Entscheidungsstichwort (Thema)

Anspruch auf Weitergewährung des Gründungszuschusses

 

Orientierungssatz

1. Nach §§ 422 Abs. 2, 94 Abs. 2 SGB 3 kann der von der Agentur für Arbeit bewilligte Gründungszuschuss für weitere neun Monate mit jeweils 300.- €. gewährt werden, wenn die geförderte Person ihre Geschäftstätigkeit anhand geeigneter Unterlagen darlegt.

2. Ziele der zweiten Förderphase des Gründungszuschusses sind die Stärkung der Nachhaltigkeit der Gründung und die soziale Absicherung des Gründers. Die Weitergewährung kann damit abgelehnt werden, wenn die Absicherung schon über die eigenen Einnahmen aus der geförderten Geschäftstätigkeit gewährleistet ist.

3. Ein Förderungsbedarf besteht dann nicht, wenn das erzielte Einkommen zur sozialen Sicherung ausreicht. Erzielt der Existenzgründer nach Ablauf der ersten Förderphase ein hohes Einkommen, so sind die Regelannahmen des Gesetzgebers widerlegt. Der Weitergewährungsantrag ist in einem solchen Fall abzulehnen.

 

Tenor

1. Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Sozialgerichts Speyer vom 08.04.2014 - S 5 AL 396/12 - aufgehoben. Die Beklagte wird unter Aufhebung ihres Bescheids vom 27.09.2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 09.10.2012 verpflichtet, den Antrag des Klägers auf Weitergewährung des Gründungszuschusses ab dem 15.07.2012 unter Beachtung der Rechtsauffassung des Senates neu zu bescheiden.

2. Die Beklagte hat dem Kläger die notwendigen außergerichtlichen Kosten des Berufungsverfahrens sowie die Hälfte der notwendigen außergerichtlichen Kosten des Klageverfahrens zu erstatten.

 

Tatbestand

Der Kläger wendet sich gegen die Ablehnung der Weitergewährung des ihm bis zum 14.07.2012 bewilligten Gründungszuschusses (GZ).

Der Kläger hat sich zum 15.01.2012 mit der Unternehmensberatung “T P C " selbständig gemacht. Auf seinen Antrag vom 08.12.2011 war ihm mit Bescheid vom 20.02.2012 für die Zeit vom 15.01.2012 bis zum 14.07.2012 zur Aufnahme einer selbständigen Tätigkeit ein GZ in Höhe von (iHv) monatlich 2.568,00 € - einschließlich einer monatlichen Pauschale iHv 300,00 € zur sozialen Sicherung - als Zuschuss bewilligt worden.

Auf die Anforderung des Klägers vom 28.06.2012 ist ihm der Formularantrag auf Weitergewährung des GZ zugesandt worden. Dieser ging mit Datum vom 21.08.2012 bei der Beklagten am 22.08.2012 ein. Der auf die Aufforderung der Beklagten vorgelegten Gewinn- und Verlustrechnung ist für Januar 2012 ein Verlust iHv 1.666,00 € sowie für die Monate Februar bis Juni 2012 ein monatlicher Gewinn iHv 8.333,00 € zu entnehmen.

Mit Bescheid vom 27.09.2012 lehnte die Beklagte die Weiterbewilligung des GZ ab. Ein GZ könne für weitere neun Monate iHv monatlich 300,00 € gewährt werden, wenn die geförderte Person ihre Geschäftstätigkeit anhand geeigneter Unterlagen nachweise. Der Gewinn habe ausweislich der vorliegenden Unterlagen in den letzten drei Monaten der Existenzgründung im Schnitt 8.333,00 € betragen, so dass sich die Geschäftstätigkeit des Klägers derart gefestigt und am Markt bewährt habe, dass er seinen Lebensunterhalt allein aus der selbständigen Tätigkeit bestreiten könne. Die Weitergewährung des GZ sei daher abzulehnen.

Mit seinem hiergegen gerichteten Widerspruch machte der Kläger geltend, richtig sei, dass er erfreulicherweise einen monatlichen Gewinn iHv 8.333,00 € in den letzten drei Monaten ausgewiesen habe. Jedoch sei dieser durch seine Beratertätigkeit in nur zwei Firmen erwirtschaftet worden. Seine Beratertätigkeit könne firmenseitig jederzeit ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist beendet werden. Damit sei sie nicht als gefestigt anzusehen. Auch habe er darauf hingewiesen, dass zur Etablierung eines nachhaltigen Geschäftsmodells eine breite Kundenbasis notwendig sei. Zudem gebe er zu bedenken, dass es sich bei den beiden von ihm beratenen Firmen um Unternehmen der Biotechnologieindustrie handele, die keine Umsätze erwirtschafteten, sondern ihre Ausgaben allein durch das von Wagniskapitalinvestoren bereitgestellte Kapital deckten mit der Folge eines erheblichen finanziellen Risikos. Bei beiden Firmen sei das Kapital in absehbarer Zeit aufgebraucht, so dass derzeit - mit unklarem Ausgang - Gespräche mit Investoren zur Weiterfinanzierung geführt würden. In den Unterlagen zur Weitergewährung des Gründungzuschusses werde als Kriterium der Nachweis einer intensiven Geschäftstätigkeit und einer hauptberuflichen unternehmerischen Aktivität gefordert. Dies sei seinerseits erfolgt. Das Kriterium der gefestigten Geschäftstätigkeit als Ablehnungsgrund sei ihm nicht bekannt. Selbst wenn es als ein zulässiges Kriterium anzusehen sei, gebe er zu bedenken, dass angesichts seiner besonderen Situation dieses Kriterium nicht erfüllt sei.

Der Widerspruch wurde mit Widerspruchsbescheid vom 09.10.2012 im Wesentlichen mit der Begründung zurückgewiesen, um die Nachhaltigkeit der Gründung zu stärken, könne gemäß § 93 Abs 2 Drittes Buch Sozialgesetzbuch (SGB III) zur sozialen Absicherung der GZ für weitere neun Monate iHv 300,00 € gewährt werden. Ein Rech...

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