Entscheidungsstichwort (Thema)

sozialgerichtliches Verfahren. Verschuldenskosten. Missbrauchskosten. altes Recht. neues Recht. Aussichtslosigkeit des Rechtsstreits. subjektive Kenntnis. objektive Sicht eines verständigen Prozessbeteiligten

 

Orientierungssatz

Anders als ihre Vorgängervorschrift § 192 S 1 SGG aF, die die Auferlegung von Verschuldenskosten von einem vorsätzlich missbräuchlichen Verhalten eines Beteiligten durch Mutwillen, Täuschung oder Verschleppung abhängig machte und dabei auch die Fortführung eines objektiv offensichtlich aussichtslosen Verfahrens nur bei subjektiver Kenntnis der Aussichtslosigkeit (Handeln wider bessere Einsicht) sanktionierte, ermächtigt § 192 Abs 1 S 1 Nr 2 SGG idF vom 17.8.2001 das Gericht bereits dann zur Auferlegung von Verschuldenskosten, wenn die Fortführung des Rechtsstreits sich objektiv als offenkundig aussichtlos darstellt und der Beteiligte hierüber und über die mögliche Kostenfolge in der vorgeschriebenen Form belehrt worden ist.

 

Nachgehend

BSG (Beschluss vom 13.07.2004; Aktenzeichen B 2 U 84/04 B)

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten darüber, ob die Berufungsbeklagte auf wiederholten Antrag des Berufungsklägers ihre 1992 ergangenen Bescheide über die Gewährung einer befristeten Verletztenrente wegen der Folgen eines im Oktober 1990 erlittenen Wegeunfalls im Wege der Rücknahme abzuändern und dem Berufungskläger über den 13. Mai 1991 hinaus Verletztenrente zu gewähren hat.

Der 1944 geborene Berufungskläger erlitt am 16. oder 17. Oktober 1990 auf dem Weg zu einer vom Arbeitsamt finanzierten Umschulungsmaßnahme einen Verkehrsunfall, indem auf seinen stehenden Pkw Daimler-Benz Coupé ein VW-Transporter auffuhr. Nach Beschaffung eines Leihwagens nahm der Berufungskläger am Unfalltag noch verspätet an der Umschulungsmaßnahme teil, klagte dann jedoch seit dem Nachmittag über Beschwerden im Bereich der Halswirbelsäule und des Kopfes (leichte Kopfschmerzen und Schwindelneigung), mit denen er am 19. Oktober 1990 den Durchgangsarzt Dr. L aufsuchte. Dieser diagnostizierte ein HWS-Schleudertrauma und versorgte den Berufungskläger mit einer Schanz'schen Krawatte (DA-Bericht vom 19. Oktober 1990, Bl. 1 BA). Auch unter dieser Therapie beklagte der Berufungskläger indessen in der Folgezeit weiter anhaltende Beschwerden im Bereich der Halswirbelsäule (Nachschaubericht des Dr. L vom 02. April 1991 und Zwischenbericht desselben vom 11. April 1991). Der daraufhin hinzugezogene Orthopäde Dr. H diagnostizierte zunächst im April 1991 eine Blockierung im cervice-cephalen Übergangsbereich (Bericht vom 18. April 1991), befundete jedoch im Oktober 1991 eine nunmehr freie Beweglichkeit der Wirbelgelenke bei noch deutlicher Verspannung der cervicalen Muskulatur und endgradigen Bewegungseinschränkungen (Bericht vom 04. Oktober 1991). Auch durchgangsärztlich wurde im Oktober 1991 im Bereich der Halswirbelsäule noch eine schmerzhafte Beweglichkeit ohne stärkere Funktionsstörungen festgestellt (Nachschaubericht des Dr. L vom 28. Oktober 1991).

Zur Vorbereitung ihrer Entscheidung über die Gewährung einer Verletztenrente ließ die Berufungsbeklagte das fachchirurgische Zusammenhangsgutachten des Prof. Dr. D vom 03. März 1992 mit vorbereitendem neurologischen Zusatzgutachten des Dr. S vom 20. Februar 1992 und dessen nach Kernspintomographie vorgenommener Ergänzung vom 04. Mai 1992 erstatten. Während danach Dr. S neben einer flüchtigen medullären Schädigung in Form ... von vorübergehenden Kribbelparästhesien der Hände und Füße unfallabhängige neurologische Schädigungen nicht festzustellen vermochte, stellte Prof. Dr. D bei dem Berufungskläger auf der Grundlage degenerativer Veränderungen im Bereich der Halswirbelsäule eine unfallbedingte vorübergehende Verschlimmerung durch ein Distorsionstrauma der Halswirbelsäule des Schweregrades II fest und schätzte die hierdurch verursachte Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) für einen Zeitraum von 6 Monaten nach Beendigung der unfallbedingten Arbeitsunfähigkeit von maximal 8 Wochen mit 20 v. H. ein.

Mit Bescheid vom 10. Juni 1992 erkannte die Berufungsbeklagte daraufhin als Folge des Wegeunfalls eine

über das Maß der Vorschädigung hinausgehende vorübergehende Bewegungseinschränkung der Halswirbelsäule nach Stauchungsverletzung der Halswirbelsäule

an und sprach dem Berufungskläger für die Zeit vom 14. November 1990 bis zum 13. Mai 1991 Verletztenrente nach einer MdE um 20 v. H. zu. Für die Zeit danach lehnte sie eine Rentengewährung unter Hinweis darauf ab, dass seine Erwerbsfähigkeit nicht mehr in rentenberechtigendem Grade gemindert sei. Den hiergegen am 06. Juli 1992 unter Hinweis auf das noch offene Ergebnis der von der Haftpflichtversicherung des Unfallgegners durchgeführten ärztlichen Ermittlungen eingelegten Widerspruch wies die Berufungsbeklagte mit Widerspruchsbescheid vom 17. Dezember 1992 zurück, nachdem ihr der Haftpflichtversicherer unter dem 14. Oktober 1992 mitgeteilt hatte, dass auch er lediglich vorübergehende, über das Maß der Vorschädigung hinau...

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