Entscheidungsstichwort (Thema)

Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit. Facharbeiter. zumutbare Verweisung. Zigarettenautomatenauffüller

 

Leitsatz (amtlich)

Ein Versicherter, der eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit begehrt und dem der Berufsschutz eines Facharbeiters zusteht, kann nach Maßgabe der niedersächsischen tarifvertraglichen Regelungen nicht zumutbarerweise auf den Beruf eines Zigarettenautomatenauffüllers verwiesen werden.

 

Orientierungssatz

1. Ausschlaggebend für die Zuordnung einer bestimmten Tätigkeit zu einer dieser Gruppen sind nicht allein die Ausbildung, sondern die Qualitätsanforderungen der verrichteten Arbeit insgesamt, dh der aus einer Mehrzahl von Faktoren im Rahmen eines sog "Gesamtbildes" ermittelte Wert der Arbeit für den Betrieb auf der Grundlage der (früher in § 43 Abs 2 S 2 SGB 6 idF vom 24.3.1999 und heute in § 240 Abs 2 S 2 SGB 6) Merkmale der Dauer und des Umfangs der Ausbildung sowie des bisherigen Berufs und der besonderen Anforderungen der bisherigen Berufstätigkeit (vgl BSG vom 20.7.2005 - B 13 RJ 19/04 R).

2. Die abstrakte (tarifvertragliche) Einordnung einer bestimmten Berufstätigkeit in eine Tarifgruppe, in der auch Facharbeiter eingeordnet sind, lässt idR den Schluss zu, dass diese Berufstätigkeit im Geltungsbereich des Tarifvertrags als Facharbeitertätigkeit zu qualifizieren ist. Ausnahmen von diesem Grundsatz gelten lediglich dann, wenn die Einstufung durch qualitätsfremde Merkmale bestimmt ist (vgl BSG vom 20.7.2005 - B 13 RJ 19/04 R).

3. Zum Berufsbild des Zigarettenautomatenauffüllers.

 

Tenor

Auf die Anschlussberufung des Klägers wird die Beklagte verurteilt, dem Kläger Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit auch für den Zeitraum vom 01. Juli bis 31. Oktober 2002 zu gewähren.

Die Berufung der Beklagten wird zurückgewiesen.

Die Beklagte trägt die notwendigen außergerichtlichen Kosten des Klägers auch im Berufungsverfahren.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Beklagte wendet sich mit ihrer Berufung gegen die erstinstanzlich ausgesprochene Verurteilung zur Gewährung einer Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit.

Der 1952 geborene Kläger legte 1969 in der damaligen DDR die Prüfung zum Betriebsschlosser erfolgreich ab. Nach dem Wehrdienst war er von 1973 bis 1976 als Reparaturschlosser und von 1976 bis 1979 als Mechaniker tätig. Ausweislich der Angaben des Klägers in der Anlage zum Rentenantrag musste dieser eine von 1979 bis 1980 ausgeübte Tätigkeit als Kfz-Schlosser aus gesundheitlichen Gründen aufgeben (Bl. 22 VV); aktenkundig ist allerdings auch ein Änderungsvertrag zwischen dem Kläger und seinem damaligen Arbeitgeber J. vom 30. Mai 1980, demzufolge der Kläger ab Juni 1980 aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr als Kraftfahrer in der Abteilung Transport, sondern künftig als Betriebsschlosser in der Abteilung Technik/Werkstatt eingesetzt werden sollte (Bl. 191 GA).

Auch hinsichtlich des weiteren beruflichen Werdegangs gibt es unterschiedliche Angaben: In der Anlage zum Rentenantrag gab der Kläger an, dass er vom 01. Januar 1981 bis zum 31. Juli 1993 als Hausmeister tätig gewesen sei. Demgegenüber ist einer vom Kläger zur Gerichtsakte gereichten Aktennotiz des Kaderleiters der J. vom 30. Juli 1981 zu entnehmen, dass der Kläger ab dem 03. August 1981 im Werkstattbereich leichte Eisenbiegearbeiten durchführen sollte, da seine Arbeitsfähigkeit in der Rückenpartie gemindert und er daher nur für leichte Arbeiten einsetzbar sei. Ein weiterer - vom Kläger und jeweils von dem Kader-, dem Abteilungsleiter und dem Betriebsleiter unterschriebener Aktenvermerk vom 19. November 1981 dokumentiert das Ergebnis einer Aussprache, wonach einem ärztlich befürworteten Antrag auf Schonarbeit dadurch entsprochen werden sollte, dass der Kläger (der sich nach Aktenlage im September 1981 einer Bandscheibenoperation unterzogen hatte) ab dem 23. November 1981 im Betriebsschutz eingesetzt werden sollte.

Jedenfalls in späteren Jahren war der Kläger - abgesehen von vorübergehenden Zeiten der Arbeitslosigkeit - als Hausmeister tätig, und zwar zuletzt vom 15. Mai 1996 bis 30. Juni 2002 bei der K. L. GmbH (im folgenden: K.). Im Rahmen dieses Beschäftigungsverhältnisses wurde er nach der Vergütungsgruppe BAT VII entlohnt.

In den Gästehäusern der K. übernachten schwerpunktmäßig - teilweise noch minderjährige - Schüler aus Berufsschulklassen. Neben den üblichen Tätigkeiten eines Hausmeisters oblag es dem Kläger, gegenüber den Gästen in den Abend- und erforderlichenfalls auch Nachtstunden die Aufgaben einer Aufsichts- und Betreuungsperson wahrzunehmen, namentlich auch Kontrollgänge durchzuführen und auf die Einhaltung der Hausordnung und insbesondere der Nachtruhe zu achten.

Am 10. Oktober 2002 stellte der Kläger der zuvor am 11. März 2002 einen Antrag auf Gewährung einer medizinischen Rehabilitation gestellt hatte, den vorliegend zu beurteilenden Rentenantrag.

Mit Bescheid vom 24. März 2003 in der Fassung d...

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