Entscheidungsstichwort (Thema)

Hinterbliebenenversorgung. Ausgleichsrente. Einkommensanrechnung. Einkünfte aus Vermietung. Grundlagenbescheid. Anpassungsbescheid. Änderung

 

Orientierungssatz

1. Ein Grundlagenbescheid bleibt für einen Anpassungsbescheid so lange maßgebend, bis der Grundlagenbescheid aufgehoben oder abgeändert worden ist. Ändern sich die für den Grundlagenbescheid maßgeblichen tatsächlichen Verhältnisse nachträglich, bleibt ein Anpassungsbescheid rechtmäßig, bis durch einen auf § 48 SGB X gestützter Änderungsbescheid der Grundlagenbescheid abgeändert wird, also die für den Anpassungsbescheid maßgeblichen Faktoren rechtswirksam geändert sind (vgl BSG Urteil vom 10.02.1993 - 9/9 a RV 43/91 = SozR 3-3660 § 1 Nr 1).

2. Die Regelungen des § 2 AusglV können nicht im Wege einer analogen Anwendung dahingehend ausgelegt werden, daß Mieteinkünfte der Witwe dem Nutzungswert einer selbst genutzten Wohnung gleichzustellen sind und damit anrechnungsfrei bleiben. In der Regel sind die Bestimmungen des § 2 AusglV im Wege einer Analogie nicht auslegungsfähig (vgl BSG Urteil vom 24.04.1980 - 9 RV 78/78), sondern stellen eine in sich abgeschlossene enumerative Aufzählung dar.

3. Bei der Ausgleichsrente handelt es sich um eine Leistung, für die der Grundsatz Subsidiarität der Leistung bei Unzulänglichkeit des eigenen Einkommens maßgebend ist. Der Rechtsnatur nach stellt die Ausgleichsrente daher eine dem Einkommen ihres Empfängers nachgeordnete Hilfe dar (BSG vom 27.03.1974 - 10 RV 113/73 = SozR 3100 § 40a Nr 1).

4. Die Frage, ob eine Vermögensverfügung - vorliegend die Aufgabe der Selbstnutzung des Hauses und dessen Vermietung - mit oder ohne verständigen Grund getroffen worden ist, wird erst dann gestellt werden, wenn durch die Vermögensverfügung das bisher zu berücksichtigende Einkommen bei der Berechnung der Ausgleichsrente gemindert wird (BSG vom 10.02.1993 - 9/9a RV 43/91 = SozR 3-3660 § 1 Nr 1).

5. Für die Bezugsberechtigung einer Ausgleichsrente ist nach der Konzeption des Gesetzes nicht die Höhe und Verwertbarkeit des Vermögens einer Versorgungsberechtigten entscheidend, sondern die Bestimmung des § 33 BVG stellt ausschließlich auf das Einkommen einer Versorgungsberechtigten ab. Deshalb steht es einer Versorgungsberechtigten frei, ihr Vermögen umzuschichten, soweit diese nicht zur Erhöhung der Ausgleichsrente führen. Daher ist eine unentgeltliche Verfügung über ein einkommensrelevantes Vermögenstück mit der Konzeption der Ausgleichsrente vereinbar (vgl BSG vom 10.02.1993 - 9/9a RV 43/91 = SozR 3-3660 § 1 Nr 1).

 

Tatbestand

Die Klägerin wendet sich gegen die Aufhebung der Gewährung von Ausgleichsrente mit Wirkung ab November 1996.

Die Klägerin ist die Witwe des am 05.11.1994 verstorbenen Beschädigten, Herrn J V. Der Beschädigte bezog vom Beklagten eine Versorgungsrente nach einer MdE um 80 % und Berufsschadensausgleich.

Im Juni 1978 erwarben der Beschädigte und die Klägerin je zur Hälfte das Erbbaurecht an dem Grundstück in B mit dem daraufstehenden Wohnhaus. Als Alleinerbin ihrs Ehemannes ist die Klägerin seit dem Tod des Beschädigten alleinige Inhaberin des Erbbaurechtes, dessen Einheitswert laut Einheitswertbescheid vom 15.05.1995 48.800,-- DM beträgt. Zum 01.04.1995 zog die Klägerin in eine Senioreneinrichtung, M 26, B, ein. Die Gesamtmiete für die Wohnung betrug 1241,48 DM für die Dauer von 2 Jahren. Des weiteren schloß die Klägerin mit Wirkung zum 01.02.1997 einen Betreuungsvertrag mit dem Pflegedienst M B gegen ein monatliches Entgelt von 60,-- DM ab. Das Einfamilienhaus vermietete die Klägerin ab 01.07.1995 gegen Zahlung eines monatlichen Mietzinses von 1200,-- DM zuzüglich einer Betriebskostenvorauszahlung von 400,-- DM im Jahr 1996. Den Mietern wurde im Mietvertrag ein Vorkaufsrecht für das Objekt nach dem Tode der Klägerin eingeräumt.

Die Klägerin bezieht vom Beklagten Witwenbeihilfe gemäß § 48 Bundesversorgungsgesetz (BVG). Mit Bescheid vom 04.04.1995 bewilligte der Beklagte der Klägerin des weiteren Ausgleichsrente in Höhe von 74,-- DM ab Dezember 1994 und von 312,-- DM ab März 1995. Bei der Berechnung der Ausgleichsrente rechnete der Beklagte die Altersrente der Klägerin sowie die beiden Witwenrenten von der Landesversicherungsanstalt Westfalen und der Westfälischen Landwirtschaftlichen Alterskasse als Einkommen an.

Im April 1996 ging bei dem Beklagten der Fragebogen zur Einkommensprüfung ein. In diesem Fragebogen gab die Klägerin an, daß sie Mieteinnahmen in Höhe von 1241,-- DM erziele. Auf Anforderung des Beklagten legte die Klägerin den Einheitswertbescheid vom 15.05.1995 sowie die beiden Mietverträge vor.

Mit Bescheid vom 12.06.1996 erhöhte der Beklagte die Ausgleichsrente auf 337,-- DM und stellte einen Zahlbetrag in Höhe von insgesamt 670,-- DM gemäß § 56 BVG fest.

Mit Bescheid vom 11.10.1996 hob der Beklagte den Bescheid vom 12.06.1996 unter Berufung auf § 48 SGB X auf, setzte die Höhe der Ausgleichsrente auf 0,-- DM fest und stellte als Zahlbetrag vorläufig einen Betrag von 445,-- DM ab dem 01...

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