Entscheidungsstichwort (Thema)

Arbeitslosengeld II. Unterkunftskosten. Wohnungsbeschaffungskosten. Renovierungskosten in neuer Wohnung. Unangemessenheit bei fehlender Bezugsfertigkeit

 

Leitsatz (amtlich)

Aufwendungen zur Renovierung einer neuen Wohnung sind keine Wohnungsbeschaffungskosten, sondern beurteilen sich nach § 22 Abs 1 SGB 2, der auch bei einmaligen Leistungen eingreifen kann.

 

Orientierungssatz

Hat der Arbeitsuchende jedoch eine Wohnung angemietet, die aufgrund notwendiger umfangreicher Renovierungsarbeiten (Tapeten, Fußbodenbeläge) nicht als bezugsfertig bezeichnet werden kann, so sind die Aufwendungen nicht angemessen iS von § 22 Abs 1 S 1 SGB 2.

 

Tenor

Die Beschwerde der Antragsteller gegen den Beschluss des Sozialgerichts Oldenburg vom 17. Oktober 2006 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

 

Gründe

I.

Die Antragsteller begehren von dem Antragsgegner eine einmalige Geldleistung für verschiedenen Anschaffungen, die aus Anlass ihres Umzuges innerhalb ihrer Wohngemeinde von einem Ortsteil in eine Wohnung in einem anderen Ortsteil angefallen sind.

Der im Februar 1977 geborene Antragsteller zu 1. und die im August 1980 geborene Antragstellerin zu 2. sind verheiratet; die im April 1997, Mai 2000 und Mai 2006 geborenen Antragsteller zu 3. bis 5. sind ihre Kinder. Die Antragsteller bewohnten früher eine Doppelhaushälfte im Ortsteil I. zur Miete. Diese Wohnung kündigten sie, weil es mit dem Vermieter längere Auseinandersetzungen wegen der Übernahme der Kosten der Wasserversorgung gab und weil die neue Wohnung sowohl für den Antragsteller zu 1. als auch die Antragstellerin zu 2. günstiger zu Arbeitsstätten gelegen ist. Die im Auftrage des Antragsgegners handelnde Gemeinde gewährte den Antragstellern mit Bescheid vom 4. August 2006 für den Bewilligungszeitraum August 2006 bis einschließlich Februar 2007 laufende (ergänzende) Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts; der Bewilligungsbescheid wurde mit einem Vorbehalt wegen der monatlich unterschiedlich hohen Einkünfte des Antragstellers zu 1. versehen.

Mit Schreiben vom 30. Juli 2006 beantragten die Antragsteller bei der im Auftrage des Antragsgegners handelnden Gemeinde die Gewährung von einmaligen Leistungen als Beihilfe aus Anlass des für den 1. November 2006 vorgesehenen Umzugs in eine neue Wohnung. Sie führten dazu aus, dass die neue etwa 120 Quadratmeter Wohnfläche umfassende und aus fünf Zimmern bestehende Wohnung in einem Haus im Ortsteil G. in einem 1950 errichteten und jetzt fast vollständig renovierten Haus belegen sei, das im Eigentum eines Onkels der Antragstellerin zu 2. stehe. Dieser habe neue Fenster, Heizkörper und ein neues Bad eingebaut sowie eine neue Einbauküche eingerichtet, so dass nunmehr seine Finanzmittel erschöpft seien. Deswegen hätten sie mit dem Vermieter im Mietvertrag vom 1. August 2006 die Zusatzvereinbarung getroffen, dass sie als Eigenleistung die Renovierung der Wohnung, insbesondere das Tapezieren der Wände, das Anstreichen der Wände, Decken, Türen und Türrahmen sowie den Kauf und das Verlegen eines Bodenbelages (Teppich, PVC oder ähnliches), übernehmen würden. Die neue Wohnung liege nicht nur von der Entfernung her zum Arbeitsplatz des Antragstellers zu 1. wesentlich günstiger, der seinen Arbeitsplatz im Hafen in Bremen mit dem Kraftfahrzeug erreiche, sondern im selben Haus biete sich auch für die Antragstellerin zu 2. ein Arbeitsplatz, den sie trotz der Betreuung der Antragsteller zu 3. bis 5. wahrnehmen könne; auch liege die vereinbarte Miete mit den Nebenkosten im Rahmen dessen, was allgemein im Gebiet des Antragsgegners für Neubauten bei einer 5-köpfigen Familie als angemessen angesehen werde. Da das Haus vollständig von Grund auf renoviert worden sei, sei es wie ein Neubau anzusehen. Die Antragsteller beantragten daher neben anderen Leistungen, die für die Entscheidung des vorliegenden Streitfalls nicht von Bedeutung sind, die Gewährung einer einmaligen Beihilfe zur Anschaffung von Farben, Tapeten und Teppichboden für die neue Wohnung. Ergänzend wiesen sie darauf hin, dass wegen verschiedener Familienfeierlichkeiten und anderer Belastungen Ansparungen aus den bislang gewährten Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nicht möglich gewesen seien (Erstkommunion des Antragstellers zu 3., Schulmaterialien für die Einschulung der Antragstellerin zu 4., Taufe des Antragstellers zu 5.).

Die im Auftrage des Antragsgegners handelnde Gemeinde lehnte den Antrag mit Bescheid vom 10. August 2006 aus der Erwägung ab, dass die begehrte Beihilfe aus der Regelleistung zu finanzieren sei, weil damit pauschal alle einmaligen Bedarfe - abgesehen von der Erstausstattung einer Wohnung - abgegolten seien. Dagegen legten die Antragsteller mit Schreiben vom 5. September 2006 Widerspruch ein und führten zur Begründung aus, dass ihnen vor Erlass des Ablehnungsbescheides in einem Gespräch mündlich als Ablehnungsgrund ausgegeben worden sei, der Umzug sei nicht notwendig, sie hätten daher aus eigenen Mitteln ...

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