Entscheidungsstichwort (Thema)

Vertragsärztliche Versorgung. Sonderbedarfszulassung. kein Rechtsschutzbedürfnis bei Erledigung der Hauptsache vor Beginn des Berufungsverfahrens durch Umwandlung einer streitbefangenen Sonderbedarfszulassung eines Vertragsarztes in eine Genehmigung zur Erstanstellung dieses Arztes in einem MVZ. kein Feststellungsinteresse bei der Möglichkeit einer Gestaltungs- oder Leistungsklage

 

Leitsatz (amtlich)

Das Rechtsschutzbedürfnis für eine Anfechtungsklage (Konkurrentenklage) gegen eine einem Arzt erteilte Sonderbedarfszulassung zur ausschließlichen Erbringung von Leistungen im Bereich Nephrologie entfällt dann, wenn der Arzt nicht mehr unmittelbar an der vertragsärztlichen Versorgung teilnimmt, sondern in einem Medizinischen Versorgungszentrum (MVZ) angestellt ist. Die Zulässigkeit einer sog Fortsetzungsfeststellungsklage scheitert in einem solchen Fall daran, dass diese gegenüber einer Anfechtungsklage gegen die entsprechende Genehmigung des MVZ subsidiär wäre, da hierbei die Rechtmäßigkeit der ursprünglich dem Arzt erteilten Genehmigungen inzident mitzuprüfen wäre.

 

Orientierungssatz

Ein Feststellungsinteresse ist allgemein zu verneinen, soweit der Kläger seine Rechte durch eine Gestaltungs- oder Leistungsklage verfolgen kann oder hätte verfolgen können; dies gilt auch, sofern sich erst nachträglich die Möglichkeit der Erhebung einer Gestaltungs- oder Leistungsklage ergibt.

 

Nachgehend

BSG (Urteil vom 17.10.2012; Aktenzeichen B 6 KA 40/11 R)

 

Tenor

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts für das Saarland vom 18.04.2007 wird als unzulässig verworfen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Klägerin wendet sich gegen die Sonderbedarfszulassung des Beigeladenen zu 1).

Die Klägerin ist eine Gemeinschaftspraxis mit Sitz in S.. Die Dres. D. und H. sind Fachärzte für Innere Medizin mit dem Schwerpunkt "Nephrologie". Frau M.-S. ist "Praktische Ärztin". Die Klägerin betreibt in S. ein Dialysezentrum und eine Diabetologische Schwerpunktpraxis.

Der Zulassungsausschuss für Ärzte erteilte mit Beschluss vom 28.08.2002 dem Beigeladenen zu 1), der Facharzt für Innere Medizin ist, mit Wirkung vom 01.09.2002 eine Sonderbedarfszulassung zur ausschließlichen Erbringung von Leistungen im Bereich Nephrologie mit dem Vertragsarztsitz S.. Den Beigeladenen zu 1) bis 3) wurde durch weiteren Beschluss vom 28.08.2002 die Genehmigung zur gemeinsamen Ausübung vertragsärztlicher Tätigkeit in Form einer Gemeinschaftspraxis erteilt.

Gegen den vorgenannten Zulassungsbeschluss legte die Klägerin Widerspruch ein, den sie im Wesentlichen damit begründete, die dem Beigeladenen zu 1) erteilte Sonderbedarfszulassung sei zu Unrecht erfolgt. Es bestehe kein nephrologischer Versorgungsbedarf, der nicht schon durch die "Vollzulassungen" gedeckt sei. Es bestehe weder eine quantitative noch qualitative Unterversorgung im Sinne der Bedarfsplanungs-Richtlinien-Ärzte. Weder ihre eigene Praxis noch die in P. bestehende Praxis Dres. F./Sch./L. sei ausgelastet. Das gleiche gelte daher wahrscheinlich auch für die Praxis der Dres. H./H./Sch.. Solange bestehende Dialysepraxen nicht ausgelastet seien, dürften neue Ärzte für eine Dialysepraxis nicht zugelassen werden. Das ergebe sich letztlich schon aus § 6 Abs. 1 der Anlage 9.1 der Verträge zur Änderung der Bundesmantelverträge über besondere Versorgungsaufträge für die nephrologische Versorgung chronisch niereninsuffizienter Personen vom 22.03.2002, wonach die Zulassung neuer Dialysepraxen in der Versorgungsregion mit den Forderungen einer wirtschaftlichen Versorgungsstruktur so lange nicht vereinbar sei, als bestehende Dialysepraxen weniger als 90 % der Höchstpatientenzahl nach dem so genannten Arzt-Patienten-Schlüssel versorgten. Da im Falle des Beigeladenen zu 1) keine ökonomisch sinnvolle Versorgungsstruktur vorhanden gewesen sei, habe dessen Zulassung für die nur 10 km Luftlinie von ihrer Praxis entfernte Dialyseeinrichtung nicht erfolgen dürfen. Auch die Qualitätssicherungsvereinbarung habe die Zulassung eines weiteren Arztes nicht notwendig gemacht, da es danach nicht genüge, dass der Arzt-Patienten-Schlüssel erfüllt werde, sondern ein Bedarf im Planungsbereich bestehe. Für ihren Widerspruch habe sie auch ein Rechtsschutzinteresse, weil sie in demselben Planungsbereich mit einem neu hinzugekommenen Leistungsanbieter konkurrieren müsse.

Mit Bescheid vom 29.08.2006 wies der Beklagte den Widerspruch der Klägerin zurück. Zur Begründung führte er im Wesentlichen aus, der Widerspruch sei unzulässig, denn der Klägerin fehle hierfür das notwendige Rechtsschutzinteresse. Das Rechtsschutzinteresse setze die Beeinträchtigung einer Rechtsposition und die Rechtswidrigkeit des Behördenverhaltens voraus. Vorliegend fehle es schon an der Beeinträchtigung der Klägerin durch den Zulassungsausschuss. Denn der Zulassungsausschuss habe ihr gegenüber gar keine Entscheidung getroffen. Nach § 96 Abs. 4 Satz 1 SGB V könnten die beteilig...

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