Entscheidungsstichwort (Thema)

Hinterbliebenenrentenrecht: keine Geschiedenen-Witwen-Rente bei nach dem 30. 6. 1977 im Beitrittsgebiet geschiedener Ehe

 

Orientierungssatz

1. Anspruch auf Witwenrente für geschiedene Ehegatten hat nur, wenn deren Ehe vor dem 1. 7. 1977 geschieden ist. Diese Regelung gilt unabhängig davon, ob die Scheidung in den alten oder neuen Bundesländern erfolgte.

2. Nach bundesdeutschem Recht findet seit dem 1. 7. 1977 zwischen den geschiedenen Ehegatten ein Versorgungsausgleich statt. Ein solcher war nach dem Recht der DDR nicht vorgesehen. Wurde eine Ehe nach dem 30. 6. 1977 im Beitrittsgebiet geschieden, so folgt hieraus kein Verstoß gegen den Gleichheitssatz, weil sich die Unterscheidung wegen der früheren Rechtsspaltung zwischen der alten BRD und der DDR rechtfertigt.

3. Eine Gesetzeslücke, die für Ehegatten, deren Ehe seit dem 1. 7. 1977 im Beitrittsgebiet geschieden wurde, im Weg analoger Anwendung auszufüllen wäre, besteht nicht. Das folgt ausdrücklich aus § 243 a SGB 6.

 

Tenor

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Neuruppin vom 07. Februar 2002 wird zurückgewiesen.

Die Beteiligten haben einander außergerichtliche Kosten auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Gründe

I.

Die Klägerin begehrt von der Beklagten Gewährung von Witwenrente nach dem geschiedenen Ehegatten.

Die im ...... 1934 geborene Klägerin wohnte bisher ausschließlich im Beitrittsgebiet. Sie war seit 28. Juni 1952 mit G. J. (Versicherter) verheiratet, der bis zu seinem Tod am 26. Oktober 1992 ebenfalls im Beitrittsgebiet wohnhaft war. Die Ehe wurde durch Urteil des Kreisgerichts Fürstenwalde vom 16. Mai 1988 geschieden. Eine dagegen eingelegte Berufung wurde durch Urteil des Bezirksgerichts Frankfurt (Oder) vom 04. Juli 1988 abgewiesen. Die Klägerin hat nach der Scheidung nicht wieder geheiratet. Sie bezieht seit 01. April 1989 Invalidenrente, seit 1994 Altersrente.

Der Versicherte schloss am 23. September 1989 die Ehe mit der Beigeladenen, der nach seinem Tod ab 01. November 1992 große Witwenrente gewährt wird (Bescheid der Beklagten vom 10. März 1994).

Den im Mai 2001 wegen der geringen eigenen Rente gestellten Antrag auf Gewährung von Witwenrente an den geschiedenen Ehegatten wies die Beklagte mit Bescheid vom 11. Juni 2001 zurück. Die Voraussetzungen des § 243 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch (SGB VI) seien nicht erfüllt, da die Ehe mit dem Versicherten nicht vor dem 01. Juli 1977 geschieden worden sei.

Den dagegen eingelegten Widerspruch, mit dem die Klägerin auf ihre Schmerzzustände, ihr geringfügiges Einkommen und den nicht durchgeführten Versorgungsausgleich hinwies, wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 19. November 2001 zurück.

Dagegen hat die Klägerin am 03. Dezember 2001 beim Sozialgericht Neuruppin Klage erhoben.

Sie hat geltend gemacht, im Einigungsvertrag (EV) bestehe insoweit eine Lücke, als der im Westen seit 1977 geltende Versorgungsausgleich nicht übernommen worden sei.

Mit Urteil vom 07. Februar 2002 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen und zur Begründung auf das Urteil des erkennenden Senats vom 03. Mai 2001 (L 2 RJ 172/00) verwiesen.

Gegen das an die Klägerin am 21. Februar 2002 als Einschreiben zur Post aufgegebene Urteil richtet sich die von ihr am 27. Februar 2002 eingelegte Berufung, mit der sie ihr Begehren weiter verfolgt.

Die Klägerin beantragt nach ihrem schriftsätzlichen Vorbringen,

das Urteil des Sozialgerichts Neuruppin vom 07. Februar 2002 zu ändern und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 11. Juni 2001 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19. November 2001 zu verurteilen, der Klägerin Witwenrente nach dem geschiedenen Ehegatten zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält das erstinstanzliche Urteil für zutreffend.

Die vom Senat mit Beschluss vom 15. August 2002 beigeladene Witwe stellt keinen Antrag.

Den Beteiligten ist mit Verfügungen vom 16. August 2002 und 23. Dezember 2002 mitgeteilt worden, dass eine Entscheidung nach § 153 Abs. 4 Sozialgerichtsgesetz (SGG) in Betracht kommt; ihnen ist Gelegenheit zur  Stellungnahme bis zum 17. Januar 2003 bzw. 28. Januar 2003 gegeben worden.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes sowie des weiteren Vorbringens der Beteiligten auf den Inhalt der Gerichtsakten und der beigezogenen Verwaltungsakten der Beklagten (......), die bei der Entscheidung vorgelegen haben, Bezug genommen.

II.

Die zulässige Berufung ist unbegründet.

Da der Senat die Berufung einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung - insbesondere im Hinblick darauf, dass die Klägerin und die Beklagte bereits ausführlich ihre Argumente vorgebracht haben - nicht für erforderlich hält, hat er nach Anhörung der Beteiligten von der durch § 153 Abs. 4 SGG eröffneten Möglichkeit Gebrauch gemacht, durch Beschluss zu entscheiden.

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