a BGB Rdn. 17).

Der BGH folgt der unter Ziffer 2 dargestellten Ansicht. Die Miete für ein Einfamilienhaus liege erfahrungsgemäß in der Regel über der Miete von Wohnungen in Mehrfamilienhäusern. Zwar könne im Einzelfall etwas anderes gelten. Diese Besonderheit müsse jedoch vom Mieter vorgetragen werden. Im Entscheidungsfall sei hierfür nichts ersichtlich.

 

Link zur Entscheidung

BGH, Urteil vom 17.09.2008, VIII ZR 58/08, NZM 2009, 27 m. Anm. Börstinghaus, jurisPR-MietR 26/2008 Anm. 2

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