Entscheidungsstichwort (Thema)

Kostenentscheidung. kostenrechtliche anderweitige Erledigung bei Ruhen des Verfahrens und fehlendem Parteieninteresse an der Fortsetzung des Verfahrens. Streitwert einer Untätigkeitsklage bei Nichtbescheidung über 2 1/2 Jahre

 

Orientierungssatz

1. Ein Verfahren ist im Sinne des § 63 Abs. 2 Satz 1 Alt. 2 GKG kostenrechtlich anderweitig erledigt, wenn eine Erledigung im prozessualen Sinne, wie ein widerufsfreier Prozessvergleich, Klagerücknahme oder beiderseitig wirksame Erledigungserklärungen vorliegt. Auch sonstige gerichtliche Entscheidungen haben eine kostenrechtliche Erledigung zur Folge, wie eine Aussetzung oder ein Ruhen des Verfahrens, wenn mit einer Fortsetzung des Verfahrens nicht mehr gerechnet werden kann.

2. Der Streitwert der Untätigkeitsklage beträgt abhängig von der Dauer der Nichtbescheidung 10 bis 25 v. H. des Streitwertes einer nachfolgenden Anfechtungsklage. Eine Nichtbescheidung über einen Zeitraum von 2 ½ Jahren ist nicht unerheblich, und rechtfertigt die Festsetzung des Streitwertes der Untätigkeitsklage mit der oberen Grenze.

 

Tenor

Auf die Beschwerde des Klägers wird der Beschluss des Sozialgerichts Berlin vom 09. Dezember 2008 geändert. Der Streitwert wird auf 139,78 Euro festgesetzt.

Die Beteiligten haben einander außergerichtliche Kosten des Beschwerdeverfahrens nicht zu erstatten.

 

Gründe

I.

Der Kläger hat, nachdem sein Widerspruch von März 2002 nicht beschieden worden war, am 01. Oktober 2004 beim Sozialgericht Berlin Klage mit dem Begehren erhoben, die Beklagte zu verurteilen, einen Widerspruchsbescheid zu erlassen.

Mit Bescheid vom 20. Oktober 2004 forderte die Beklagte wegen der Beschäftigung zahlreicher Arbeitnehmer unter Änderung des vorangegangenen Bescheides vom 26. März 2004 vom Kläger nunmehr insgesamt 25.558,89 Euro, wovon bezogen auf den Beigeladenen zu 1 wiederum 559,10 Euro entfielen. Mit Widerspruchsbescheid vom 15. November 2004 wies sie den Widerspruch im Übrigen zurück.

Mit Beschluss vom 26. August 2005 hat das Sozialgericht unter anderem verschiedene Arbeitnehmer, einschließlich des Beigeladenen zu 1, beigeladen und zugleich das Verfahren die Beitragspflicht wegen der Beschäftigung des Beigeladenen zu 1 betreffend abgetrennt. Anschließend hat es das Ruhen des Verfahrens angeordnet (Beschluss vom 18. Dezember 2006).

Nachdem die Beklagte mitgeteilt hatte, es sei eine außergerichtliche Einigung erzielt worden und sämtliche sozialversicherungsrechtliche Streitigkeiten einschließlich der Berufungsinstanz seien damit abgeschlossen, hat das Sozialgericht mit Beschluss vom 09. Dezember 2008 entschieden, dass der Streitwert auf 5.559,10 Euro festgesetzt wird. Zur Begründung ist ausgeführt, damit werde die Tatsache berücksichtigt, dass sowohl die Versicherungspflicht des Beigeladenen zu 4 (gemeint zu 1) als auch die Beitragsnachforderungen im Streit gewesen seien.

Dagegen richtet sich die am 24. Dezember 2008 eingelegte Beschwerde des Klägers, mit der geltend gemacht wird, der Streitwert sei zu hoch angesetzt. In den einzelnen Verfahren habe das Sozialgericht Streitwerte festgesetzt, die zusammengefasst insgesamt 49.939,37 Euro ergäben.

Die Beklagte hält einen Streitwert von 559,10 Euro für zutreffend.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der Verwaltungsakten der Beklagten verwiesen.

II.

Die nach § 68 Abs. 1 Sätze 1 und 3 i. V. m. § 63 Abs. 3 Satz 2 Gerichtskostengesetz (GKG) zulässige Beschwerde ist begründet.

Der Senat entscheidet über diese Beschwerde in der Besetzung durch drei Berufsrichter. Zwar bestimmt § 68 Abs. 1 Satz 5 i. V. m. § 66 Abs. 6 Satz 1 GKG, dass über die Beschwerde das Gericht durch eines seiner Mitglieder als Einzelrichter entscheidet. Diese Vorschrift ist allerdings auf solche Gerichte wie das Landessozialgericht, die eine generelle Entscheidung durch den Einzelrichter nach der jeweiligen Prozessordnung nicht kennen, nicht anwendbar (vgl. Landessozialgericht - LSG - für das Land Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 30. April 2008, L 16 B 5/07 R, zitiert nach juris, unter Hinweis auf Bundesgerichtshof - BGH -, Beschluss vom 13. Januar 2005 V ZR 218/04 - und Bundesfinanzhof - BFH -, Beschluss vom 29. September 2005 - IV E 5/05 -, zitiert jeweils nach juris; LSG für das Land Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 24. Februar 2006 - L 10 B 21/05 KA, abgedruckt in Sozialgerichtsbarkeit - SGb 2006, 475).

Obwohl der Rechtsstreit im prozessualen Sinne nicht beendet ist, ist die Festsetzung eines Streitwertes zulässig. Der Streitwert ist auf 139,78 Euro festzusetzen.

Nach § 63 Abs. 2 Satz 1 GKG i. V. m. § 197 a Abs. 1 Satz 1 erster Halbsatz Sozialgerichtsgesetz (SGG) setzt das Prozessgericht, soweit eine Entscheidung - wie hier - nach § 62 Satz 1 GKG nicht ergeht oder nicht bindet, den Wert für die zu erhebenden Gebühren durch Beschluss fest, sobald eine Entscheidung über den gesamten Streitgegenstand ergeht oder sich das Verfahren anderweitig erledigt.

Eine Entscheidung über den ...

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