Entscheidungsstichwort (Thema)

Vertragsarzt. fallwertbezogene Budgetierung der Vergütung spezieller vertragsärztlicher Laborleistungen. Abweichung von den Referenz-Fallwerten. Kassenärztliche Vereinigung. Vorverfahren. Zweckmäßigkeit des Verwaltungsakts. sozialgerichtliches Verfahren. Gewährung von einstweiligem Rechtsschutz

 

Orientierungssatz

1. Für Vertragsärzte, die zur Abrechnung von Laboratoriumsuntersuchungen berechtigt sind und nicht als Fachärzte für Labormedizin, Mikrobiologie und Infektionsepidemiologie, Transfusionsmedizin, Nicht-Laborärzte sowie aufgrund der Arztgruppenzugehörigkeit von nachfolgenden Regelungen erfasst werden, unterliegen die Kostenerstattungen für spezielle Laboratoriumsuntersuchungen des Abschnitts 32.3 EBM (juris: EBM-Ä) einer fallwertbezogenen Budgetierung.

2. Von den Referenz-Fallwerten kann auf Antrag des Vertragsarztes im Einzelfall dergestalt abgewichen werden, dass das sich ergebende fallwertbezogene Laborbudget erweitert, ausgesetzt oder bedarfsgerecht angepasst wird. Voraussetzung ist ein konkret begründeter Antrag, in welchem dargelegt wird, warum eine Abweichung von den Vorgaben der Bundesebene notwendig ist.

3. Im Vorverfahren hat die Kassenärztliche Vereinigung ua über die Zweckmäßigkeit des Verwaltungsaktes zu befinden. Bei einem Ermessensausfall oder -fehlgebrauch auf Ebene der Ausgangsbehörde ist die Widerspruchsbehörde gehalten, selbst Ermessenserwägungen anzustellen und diese ggfs. an die Stelle der Ausgangsbehörde zu setzen. Diese Kompetenz endet mit Abschluss des Widerspruchsverfahrens. Bei Nichtausübung von Ermessen oder bei Ermessensfehlgebrauch ist der ergangene Bescheid auf Antrag aufzuheben.

4. Besteht sonach der für die Gewährung von einstweiligem Rechtsschutz erforderliche Anordnungsanspruch, so muss der Vertragsarzt zur Glaubhaftmachung des weiter erforderlichen Anordnungsgrundes darlegen, personelle und organisatorische Effizienzoptimierungsmaßnahmen ausgeschöpft zu haben, unmittelbar von Insolvenz bedroht zu sein oder zumindest eine nennenswerte Einschränkung seines Praxisbetriebs befürchten zu müssen.

 

Tenor

Auf die Beschwerde der Antragsteller wird der Beschluss des Sozialgerichts Düsseldorf vom 13.05.2014 abgeändert. Die Antragsgegnerin wird im Wege der einstweiligen Anordnung verpflichtet, der Vergütung der speziellen Laborleistungen (Kapitel 32.3 EBM) der Antragsteller bezüglich des Antragstellers zu 3) über den 31.12.2013 hinaus den bis zu diesem Zeitpunkt maßgeblichen Referenzfallwert von 25,09 EUR bis zum rechtskräftigen Abschluss des Hauptsacheverfahrens zugrunde zu legen.

Die Beschwerde der Antragsgegnerin wird zurückgewiesen.

Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des Verfahrens.

 

Gründe

I.

Streitig ist die fallwertbezogene Budgetierung der Vergütung der speziellen Laborleistungen nach Kapitel 32.3 des Einheitlichen Bewertungsmaßstabs für ärztliche Leistungen (EBM) nach Vorgaben der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV).

Die Antragstellerin zu 1) ist ein Medizinisches Versorgungszentrum (MVZ), in dem der Antragsteller zu 3), Facharzt für Innere Medizin mit Schwerpunkt Pneumologie und Zusatzbezeichnung Allergologie, sowie Dr. T, Fachärztin für Innere Medizin mit Schwerpunkt Pneumologie, und Dr. B (vormals Antragstellerin zu 2)), Fachärztin für Allgemeinmedizin mit der Zusatzbezeichnung Allerlogie, als angestellte Ärzte tätig sind. Dr. B und der Antragsteller zu 3) sind zur Abrechnung spezieller Laboruntersuchungen nach Kapitel 32.3 EBM berechtigt.

Nach Teil E Nr. 3.4 der Vorgaben der KBV zur Honorarverteilung gemäß § 87b Abs. 4 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) unterliegen die Kostenerstattungen für spezielle Laboratoriumsuntersuchungen des Abschnitts 32.3 EBM bei "Nicht-Laborärzten" einer fallwertbezogenen Budgetierung. Die Höhe des Budgets ergibt sich aus dem Produkt des für die Arztgruppe vorgegebenen, mit einer bundeseinheitlichen Abstaffelungsquote multiplizierten Referenzfallwertes, der für Pneumologen 4,00 EUR beträgt, und der Zahl der Behandlungsfälle. Die Antragsgegnerin hatte diese Vorgaben zunächst nicht umgesetzt. Vielmehr sah der Honorarverteilungsmaßstab (HVM) für die Quartale III/2013 und IV/2013 für die Arztgruppe der Fachärzte für Innere Medizin mit Schwerpunkt Pneumologie einen nordrheinischen Referenzfallwert von 25,09 EUR vor. Der zum 01.10.2013 in Kraft getretene HVM überträgt mittels § 7 Abs. 2b mit Wirkung zum 01.01.2014 den bundeseinheitlichen Referenzfallwert von 4,00 EUR auf den Zuständigkeitsbereich der Antragsgegnerin.

Die Anträge auf Aussetzung bzw. Anpassung der Mengenbegrenzung im Speziallabor nach Kap. 32.3. EBM des Antragstellers zu 3) und der vormaligen Antragstellerin zu 2) beschied die Antragsgegnerin mit Bescheiden vom 15.01.2014 dahin, dass ab dem 01.01.2014 für Leistungen des Speziallabors (Kap. 32.2 EBM) ein individueller Fallwert in Höhe von 6,90 EUR zugestanden wurde.

Diesen Bescheiden widersprachen die Antragsteller am 17.02.2014. Am 19.03.2014 haben sie beim Sozialgericht (SG) Düsseldorf um einstweiligen ...

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