Entscheidungsstichwort (Thema)

Beschädigtenversorgung. Hinterbliebenenrente. Kriegsgefangenschaft. 10 Jahre Haft. extreme Lebensbedingungen. anerkanntes Versorgungsleiden: Herzmuskelschaden nach Dystrophie. Arteriosklerose. Kausalität

 

Orientierungssatz

1. Zum Nichtvorliegen eines Anspruchs auf Hinterbliebenenversorgung nach § 5 HHG iV mit § 38 BVG wenn nach Beweisergebnis feststeht, daß der als Versorgungsleiden anerkannte "Herzmuskelschaden nach Dystrophie" nicht wesentliche Ursache des Todes im Sinne der im Versorgungsrecht herrschenden Kausalitätstheorie war.

2. Hinsichtlich der Kausalbeziehung zwischen anerkanntem Leiden und Tod sagt § 38 Abs 1 S 2 BVG nichts aus. Selbstverständlich ist im Rahmen des Hinterbliebenenrentenanspruches die Todesursache festzustellen. Sie kann nicht in dem anerkannten Leiden vermutet werden. Lediglich dann, wenn die Todesursache mit dem anerkannten Versorgungsleiden identisch ist, verbieten sich nach § 38 Abs 1 S 2 BVG Ermittlungen zum Zusammenhang zwischen dem bisher anerkannten Leiden und der Schädigung durch die Haft.

 

Tatbestand

Die Klägerin macht als Sonderrechtsnachfolgerin ihrer am 15. Mai 1994 verstorbenen Mutter F M L (F.M.L.) deren Ansprüche auf Hinterbliebenenleistungen nach dem Bundesversorgungsgesetz (BVG) in Verbindung mit dem Häftlingshilfegesetz (HHG) nach ihrem am 1. Dezember 1987 verstorbenen Ehemann S L (L.) geltend.

Der 1901 geborene L. war Kreisverwaltungssekretär. Im 2. Weltkrieg diente er von 1939 bis 1943 im Wehrmeldeamt S, danach bis Kriegsende als Ausbilder und Waffenverwalter auf der Oberfähnrichschule I für Panzertruppen. Nach Kriegsende geriet er zunächst in englische Kriegsgefangenschaft. Am 13. Februar 1946 wurde er von der sowjetischen Besatzungsmacht in politischen Gewahrsam genommen und in die Internierungslager S, K, J und B verbracht. In den sogenannten Waldheimprozessen wurde L. am 20. Mai 1950 zu 25 Jahren Zuchthaus verurteilt und am 28. April 1956 aus der Strafvollzugsanstalt B nach B C entlassen. Er verzog nach K und stellte dort am 19. Oktober 1956 einen Antrag auf Entschädigung nach dem HHG, dem er die entsprechende Bescheinigung nach § 10 Abs. 4 HHG der Stadt K beifügte.

Das Versorgungsamt K veranlaßte ein Gutachten des Chirurgen Dr. R, welches dieser am 14. November 1956 abschloß. Schädigungsfolgen wurden chirurgischerseits nicht festgestellt. Aufgrund des Gutachtens des Facharztes für Innere Medizin Dr. Sch vom 15. November 1956 wurde mit Bescheid vom 8. Januar 1957 ein "Nährstoffmangel nach langjähriger Inhaftierung" als Schädigungsfolge anerkannt und mit einer Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) von 40 vom Hundert -v.H.- bewertet. Eine von Dr. Sch festgestellte beginnende Verhärtung der Hauptkörperschlagader wurde neben anderen Leiden nicht als Schädigungsfolge anerkannt. Die Nichtschädigungsfolgen wurden intern mit einer MdE von 20 v.H. bewertet. Im Rahmen einer am 12. Februar 1959 abgeschlossenen Nachuntersuchung stellte der Facharzt für Innere Krankheiten Dr. T fest, daß der Eiweißmangelschaden vollständig abgeklungen sei. Auffallend sei allerdings eine im EKG zur Darstellung kommende Schädigung des Herzmuskels. Da die Herzleistungsprüfung regelrecht ausgefallen und der klinische Befund normal sei, ließe sich annehmen, daß es sich um eine Herzschädigung leichteren Grades handele. Röntgenologisch sei jetzt eine deutliche Aortensklerose festzustellen, die sicherlich auch schon zu Verkalkungsvorgängen an den Herzkranzgefäßen geführt habe. Diese Veränderungen seien jedoch nicht haft-, sondern alters- und schicksalsbedingt. Schädigungs- und Nichtschädigungsfolgen wurden je mit einer MdE von 30 v.H. bewertet. Ein besonderes Betroffensein im Beruf wurde verneint. Aus dem Aktenvermerk vom 14. April 1959 ist zu entnehmen, daß nach Feststellung des Versorgungsamtes K die Schädigungsfolgen keinen Einfluß darauf hatten, daß L. seinen Beruf nunmehr als Verwaltungsangestellter und nicht als Verwaltungssekretär ausübte. Daß L. nicht mehr als Beamter eingestellt werden könnte, läge allein an der wirtschaftspolitischen Teilung Deutschlands. Mit Bescheid vom 14. April 1959 wurde die anerkannte Schädigungsfolge als "Herzmuskelschaden" bezeichnet und mit einer MdE von 30 v.H. bewertet.

Nachdem L. vom 12. Oktober 1960 bis zum 8. November 1960 in der Krankenanstalt K M behandelt worden war, stellte er am 14. Dezember 1960 einen Antrag auf Rentenerhöhung, den er unter Vorlage eines Attestes des praktischen Arztes Dr. L vom 30. November 1960 damit begründete, daß er am 28. September 1960 einen Herzinfarkt erlitten habe. Das Versorgungsamt K veranlaßte ein Gutachten vom 2. Februar 1961 durch Herrn Dr. B Dieser konnte keine sicheren Hinweise auf ein Infarktgeschehen feststellen. Zwar erscheine das Herz im Röntgenbild im ganzen etwas groß, jedoch ließen die übrigen Untersuchungsergebnisse eine wesentliche Befundänderung im Vergleich zur Voruntersuchung nicht annehmen, so daß eine MdE von 30 v.H. für das anerkannte Leiden weiter ausreichend sei. Die vermehrte...

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