Entscheidungsstichwort (Thema)

Asylbewerberleistungen. Leistungen bei Krankheit. Einsetzen der Leistungen. Kenntnis des Leistungsträgers vom Vorliegen der Leistungsvoraussetzungen. Asylantragstellung

 

Leitsatz (amtlich)

Allein aus der Stellung eines Asylantrags ist nicht auf die Geltendmachung von Leistungen nach dem AsylbLG zu schließen.

 

Tenor

Die Berufung der Kläger gegen das Urteil des Sozialgerichts Mannheim vom 4. Oktober 2021 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten

 

Tatbestand

Die Kläger begehren die Übernahme der Kosten einer stationären Behandlung ihres verstorbenen Sohnes vom 28. Februar 2020 bis zum 10. April 2020 in Höhe von 53.396,35 EUR.

Der 1976 geborene Kläger Ziff. 1 und die 1984 geborene Klägerin Ziff. 2 sind iranische Staatsangehörige und die Eltern des 2014 geborenen und an Leukämie erkrankten G1. Mit zum Zwecke der medizinischen Behandlung von G1 erteilten Kurzaufenthaltsvisa, die am 20. Februar 2020 beantragt worden waren und eine Gültigkeitsdauer vom 24. Februar 2020 bis 8. April 2020 hatten, reisten die Kläger mit ihrem Sohn in das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland ein.

Am 28. Februar 2020 wurde der Sohn der Kläger zur stationären Behandlung in das Universitätsklinikum M1 (Universitätsmedizin M1) aufgenommen. Für die Behandlung ihres Sohnes leisteten die Kläger im März 2020 einen Betrag in Höhe von 24.000,00 EUR vor.

Der Kläger Ziff. 1 wurde am 2. April 2020 als Asylsuchender im Ankunftszentrum P1 in H1 vorstellig und stellte am 2. April 2020 einen Asylantrag.

Am 6. April 2020 teilte der Beklagte dem Universitätsklinikum M1 mit, dass weder die Klägerin Ziff. 2 noch deren Sohn einen Anspruch auf Leistungen habe. Lediglich der Kläger Ziff. 1 habe sich asylsuchend gemeldet, besitze einen Ankunftsnachweis und sei leistungsberechtigt, weshalb die Kosten der medizinischen Behandlung nicht vom Beklagten zu tragen seien.

Am 7. April 2020 wandte sich das Universitätsklinikum M1 per E-Mail an den Beklagten und teilte mit, dass sich ein Patient mit Flüchtlingsstatus auf der Station der Kinderklinik M1 befinde. Da dieser stark immunsupprimiert sei, sei aus medizinischer Sicht eine Unterbringung mit anderen Menschen nicht möglich, weshalb angefragt werde, ob für die Familie ein separates Apartment zur Verfügung gestellt werden könne.

Am 10. April 2020 wurde die stationäre Behandlung des Sohnes der Kläger im Universitätsklinikum M1 beendet und eine palliativmedizinische Betreuung im Elternhaus des Universitätsklinikums eingeleitet 2020 verstarb der Sohn der Kläger.

Am 16. April 2020 übersandte der Beklagte an die Universitätsklinik M1 ein Antragsformular für Asylbewerberleistungen und teilte mit, Sozialleistungen könnten ab dem Tag der Antragstellung geltend gemacht werden. Diese Formulare sollten den Sozialarbeitern der Klinik bekannt sein, da diese immer verwendet würden, wenn Asylbewerber aus medizinischen Gründen nicht zur Registrierung gehen könnten oder eine Asylantragstellung beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) nicht möglich sei.

Am 21. April 2020 ging beim Beklagten ein im Universitätsklinikum M1 gestellter Asylantrag für die Klägerin Ziff. 2 und deren Sohn ein, der an das BAMF weitergeleitet wurde.

Erstmals am 29. April 2020 ging beim Beklagen ein Antrag der Universitätsklinik M1 auf Kostenübernahme für eine Behandlung ab dem 28. Februar 2020 ein.

Unter dem 10. Juni 2020 machten die Kläger geltend, dass der Kläger Ziff. 1 bereits am 2. April 2020 sowohl für sich als auch für die Klägerin Ziff. 2 sowie den Sohn einen Asylantrag gestellt habe, wobei er mitgeteilt habe, dass sich seine Familie aufgrund der akuten Krebserkrankung des minderjährigen Kindes im Krankenhaus befinde. Fälschlicherweise seien seitens des Bundesamtes die Angaben über die Ehefrau und das Kind nicht schriftlich aufgenommen worden. Der schriftliche Asylantrag sei von Seiten des Krankenhauses per E-Mail als Anhang an das Regierungspräsidium K1 gesendet worden. Es werde darauf hingewiesen, dass die gesamte Angelegenheit hinsichtlich des Krankenhausaufenthaltes des Kindes von Seiten des Krankenhauses mit dem Regierungspräsidium K1 besprochen und geregelt worden sei.

Mit Rechnung vom 18. Juni 2020 stellte das Universitätsklinikum M1 dem Kläger Ziff. 1 für die Behandlung seines Sohnes vom 28. Februar 2020 bis 10. April 2020 einen Betrag in Höhe von 53.296,35 EUR in Rechnung. Die Übernahme der Rechnung durch den Beklagten machten die Kläger unter dem 29. Juni 2020 geltend.

Mit Bescheid vom 7. Juli 2020 lehnte der Beklagte den Antrag auf Übernahme der Behandlungskosten für den Sohn der Kläger in der Universitätsmedizin M1 vom 28. Februar 2020 bis 10. April 2020 ab. Leistungen an Asylbewerber im Krankheitsfall seien in § 4 Asylbewerberleistungsgesetz (AsylbLG) geregelt, ergänzend gelte § 6 AsylbLG. Danach würden ärztliche Behandlungen bei akuten Erkrankungen und Schmerzzuständen gewährt; sonstige Leistungen könnten zur Sicherung der Gesundheit oder zur Deckung besonderer Bedürfnisse von Kindern gew...

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