Entscheidungsstichwort (Thema)

Künstlersozialabgabe. Abgabepflicht. Unternehmereigenschaft. örtlicher Musikverein. Laienorchester. Ausbildung von Nachwuchsmusikern. überwiegender Zweck. Nachhaltigkeit und Regelmäßigkeit. künstlerische Leistung. öffentliche Darbietung

 

Leitsatz (amtlich)

Ein gemeinnütziger, nur auf örtlicher Ebene aktiver Musikverein, der verschiedene Orchester betreibt und der die Ausbildung jugendlicher Orchestermusiker fördert, ist nicht künstlersozialabgabepflichtig, wenn seine Aktivitäten für die Mitglieder nur hobbymäßig betriebene Freizeitveranstaltungen darstellen und die Ausbildung des Orchesternachwuchses allein den Zweck hat, sie für ein späteres Mitspielen im Orchester zu befähigen.

 

Nachgehend

BSG (Urteil vom 20.11.2008; Aktenzeichen B 3 KS 5/07 R)

 

Tenor

Die Berufung der Beklagten gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Stuttgart vom 14. Oktober 2005 wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin ihre außergerichtlichen Kosten im Klageverfahren zu erstatten.

Die Beklagte hat der Klägerin auch die außergerichtlichen Kosten des Berufungsverfahrens zu erstatten.

 

Tatbestand

Im Streit steht zwischen den Beteiligten die Künstlersozialabgabenpflicht der Klägerin in den Jahren 1995 bis 1999.

Die Klägerin ist ein seit 1906 bestehender, gemeinnütziger Musikverein mit ca. 500 Mitgliedern. Sie unterhält mehrere Laienorchester, so die Blaskapelle “Symphonisches Blasorchester„, ein Laienstreichensemble (S.) sowie eine Big Band (V. Big Band). Daneben wird auch ein Jugendorchester W. unterhalten.

Ausweislich § 2 der Satzung der Klägerin verfolgt der Verein ausschließlich und unmittelbar gemeinnützige Zwecke im Sinne des Abschnitts steuerbegünstigte Zwecke der Abgabenordnung. Er dient der Pflege und Förderung von Musik, Kunst und Kultur und will dazu beitragen, das kulturelle Leben in der Stadt W. zu bereichern. Der Satzungszweck wird insbesondere durch folgende Maßnahmen verwirklicht:

- regelmäßige Übungsabende

- Ausbildung und Förderung von Nachwuchsmusikern

- Durchführung von Konzerten und Konzertreisen

- Mitwirkung bei weltlichen und kirchlichen Veranstaltungen

- Teilnahme an Musikfesten von Dachorganisationen sowie anderer Verbände und Vereine

- Kooperation mit anderen Musik ausübenden Institutionen oder Vereinen

- Teilnahme an Wertungs- und Kritikspielen aller Art.

Nach dem Vortrag der Klägerin üben die Mitglieder in ihrer Freizeit als Hobby die Pflege der Blas- und Streichmusik aus. Sie üben gemeinsam, entfalten aber auch Geselligkeit im Rahmen des Vereins. Die großen Orchester haben nach Auskunft der Klägerin gegenüber der Beklagten im Schreiben vom 25. Oktober 1999 ein bis zwei öffentliche Auftritte im Jahr gegen Entgelt, die Gruppen des Vereins treten im Rahmen von Konzerten, der Teilnahme an Stadtfesten, Teilnahme an Veranstaltungen im Rahmen von kommunalen Partnerschaftsfeiern sowie der Mitwirkung an kirchlichen Veranstaltungen an die Öffentlichkeit. Es werden auch Ständchen zu runden Geburtstagen der Mitglieder oder deren Familienfeiern gespielt.

Fördernde Mitglieder zahlen nach der Satzung einen Mitgliedsbeitrag von mindestens 70 DM, aktive Mitglieder zahlen keinen Beitrag, sind jedoch verpflichtet bei den verschiedenen Veranstaltungen des Vereins mitzuhelfen. Die Mitglieder erhalten keine finanziellen Zuwendungen durch die Klägerin oder Dritte, eventuelle Erlöse fließen der Jugendarbeit des Vereins zugute. Dirigenten und Übungsleiter erhalten gegebenenfalls eine Aufwandspauschale.

Die Klägerin bildet des Weiteren ca. 160 vereinsangehörige Jungmusiker an Instrumenten, die in den Orchestern der Klägerin benötigt werden, aus. Dies erfolgt durch Vereinsmitglieder in durch die Stadtverwaltung zur Verfügung gestellten Räumen oder bei Bedarf dadurch, dass Unterricht an der örtlichen Musikschule subventioniert wird. Für die Ausbildung wird ein Ausbildungszuschuss erhoben, der bei einer Ausbildung an der Städtischen Musikschule nicht die anfallenden Kosten deckt. Nach der Ausbildung sollen die Jungmusiker in den Orchestern der Klägerin spielen.

Mit Bescheid vom 18. Januar 2000 schätzte die Beklagte die Künstlersozialabgabe der Klägerin für die Zeit 1995 bis 1998 (1995: 0,00 DM; 1996: 5.251,40 DM; 1997: 13.653,64 DM; 1998: 9.242,46 DM), da die Klägerin trotz entsprechender Aufforderung und Aufklärung die an selbständige Künstler und Publizisten gezahlten Entgelte nicht gemeldet habe.

Dagegen erhob die Klägerin Widerspruch mit der Begründung, dass es sich bei ihr lediglich um einen ehrenamtlich geführten Musikverein handele. Mit Schreiben vom 19. April 2000 teilte nunmehr die Klägerin der Beklagten die gezahlten Honorare/Übungsleiterpauschalen (in Höhe von 200 DM) bezüglich der hier streitigen Jahre mit:

Jahr

Honorare brutto

davon Übungsleiterpauschalen

1996

102.344 DM

36.886 DM

1997

114.413 DM

44.990 DM

1998

123.125 DM

48.330 DM

1999

122.417 DM

39.772 DM

Mit Bescheid vom 3. Mai 2000 rechnete nunmehr die Beklagte die Künstlersozialabgabe für die Zeit 1995...

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