Verfahrensgang

SG für das Saarland (Urteil vom 31.10.1974; Aktenzeichen S 1 Kr 9/73)

 

Tenor

Auf die Berufung der Klägerin werden das Urteil des Sozialgerichts für das Saarland vom 31. Oktober 1974 sowie der Bescheid der Beklagten vom 19. September 1972 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 07. März 1973 aufgehoben.

Die Beklagte und die Beigeladenen zu 2) und 3) haben der Klägerin als Gesamtschuldner die notwendigen außergerichtlichen Kosten des Verfahrens zu erstatten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten darüber, ob der Beigeladene … (S) bei der Klägerin in der Zeit von 1966 bis März 1972 als Ärztebesucher versicherungspflichtig beschäftigt oder freiberuflich (selbständig) tätig war. Die Beklagte hat von der Klägerin Beiträge für die Zeit von Dezember 1969 bis März 1972 angefordert (unter Berücksichtigung der Verjährung).

Der Beigeladene S, der schon früher für andere Arzneimittelfirmen tätig war, hat mit der Klägerin, einer Arzneimittelherstellerin, am 06. November 1966 einen Vertrag geschlossen. Darin ist u.a. bestimmt, daß er ab 12. September 1966 mit einer Einarbeitungs- bzw. Probezeit von 3 Monaten als „freiberuflicher wissenschaftlicher Mitarbeiter” für die Klägerin in einem genau bezeichneten Vertriebsgebiet tätig werden solle (§§ 1, 2). Seine Aufgabe war es, für bestimmte Präparate der Klägerin (ARTE RUTIN und klavikordal) in Fachgesprächen bei Chefärzten von Inneren Abteilungen, Fachärzten für innere Medizin und praktischen Ärzten zu werben, wobei pro Woche höchstens 40 Besuche dieser Art erfolgen sollten; die Gespräche waren ausschließlich mit den Ärzten selbst zu führen (§§ 4, 5). Als Vergütung waren zunächst 4,– DM (später 5,– DM) pro Besuch vereinbart (§ 3). Nachdem auch die Erzeugnisse der …, die die Werbekosten direkt mit der Klägerin abrechnete, in das Werbeprogramm aufgenommen worden waren, erhielt S pro Ärztebesuch 10,– DM, womit auch die Vertretung der … abgegolten war, die mit S keinen Vertrag hatte. Das Werbematerial für besondere Werbeaktionen wurde von der Klägerin gestellt (§ 6 des Vertrages). S hatte wöchentlich einen Bericht über die Anzahl der Besuche und die ausgegebenen Muster und Geschenke zu erstatten und für jeden Arzt eine Karteikarte zu führen (§ 7). Er war verpflichtet, für keine dritte Firma tätig zu werden, die gleichartige oder ähnliche Präparate vertrieb; von jedem weiteren Beschäftigungsverhältnis oder der Übernahme einer anderen Vertretung hatte er die Klägerin zu informieren, die alsdann prüfte, ob sie ihr Einverständnis dazu geben werde (§ 9). S benutzte seinen eigenen Pkw und erhielt von der Klägerin keinen Ersatz von Unkosten. Die Klägerin ersetzte lediglich Kosten für Porto und Telefon und erstattete die Übernachtungskosten in Ausnahmefällen, wenn S mehr als 8 Stunden von seinem Wohnort abwesend war. Fahrtkosten ersetzte die Klägerin nur bei Teilnahme an Tagungen, die er auf ihre Veranlassung besuchte.

Die Klägerin hat den Vertrag am 18. November 1972 gekündigt. Das Arbeitsgericht Saarbrücken hat durch Urteil vom 28. Januar 1972 festgestellt, daß diese Kündigung das Arbeitsverhältnis zum 31. März 1972 beendet habe. In den Urteilsgründen ist ausgeführt, S sei zumindest als arbeitnehmerähnliche Person im Sinne des § 5 ArbGG anzusehen.

Der Beigeladene S war in der gleichen Zeit außer für die Klägerin und die … auch noch für die …, eine Schwesterfirma der Klägerin, werbend tätig. Darüber hinaus warb er in Zweitvertretung auch für Produkte der … (ca. 160 Besuche im Monat, pro Besuch 2,50 DM).

Die Klägerin hat die Bezüge des S aus der Werbetätigkeit für sie und … für 1970 mit 20.300,– DM und für 1971 mit 18.015,– DM angegeben. Von der … hat S nach eigenen Angaben in beiden Jahren jährlich ca. 4.000,– DM und von … 734,– DM (1970) und 960,– DM (1971) erhalten.

Die Beklagte hat nach längerem Schriftverkehr durch Bescheid vom 19. September 1972 die Versicherungspflicht des S festgestellt und Beiträge zur Rentenversicherung (für die Zeit vom 01. Dezember 1969 bis 31. März 1972) sowie zur Arbeitslosenversicherung (01. Dezember 1969 bis 30. Juni 1970, Vollendung des 63. Lebensjahres) von der Klägerin angefordert.

Der Widerspruch der Klägerin blieb ohne Erfolg. Im Widerspruchsbescheid vom 07. März 1973 wird ausgeführt, S sei abhängig beschäftigt gewesen, weil seine Aufgaben nach Gebiet und Personen genau abgegrenzt waren, die Vergütung nicht nach Erfolg sondern nach Tätigkeit bemessen war, eine Verpflichtung zu Wiederholungsbesuchen und zur Erstattung von Wochenberichten bestand und er nicht für Konkurrenzfirmen tätig werden durfte; die Tätigkeit für … und … stellten versicherungsfreie Nebenbeschäftigungen dar, da die Einnahmen weniger als 1/5 des Gesamteinkommens ausmachten.

Das Sozialgericht hat durch Urteil vom 31. Oktober 1974 die auf Aufhebung des Bescheides vom 19. September 1972 gerichtete Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es im wesentlichen ausgeführt, S sei abhängig beschäftigt gewesen, weil er nur eine geringe Möglichkeit zu eine...

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