Entscheidungsstichwort (Thema)

Abgrenzung der selbständigen Tätigkeit von der abhängigen Beschäftigung bei dem Berater einer GmbH

 

Orientierungssatz

1. Bei der Abgrenzung der abhängigen Beschäftigung von der selbständigen Tätigkeit ist von Ersterer auszugehen, wenn die Tätigkeit in einem Arbeitsverhältnis unter einer Weisungsgebundenheit verrichtet wird und eine Eingliederung in einen fremden Betrieb vorliegt. Demgegenüber ist eine selbständige Tätigkeit durch das eigene Unternehmerrisiko, eine eigene Betriebsstätte, die Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft und die im Wesentlichen frei gestaltete Tätigkeit und Arbeitszeit gekennzeichnet.

2. Ist ein Berater auf honorarvertraglicher Grundlage für eine GmbH tätig, erfolgt die Vergütung nach einem pro Beratungstag vereinbarten Betrag, kann er Arbeitszeit und Arbeitsort eigenverantwortlich bestimmen, ist er nur in geringem Umfang gegenüber dem Auftraggeber weisungsgebunden, besteht keine wesentliche Eingliederung in die Organisation des Arbeitgebers und besteht kein Anspruch auf Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall, so ist von dem Bestehen einer selbständigen Tätigkeit auszugehen.

3. Demgegenüber ist von untergeordneter Bedeutung, wenn der Berater über keine eigene Betriebsstätte verfügt und kein nennenswertes unternehmerisches Risiko zu tragen hat.

 

Tenor

Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Sozialgerichts Köln vom 30.9.2015 geändert. Der Bescheid vom 20.2.2014 in der Gestalt des Widerspruchbescheides vom 31.7.2014 wird aufgehoben soweit die Beklagte die Versicherungspflicht der Beigeladenen zu 1) in der gesetzlichen Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung festgestellt hat. Es wird festgestellt, dass die Beigeladene zu 1) in ihrer für die Klägerin im Zeitraum vom 1.11.2013 bis zum 31.5.2015 ausgeübten Tätigkeit nicht der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung unterlegen hat.

Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen mit Ausnahme der Kosten der Beigeladenen, die ihre Kosten selbst zu tragen haben.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Streitwert für das Berufungsverfahren: 5.000,00 EUR.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten im Rahmen eines Statusfeststellungsverfahrens (§ 7a Abs. 1 Satz 1 Sozialgesetzbuch Viertes Buch [SGB IV]) über die Versicherungspflicht der Beigeladenen zu 1) in der gesetzlichen Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung wegen einer für die Klägerin in dem Zeitraum vom 1.11.2013 bis zum 31.5.2015 ausgeübten Tätigkeit.

Die Klägerin, eine in C ansässige und im Handelsregister des Amtsgerichts (AG) Köln eingetragene (HRB 003) Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH), betreibt einen Fachverlag für branchenbezogene und private Informationsdienste. Sie verlegt neben Medien aus dem Gesundheitssektor etwa 25 fachbezogene Veröffentlichungen aus dem Bereich Wirtschaft, insbesondere Börsen-Newsletter für private Investoren. Sie ist Teil einer Verlagsgruppe, zu der auch der W Verlag für die E Aktiengesellschaft, C (AG C - HRB 000) sowie bis zum 31.12.2013 die D GmbH, C (vormals AG C - HRB 002; jetzt AG Passau - HRB 001), gehörten.

Die am 00.00.1960 geborene Beigeladene zu 1) verfügt über einen Magisterabschluss in den Studiengängen Politik, Geschichte und Germanistik. Sie nahm am 1.5.1997 eine Beschäftigung bei der Klägerin auf (Anstellungsvertrag v. 6.5.1997). Nachdem die Beigeladene zu 1) bis Ende Januar 2008 eine Tätigkeit als Verlagsleiterin und Prokuristin ausgeübt hatte, berief sie die Gesellschafterversammlung mit Beschluss vom 30.1.2008 neben dem bereits zuvor hierzu bestellten Herrn H zur weiteren einzelvertretungsberechtigten Geschäftsführerin der Klägerin. Nach einer länger andauernden Erkrankungsphase wurde das Beschäftigungsverhältnis zwischen der Klägerin und der Beigeladenen zu 1) einvernehmlich mit Wirkung zum 31.10.2013 aufgehoben (Aufhebungsvereinbarung v. 31.10.2013).

Im Zeitraum vom 1.11.2013 bis zum 31.5.2015 arbeiteten die Klägerin und die Beigeladene zu 1) auf honorarvertraglicher Grundlage zusammen. Zur Ausgestaltung der Auftragsbeziehung schlossen die Klägerin als "Auftraggeber" und die Beigeladene zu 1) als "Auftragnehmer" am 31.10.2013 einen "Beratungsvertrag" mit folgendem Inhalt:

"1. Der Auftragnehmer berät und unterstützt die G Verlag GmbH bei der konzeptionellen Entwicklung neuer und bestehender Publikationen sowie bei der Entwicklung neuer Werbekonzepte.

2. Die Aufgaben des Auftragnehmers umfassen:

- Produkt-Audits

- kontinuierliche Suche von neuen Chefanalysen und Werbetextern

- Finden von Produktideen

- Begutachtung bestehender Publikationen

- Begutachtung neuer Werbekonzepte

- weitere Aufgaben nach Absprache

3. Weiteres regelt eine Preisliste: Die für 2013/2014 gültige Preisliste ist in der Anlage dem Beratungsvertrag beigefügt.

4. Der Auftragnehmer rechnet nach Beratungstagen ab. Der Auftragnehmer erhält für die Tätigkeit in den unter Punkt 2. genannten Bereichen ein Beratungshonorar in Hö...

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