nicht-rechtskräftig

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Berufsförderungsmaßnahmen. Zuständigkeit. Subsidiaritätsklausel

 

Leitsatz (amtlich)

1. § 13 Abs. 3 AVG ist auch nach der Neufassung des § 57 AFG durch das RehaAnglG in vollem Umfange anwendbar.

2. Die Subsidiaritätsklausel des § 57 AFG wird nicht schon dann wirksam, wenn ein anderer Rehabilitationsträger zur Entscheidung über sie Gewährung von berufsfördernden Maßnahmen zuständig ist, sondern erst wenn für diesen Rehabilitationsträger auch eine Leistungsverpflichtung besteht.

 

Normenkette

AVG § 13 Abs. 3; AFG § 57

 

Verfahrensgang

SG Speyer (Urteil vom 12.07.1976; Aktenzeichen S 9 A 59/76)

 

Nachgehend

BSG (Urteil vom 14.09.1978; Aktenzeichen 11 RA 70/77)

 

Tenor

1. Die Berufung der Beigeladenen gegen das Urteil des Sozialgerichts Speyer vom 12. Juli 1976 wird zurückgewiesen.

2. Die Beigeladene hat die der Klägerin im Berufungsverfahren entstandenen außergerichtlichen Kosten zu erstatten. Im Übrigen sind außergerichtliche Kosten nicht zu ersetzen.

3. Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die 1955 geborene Klägerin besitzt die mittlere Reife und ist in Stenografie, Schreibmaschinenschreiben und Buchhaltung ausgebildet. Eine 1970 begonnene Lehre als Zahnarzthelferin gab sie aus privaten Gründen auf. Die im August 1974 angefangene Lehre als Kinderkrankenschwester mußte sie im März 1975 aus gesundheitlichen Gründen abbrechen und im Juli 1975 endgültig aufgeben. Im gleichen Monat beantragte sie beim Arbeitsamt Neustadt/Weinstraße die Einleitung berufsfördernder Maßnahmen und bezog sich dazu auf eine Bescheinigung des Dermatologen Dr. W. in K. vom 10. Juli 1975, der angab, die Klägerin leide an einer konstitutionell bedingten Hautveränderung, einer sogenannten Dyshidrosis simplex, die nicht berufsbedingt sei und unabhängig von jeder beruflichen Tätigkeit chronisch verlaufen könne. Auf Ersuchen des Arbeitsamtes erklärte sich die Beklagte am 5. August 1975 zur Durchführung der beantragten berufsfördernden Maßnahmen für zuständig.

In einem vom Arbeitsamt eingeholten Gutachten vom 5. August 1975 legte Medizinaldirektor Dr. We. in N. dar, bei der Hauterkrankung der Klägerin handele es sich um einen zu Rückfällen neigenden Bläschenausschlag an Händen und Füßen. Die Klägerin könne nur körperlich leichte, trockene und saubere Arbeiten ausführen; als Verkäuferin, zahnärztliche Helferin und Kinderkrankenschwester sei sie nicht einsatzfähig, wohl aber als Bürokaufmann. Der Dermatologe Dr. D. in N.t/… führte in seinem auf Veranlassung der Beklagten erstatteten Gutachten vom 3. November 1975 aus, bei der Klägerin bestehe seit etwa 12 Jahren eine Dyshidrose simplex, die immer wieder, unabhängig von jeder beruflichen Tätigkeit, in Schüben auftrete, aber durch entsprechende ärztliche Behandlung jeweils schnell zum Rückgang zu bringen sei, ohne daß jedoch Rezidive verhindert werden könnten. Aufgrund der Erkrankung sei die Klägerin in der Lage, jede ihr angebotene Tätigkeit auszuüben, bei der sie nicht mit Putzmitteln in Berührung komme.

Durch Bescheid vom 18. November 1975 lehnte die Beklagte den Antrag ab, weil die Klägerin die Krankheit in die Sozialversicherung eingebracht, keinen Beruf erlernt habe und somit auf den allgemeinen Arbeitsmarkt zu verweisen sei. Sie habe verfehlte Berufswahlen getroffen, für welche die Solidargemeinschaft der Versicherten nicht eintreten müsse. Den Widerspruch wies die Beklagte durch Bescheid vom 17. Februar 1976 zurück, wobei sie zusätzlich darlegte, daß sie aufgrund ihrer Rahmengrundsätze zur Durchführung berufsfördernder Maßnahmen auch dann nicht verpflichtet sei, wenn es sich um eine Erstausbildung für einen Beruf handele, die insbesondere vorliege, wenn die körperliche Behinderung bereits vor Beginn der Berufsausbildung bestehe und diese innerhalb von zwei Jahren aufgegeben werde.

Im Klageverfahren, in dem die Klägerin ihren Anspruch weiterverfolgte, hat das Sozialgericht Speyer (SG) zunächst die Bundesanstalt für Arbeit beigeladen und diese dann am 12. Juli 1976 verurteilt, der Klägerin über ihren Antrag einen Bescheid zu erteilen. Dazu hat es im wesentlichen ausgeführt: Aus der Tatsache, daß sich die Beklagte gegenüber der Beigeladenen zur Durchführung der von der Klägerin beantragten Maßnahmen für zuständig erklärt habe, ergebe sich nicht, daß sie derartige Maßnahmen erbringen müsse. Bei den von ihr nach dem Angestelltenversicherungsgesetz (AVG) zu erbringenden Rehabilitationsmaßnahmen handele es sich um Ermessensleistungen. Im Rahmen dieses Ermessens habe sie aber zu Recht und mit nicht zu beanstandenden Gründen eine Leistungsgewährung abgelehnt. Daraus folge, daß nunmehr die Beigeladene zur Leistung verpflichtet sei. § 57 des Arbeitsförderungsgesetzes (AFG) enthalte zwar hinsichtlich der Leistungspflicht der Beigeladenen eine Subsidiaritätsklausel. Diese komme jedoch nur zur Anwendung, wenn durch einen anderen zuständigen Rehabilitationsträger die gewährte Leistung tatsächlich erbracht worden sei. Da die Beklagte jedoch die von der Klägerin begehrten...

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