Entscheidungsstichwort (Thema)

Krankenversicherung. Entstehen des Anspruchs auf Krankengeld. Einschätzung als arbeitsunfähig in Entlassungsmitteilung einer (Reha-)Klinik kann Feststellung iSv § 46 Abs 1 Nr 2 SGB 5 sein und zur Aufrechterhaltung der Mitgliedschaft genügen

 

Leitsatz (amtlich)

In der ärztlichen Mitteilung, der Versicherte werde arbeitsunfähig aus der (Rehabilitations-)Klinik entlassen, kann die Feststellung der Arbeitsunfähigkeit iS von § 46 Abs 1 Nr 2 SGB V zu sehen sein. Dies kann nach § 192 SGB V für die Aufrechterhaltung der Mitgliedschaft eines versicherungspflichtigen Beziehers von Krankengeld genügen.

 

Tenor

Der Beschluss des Sozialgerichts Halle vom 8. Oktober 2015 wird aufgehoben.

Dem Kläger wird Prozesskostenhilfe unter Beiordnung von Rechtsanwältin W. für die Durchführung des Klageverfahrens vor dem Sozialgericht Halle bewilligt.

Kosten sind nicht zu erstatten.

 

Gründe

I.

Der Kläger, Antragsteller und Beschwerdeführer (im Weiteren: der Kläger) wendet sich gegen die Ablehnung von Prozesskostenhilfe mangels Erfolgsaussichten durch das Sozialgericht. In der Sache streiten die Beteiligten über die Weitergewährung von Krankengeld ab dem 26. März 2014.

Ab dem 19. November 2013 war der Kläger arbeitsunfähig und bezog Krankengeld. Zum 31. Dezember 2013 wurde sein versicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis von seinem Arbeitgeber gekündigt. Vom 8. Januar bis 28. Februar 2014 bezog der Kläger Arbeitslosengeld. Dr. S. bescheinigte ihm vom 30. Januar bis 21. März 2014 Arbeitsunfähigkeit, weshalb er Krankengeld erhielt. Vom 26. Februar bis 26. März 2014 nahm der Kläger an einer Anschlussrehabilitation in der Klinik W. teil. Die Entlassung erfolgte als arbeitsunfähig. Am 31. März 2014 suchte er erneut Dr. S. auf, die ihm rückwirkend Arbeitsunfähigkeit seit dem 30. Januar 2014 bescheinigte.

Mit Bescheid vom 4. April 2014 lehnte die Beklagte die weitere Gewährung von Krankengeld ab und wies darauf hin, dass der Kläger ab dem 26. März 2014 keinen Anspruch mehr auf eine beitragsfreie Mitgliedschaft mit Krankengeldanspruch gehabt habe. Mit Widerspruchsbescheid vom 28. Mai 2014 wies sie den hiergegen eingelegten Widerspruch zurück und wiederholte ihre bisherige Begründung.

Dagegen hat der Kläger mit einem am 17. Juni 2014 am Sozialgericht Altenburg eingegangenen Schreiben Klage erhoben. Zur Begründung hat er darauf hingewiesen, dass seine Hausärztin ihn rückwirkend ab dem 27. März 2014 arbeitsunfähig geschrieben habe. Im Weiteren hat er ausgeführt, er sei zu Beginn der Arbeitsunfähigkeit arbeitslos gewesen und habe Leistungen nach dem SGB III bezogen. Der Anspruch auf Krankengeld habe lediglich nach § 49 Abs. 1 Nr. 5 SGB V geruht. Da die Arbeitsunfähigkeit nachträglich gemeldet worden sei, lebe der Anspruch wieder auf.

Wegen der bestehenden Arbeitsunfähigkeit habe er sich auch nicht erneut beim Arbeitsamt als arbeitslos der Arbeitsvermittlung zur Verfügung stellen können. Die Beklagte hätte ihn auch auf die Folgen seines Handelns hinweisen müssen.

In einem Befundbericht vom 7. September 2014 bestätigte Dr. S., dass der Kläger vom 30. Januar 2014 bis 11. Juni 2014 nach ihren Aufzeichnungen arbeitsunfähig gewesen sei.

Das Sozialgericht hat ein Gutachten von dem Orthopäden Dr. W. eingeholt. Dieser hat ausgeführt, es sei mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit von einer Arbeitsunfähigkeit auch ab dem 27. März 2014 auszugehen. Allerdings sei nicht ersichtlich, warum der Kläger am 27. März 2014 keinen Arzt aufgesucht habe. Die Beklagte hat darauf hingewiesen, dass der Kläger ab dem 27. März 2014 familienversichert gewesen sei. Der Kläger hat darauf aufmerksam gemacht, dass ihm dies erst am 16. Juni 2014 mitgeteilt worden sei.

Nach Anhörung hat das Sozialgericht Altenburg das Verfahren an das örtlich zuständige Sozialgericht Halle verwiesen.

Am 28. April 2015 hat der Kläger die Gewährung von Prozesskostenhilfe beantragt. Dies hat das Sozialgericht Halle mit Beschluss vom 3. September 2015 mangels Erfolgsaussichten abgelehnt und ausgeführt, dass die gem. § 192 SGB V aufrecht erhaltene Mitgliedschaft des Klägers mit Krankengeldberechtigung mangels weiterer Feststellungen der Arbeitsunfähigkeit ab 26. März 2014 beendet worden sei. Auf Geschäfts- oder Handlungsunfähigkeit oder sonstige Hinderungsgründe, einen Arzt aufzusuchen, existierten keine Hinweise. Für spontane Hinweispflichten der Krankenkasse ergebe sich hier ebenfalls kein Anhaltspunkt. Auch ein nachwirkender Versicherungsschutz gem. § 19 SGB V scheide aus, da die Familienversicherung des Klägers gem. Abs. 2 dieser Vorschrift vorrangig sei.

Gegen den ihm am 8. September 2015 zugestellten Beschluss hat der Kläger am 8. Oktober 2015 Beschwerde eingelegt und erneut auf § 49 Abs. 1 Nr. 5 SGB V hingewiesen.

Der Kläger beantragt,

den Beschluss des Sozialgerichts Halle vom 8. Oktober 2015 aufzuheben und ihm Prozesskostenhilfe unter Beiordnung von Rechtsanwältin W. für die Durchführung des Klageverfahrens vor dem Sozialgericht Halle zu bewilligen.

Der Beklagte hat sich...

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