Entscheidungsstichwort (Thema)

Voraussetzungen des Erlasses eines Beitragssummenbescheides durch den Rentenversicherungsträger - einstweiliger Rechtschutz

 

Orientierungssatz

1. Der Rentenversicherungsträger ist nach § 28f Abs. 2 SGB 4 zum Erlass eines Beitragssummenbescheides berechtigt, wenn ein Arbeitgeber die Aufzeichnungspflicht nicht ordnungsgemäß erfüllt hat und dadurch die Versicherungs- oder Beitragspflicht oder die Beitragshöhe nicht festgesetzt werden kann.

2. Zusätzlich ist erforderlich. dass personenbezogene Feststellungen nicht ohne unverhältnismäßig großen Verwaltungsaufwand möglich sind.

3. Bei der hiernach gemäß § 28f Abs. 2 S. 3 und 4 SGB 4 zulässigen Schätzung muss der Rentenversicherungsträger von sachlichen und nachvollziehbaren Erwägungen ausgehen und eigene sozialversicherungsrechtliche Maßstäbe anlegen.

4. Im Betriebsprüfungsverfahren ist eine Aufrechnung mit einem aus eventuellen Zuvielzahlungen an die Arbeitnehmer resultierenden Beitragserstattungsanspruch unzulässig.

 

Tenor

Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Sozialgerichts Düsseldorf vom 13.05.2019 wird zurückgewiesen. Die Antragstellerin trägt auch die Kosten des Beschwerdeverfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen, die ihre außergerichtlichen Kosten selbst tragen. Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 9.443,64 Euro festgesetzt.

 

Gründe

Die zulässige Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Sozialgerichts (SG) Düsseldorf vom 13.5.2019 ist nicht begründet. Das SG hat den Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Anfechtungsklage (anhängig beim SG unter dem Aktenzeichen S 49 BA 304/18) gegen den Bescheid vom 16.12.2016 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 4.12.2018 zu Recht abgelehnt.

Gemäß § 86b Abs. 1 S. 1 Nr. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) kann das Gericht der Hauptsache in den Fällen, in denen Widerspruch oder Anfechtungsklage keine aufschiebende Wirkung haben, diese auf Antrag ganz oder teilweise anordnen bzw. gem. § 86b Abs. 1 S. 2 SGG eine schon vorgenommene Vollziehung aufheben. Widerspruch und Anfechtungsklage gegen die - wie hier erfolgte - Entscheidung über Beitragspflichten und die Anforderung von Beiträgen sowie der darauf entfallenden Nebenkosten haben gem. § 86a Abs. 2 Nr. 1 SGG keine aufschiebende Wirkung. Dies gilt auch für Säumniszuschläge (st. Rspr. des Senats, vgl. z.B. Beschl. v. 11.3.2016 - L 8 R 506/14 B ER - juris Rn. 49 m.w.N.).

Die Entscheidung, ob eine aufschiebende Wirkung ausnahmsweise gem. § 86b Abs. 1 S. 1 Nr. 2 SGG durch das Gericht angeordnet wird, erfolgt aufgrund einer umfassenden Abwägung des Suspensivinteresses des Antragstellers einerseits und des öffentlichen Interesses an der Vollziehung des Verwaltungsakts andererseits. Im Rahmen dieser Interessenabwägung ist in Anlehnung an § 86a Abs. 3 S. 2 SGG zu berücksichtigen, in welchem Ausmaß Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsaktes bestehen (hierzu unter 1.) oder ob die Vollziehung für den Antragsteller eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte (hierzu unter 2.).

1. Da § 86a Abs. 2 Nr. 1 SGG das Vollzugsrisiko bei Beitragsbescheiden grundsätzlich auf den Adressaten verlagert, können nur solche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Bescheides ein überwiegendes Suspensivinteresse begründen, die einen Erfolg des Rechtsbehelfs wahrscheinlich erscheinen lassen. Hierfür reicht es nicht schon aus, dass im Rechtsbehelfsverfahren möglicherweise noch ergänzende Tatsachenfeststellungen zu treffen sind. Maßgebend ist vielmehr, ob nach der Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt der Eilentscheidung mehr für als gegen die Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides spricht (st. Rspr. des Senats, vgl. z.B. Beschl. v. 12.2.2020 - L 8 BA 157/19 B ER - juris Rn. 5 m.w.N.).

Unter Berücksichtigung dieser Maßstäbe ist die aufschiebende Wirkung der Klage nicht anzuordnen, da deren Erfolg nicht überwiegend wahrscheinlich ist. Es spricht nach der im Verfahren auf einstweiligen Rechtsschutz gebotenen summarischen Prüfung derzeit nicht mehr dafür als dagegen, dass sich der von der Antragsgegnerin nach § 28f Abs. 2 Viertes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IV) erlassene Summenbescheid vom 16.12.2016 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 4.12.2018, mit dem sie von der Antragstellerin Beiträge und Umlagen für den Prüfzeitraum vom 1.1.2012 bis 31.12.2015 in Höhe von 37.774,55 Euro einschließlich Säumniszuschlägen von 112,50 Euro nachfordert, im Hauptsacheverfahren als rechtswidrig erweisen wird.

Rechtsgrundlage des aufgrund einer Betriebsprüfung ergangenen Bescheides vom 16.12.2016 und der darin festgesetzten Beitragsnachforderung einschließlich der Säumniszuschläge ist § 28p Abs. 1 S. 1 und S. 5 SGB IV. Danach prüfen die Träger der Rentenversicherung bei den Arbeitgebern, ob diese ihre Meldepflichten und ihre sonstigen Pflichten nach dem SGB IV, die im Zusammenhang mit den Gesamtsozialversicherungsbeiträgen stehen, ordnungsgemäß erfüllen...

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