Entscheidungsstichwort (Thema)

gesetzliche Unfallversicherung. Verletztenrente. mehrere Arbeitsunfälle. gesonderte Feststellung. Minderung der Erwerbsfähigkeit

 

Orientierungssatz

Zum Nichtvorliegen eines Anspruchs auf Zahlung einer Verletztenrente aufgrund zweier Arbeitsunfälle, weil weder der erste noch der zweite Arbeitsunfall die Erwerbsfähigkeit des Versicherten über die 13. Woche hinaus gemindert hat.

 

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Dortmund vom 19. Juni 1994 wird zurückgewiesen. Kosten sind weder im Berufungs- noch im Revisionsverfahren zu erstatten.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten darüber, ob die Beklagte dem Kläger aufgrund zweier Arbeitsunfälle Verletztenrente gewähren muss.

Der 1944 geborene Kläger war ab Mitte der 80iger Jahre wiederholt wegen degenerativer Erkrankungen der Wirbelsäule (Spondylosis) und eines Nacken-Schulter-Arm-Syndroms (cervicobrachial-Syndrom) arbeitsunfähig erkrankt. Seit 1989 ist eine Rotationsfehlstellung zwischen dem 1. und 2. Halswirbel mit Gelenk- und Bandscheibenverschleiß, besonders im Bereich der Halswirbelkörper (HWK) 2/3, röntgenologisch nachgewiesen. Im selben Jahr wurden lageabhängige Schwindel- und Kollapsneigungen diagnostiziert. Wegen langjähriger Hals- und Lendenwirbelsäulenbeschwerden nahm der Kläger 1989 und 1991 an stationären Heilverfahren in der Klinik am H in Bad S teil.

Am 17. August 1992 verunglückte er bei seiner Tätigkeit als Lkw-Fahrer, als die nach oben gefahrene Lademulde seines Lkw beim Rückwärtsfahren plötzlich nach unten fiel. Durch die Erschütterung wurde er nach oben geschleudert und schlug mit dem Nasenrücken gegen den oberen Rand eines geöffneten Seitenfensters. Dr. T, Chefarzt (CA) der Chirurgischen Abteilung des Kreiskrankenhauses W, nähte am Unfalltag eine Platzwunde am Nasenrücken und vermerkte im Durchgangsarztbericht, dass weder Bewusstlosigkeit noch Erbrechen aufgetreten seien. Am Lkw entstand ein Sachschaden von knapp 14.500,00 DM; der Kläger nahm seine Beschäftigung am 31. August 1992 wieder auf.

Am 24. November 1992 erlitt der Kläger einen zweiten Arbeitsunfall, als eine Baggerschaufel unverhofft herum schlug und ihn am Kopf traf. Benommen stürzte er eine kleine Böschung hinab. Dr. T stellte oberflächliche Hautabschürfungen an der rechten Augenbraue sowie mäßige Kopfschmerzen fest und diagnostizierte eine Schädelprellung mit oberflächlicher Hautabschürfung. Bis zum 21. Dezember 1992 bestand unfallbedingte Arbeitsunfähigkeit; vom 22. Februar bis 05. März und vom 23. März bis zum 09. Juli 1993 war der Kläger wegen eines Zustands nach Schädelprellung krankgeschrieben.

Nachdem er in der Folgezeit über zunehmende Kopfschmerzen sowie Schwindel, Seh- und Hörstörungen geklagt hatte, ließ ihn die Beklagte durch Prof. Dr. T1, CA der Chirurgischen Klinik des J Krankenhauses S, und Dr. L, CA der Neurologischen Abteilung des Kreiskrankenhauses S, untersuchen. In seinem Gutachten vom 28. April 1993 führte Prof. Dr. T1 aus, dass die Erwerbsfähigkeit des Klägers auf seinem Fachgebiet nicht gemindert sei. Dagegen wies Dr. S, Oberarzt (OA) der Chirurgischen Abteilung des Kreiskrankenhauses S, in seiner gutachterlichen Stellungnahme vom 03. August 1993 aus "chirotherapeutischer Sicht" darauf hin, es sei bei dem ersten Arbeitsunfall zu Blockierungen der oberen Halswirbelsäule (HWS) gekommen, die der zweite Arbeitsunfall verschlimmert habe. Bis zur Wiederaufnahme der Lkw-Fahrertätigkeit am 12. Juli 1993 betrage die Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) 20 vom Hundert (v.H.). Dieser Einschätzung schloss sich Dr. L in seinem Gutachten vom 21. August 1993 an und wies darauf hin, dass die chronischen Blockierungen zu Dauerkopfschmerzen und einer depressiven Entwicklung geführt hätten.

Mit Bescheid vom 27. September 1993 lehnte es die Beklagte ab, dem Kläger wegen des ersten Arbeitsunfalls vom 17. August 1992 Verletztenrente zu gewähren, weil über die 13. Woche hinaus keine MdE im rentenberechtigenden Grade vorliege. Dagegen erhob der Kläger am 08. Oktober 1993 Widerspruch. Die Beklagte zog eine Stellungnahme des niedergelassenen Neurologen Dr. L1 aus W vom 26. Oktober 1993 bei, wonach sich der Kläger bei beiden Unfällen die HWS gezerrt habe. Hierdurch hätten sich die vorbestehenden degenerativen Veränderungen der HWS vorübergehend für ca. 1 Jahr verschlimmert, so dass die MdE bis zum 24. November 1993 auf 20 v.H. zu taxieren sei.

Anschließend ließ die Beklagte den Kläger im D Institut für ärztliche Begutachtung untersuchen. Der niedergelassene Chirurg/Unfallchirurg Dr. M und der Orthopäde C verneinten in ihrem Gutachten vom 23. August 1994 verletzungsbedingte Veränderungen der oberen HWS. Selbst wenn sich der Kläger bei dem ersten Arbeitsunfall die HWS gezerrt oder gestaucht habe, sei diese Verletzung innerhalb weniger Wochen folgenlos ausgeheilt. Dasselbe gelte für den zweiten Arbeitsunfall, der ebenfalls keine Funktionseinbußen hinterlassen habe.

Hierauf gestützt lehnte es die Beklagte mit Bescheid vom 19. September 1994 ...

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