Entscheidungsstichwort (Thema)

Vermittlungsgutschein. Vergütungsanspruch des privaten Arbeitsvermittlers. wirtschaftliche bzw personelle Verflechtung zwischen Vermittler und Arbeitgeber. Vermittlung des Arbeitnehmers an den eigenen Arbeitgeber

 

Orientierungssatz

1. Ein Vermittlungsmakler hat trotz Vorlage eines Vermittlungsgutscheins keinen Anspruch auf Vergütung gegen die Bundesagentur für Arbeit, wenn er mit dem Arbeitgeber des "vermittelten" Arbeitnehmers wirtschaftlich verflochten ist (vgl BSG vom 6.4.2006 - B 7a AL 56/05 R = SozR 4-4300 § 421g Nr 1).

2. Eine zum Ausschluss der Vermittlungsprovision führende Verflechtung zwischen dem Vermittler und dem Arbeitgeber des vermittelten Arbeitnehmers liegt nicht vor, wenn der Vermittler den Arbeitnehmer zwar an seinen eigenen Arbeitgeber vermittelt hat, er jedoch weder vertretungsberechtigtes Organ des Arbeitgebers ist, noch am Kapital des Arbeitgebers beteiligt ist und keine personale Entscheidungskompetenz innerhalb des Unternehmens des Arbeitgebers hat.

 

Nachgehend

BSG (Urteil vom 06.05.2008; Aktenzeichen B 7/7a AL 8/07 R)

 

Tatbestand

Streitig ist, ob die Klägerin Anspruch auf Auszahlung einer Vermittlungsprovision gemäß § 421 g Sozialgesetzbuch Drittes Buch (SGB III) hat.

Die 1964 geborene M L (AN) war vom 23.07.2001 bis zum 22.07.2002 als "Telefonkontakterin" bei der Firma F & S, Gesellschaft für D GmbH, O, tätig. Am 29.07.2002 meldete sie sich bei der Beklagten arbeitslos.

Die Beklagte erteilte der AN am 10.11.2003 einen bis zum 09.02.2004 gültigen Vermittlungsgutschein in Höhe von 2.500,00 Euro. Am 03.11.2003 unterzeichnete die AN einen Vermittlungsvertrag mit der Klägerin, die am 02.10.2003 ein Gewerbe als "selbständige Arbeitsvermittlerin" angemeldet hatte.

Dem Vermittlungsvertrag zufolge erteilte die AN der Klägerin den rechtsverbindlichen Auftrag zur Vermittlung eines Arbeitsplatzes. Hierfür stellte die AN alle zur Erstellung eines "Bewerberprofils" erforderlichen Daten zur Verfügung. Unter Punkt 3.1 des Vertrages ist ausgeführt, dass die Klägerin für ihre erfolgreiche Vermittlungstätigkeit 2.500,00 Euro erhalten sollte und falls die AN Anspruch auf einen Vermittlungsgutschein der Beklagten habe, dieser zur Abgeltung des Vergütungsanspruches der Klägerin dienen sollte.

Am 10.11.2003 nahm die AN eine unbefristete Beschäftigung bei der Firma A Personaldienstleistungen GmbH, B, auf. Das AV endete am 31.12.2004. Die Klägerin selbst war seit dem 28.07.2003 bei der Firma A als Arbeitnehmerin im Produktionsbereich (Kleinteilmontage) beschäftigt. Die Firma A stellte der Klägerin am 13.11.2003 eine Vermittlungsbestätigung aus.

Mit Schreiben vom 14.11.2003 beantragte die Klägerin bei der Beklagten die Auszahlung der Vermittlungsprovision, weil die AN von ihr in ein sozialversicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis vermittelt worden sei.

Mit Bescheid vom 21.11.2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12.01.2004 lehnte die Beklagte die Zahlung der begehrten Vermittlungsvergütung ab, weil die Klägerin selbst Arbeitnehmerin der Firma A sei und mithin eine Vermittlung im Sinne des Gesetzes nicht vorliege.

Das Sozialgericht (SG) Speyer hat die Klägerin angehört und die Beklagte mit Urteil vom 26.04.2005 unter Aufhebung des angefochtenen Bescheides verurteilt, der Klägerin eine Vermittlungsvergütung in Höhe von 2.500,00 Euro zu zahlen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, dass eine Verflechtung der Klägerin mit der Firma A, die zum Ausschluss eines Vergütungsanspruches führen würde, nicht vorläge. Die Klägerin sei nicht in der Verwaltung der Firma A integriert. Sie sei von ihrer Arbeitgeberin weder beauftragt noch bevollmächtigt gewesen, für diese Leiharbeitnehmer anzuwerben oder einzustellen. Ein Interessenkonflikt läge daher nicht vor.

Gegen das ihr am 15.06.2005 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 01.07.2005 Berufung eingelegt.

Sie trägt im Wesentlichen vor:

Es sei bereits nicht nachgewiesen, dass die Firma A Personaldienstleistungen GmbH mit der AN einen Arbeitsvertrag auf Vermittlung der Klägerin geschlossen habe. Zum Begriff der Vermittlung gehöre außerdem, dass ein Dritter tätig geworden sei. Dritter sei ein privater Vermittler indessen nur, wenn er von den Vertragsparteien verschieden und unabhängig sei. Dies sei aber nicht der Fall, wenn er - wie hier - Arbeitnehmer des potenziellen Arbeitgebers sei. Der Vermittlungsbestätigung der Firma A vom 13.11.2003 komme aus diesen Gründen keine Beweiskraft zu. Die Bestätigung der Firma beruhe auf einer fehlerhaften Wertung in der Laiensphäre. Der Leiter der Niederlassung B der Firma A werde dies bestätigen, wenn er als Zeuge zu den Umständen der behaupteten Vermittlung befragt werde. Deswegen beantrage sie, sowohl den Leiter der Niederlassung B der Firma A als auch die AN zu den Umständen der Vermittlung zu hören.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Speyer vom 26.04.2005 - S 1 AL 71/04 - aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

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