Entscheidungsstichwort (Thema)

Zivildienstbeschädigung. Zivildienst eigentümliche Verhältnisse. unfallunabhängige Erkrankung. Staphylokokkeninfektion. Kausalität

 

Orientierungssatz

1. Der Begriff, "dem Zivildienst eigentümliche Verhältnisse" ist analog dem in § 81 Abs 1 SVG genannten Begriff "wehrdiensteigentümliche Verhältnisse" zu definieren. Bei der Bestimmung des Begriffs "wehrdiensteigentümliche Verhältnisse" wird danach unterschieden, ob ein Unfall iS eines einmaligen Ereignisses als Schädigungsursache angenommen oder eine unfallunabhängige Krankheit geltend gemacht wird. Im ersten Fall sind wehrdiensteigentümliche Verhältnisse solche, die der Eigenart des Dienstes entsprechend und eng mit ihm verbunden sind, also alle nicht näher bestimmbaren Einflüsse des Wehrdienstes, die sich aus der besonderen Rechtsnatur dieses Verhältnisses mit ihrer weitgehenden Beschränkung der persönlichen Freiheit des Soldaten ergeben. Nicht erforderlich ist, daß diese Besonderheiten des Wehrdienstes auch mit einer besonderen Gefährdung verbunden sind, die im Zivildienst nicht vorkommt (vgl BSG vom 5.5.1993 - 9/9a RV 25/92 = SozR 3-3200 § 81 Nr 8). Handelt es sich um eine unfallunabhängige Erkrankung, knüpft die Rechtsprechung zum SVG an das Recht der Berufskrankheiten an, um schicksalhafte Erkrankungen aus dem versorgungsrechtlich geschützten Kreis auszugrenzen.

2. Wehrdiensteigentümlich sind bei Erkrankungen außergewöhnliche Verhältnisse nur, wenn sie den Eigenarten des Wehrdienstes entsprechen und über durchschnittliche Belastungen im Zivilleben hinausgehen. Denn auch wegen einer Berufskrankheit wird nur entschädigt, wer "berufseigentümlich" einer erhöhten Gesundheitsgefährdung ausgesetzt ist.

3. Der Erreger "Staphylokokkus aureus" kann wegen seines ubiquitären Vorkommens nicht mit dem eine Hepatitis auslösenden Virus verglichen werden.

 

Tatbestand

Zwischen den Beteiligten ist der Anspruch des Klägers auf Versorgung nach dem Gesetz über den Zivildienst der Kriegsdienstverweigerer (Zivildienstgesetz - ZDG -) streitig.

Der am 14. September 1970 geborene Kläger leistete vom 01. Oktober 1990 bis 31. Dezember 1991 Zivildienst, zunächst beim DRK - Kreisverband B - und ab 18. März 1991 bei der AWO - Kreisverband B-B -, wo er im mobilen sozialen Hilfsdienst tätig war.

Nach den Angaben des Klägers im Berufungsverfahren trat er am 14. Juli 1991 mit dem PKW eine Urlaubsfahrt nach P an. Die Fahrt dauerte mit mehreren Übernachtungen fünf Tage. "Am vierten Tag der Fahrt, am 19. Juli 1991," bemerkte der Kläger erstmals eine nadelkopfgroße schmerzhafte, nach innen eiternde Wunde an der Außenseite seines rechten Mittelfingers. Nach erfolglosen eigenen Behandlungsversuchen konsultierte er zunächst einen portugiesischen Arzt, dann nach Auftreten neuer Schmerzen im Schulterbereich ein portugiesisches Provinzkrankenhaus und schließlich wegen weiterer Verschlimmerung seines Zustandes das Krankenhaus von P, in dem er ab 02. August 1991 stationär aufgenommen worden war. Am 05. August 1991 wurde er vom DRK in die Bundesrepublik geflogen. Anschließend war er bis 02. September 1991 in stationärer Behandlung des Kreiskrankenhauses B und wurde wegen Pleuraempyem rechts bei Zustand nach Staphylokokkensepsis ausgehend von einem Panaritium D III mit septischer Subklaviathrombose links zur Weiterbehandlung in die Thoraxklinik der LVA B, H-R, verlegt (bis 19. September 1991). Vom 21. bis 25. Oktober 1991 wurde der Kläger stationär in der Orthopädischen Klinik und Poliklinik der Universität H wegen Verdachts auf Osteomyelitis behandelt.

Wegen eingeschränkter körperlicher Leistungsfähigkeit aufgrund Dekortikation des Rippenfells und - teilweise - der Lunge, Zustand nach Osteomyelitis linker Oberarm und Subklaviathrombose beantragte der Kläger beim Versorgungsamt Karlsruhe (VA) am 29. Juli 1992 (formlos) Versorgung nach dem ZDG, weil er sich bei der Versorgung betreuungsbedürftiger Personen während des Zivildienstes eine Staphylokokkeninfektion zugezogen habe.

Das VA zog die Zivildienstakte des Klägers bei. Nach einem dortigen Aktenvermerk erklärte der Vater des Klägers im Zusammenhang mit der Übernahme der Behandlungskosten am 09. September 1991 "aufgrund einer Nagel- oder Nadelverletzung im Handbereich, die nicht auf eine zivildienstübliche Tätigkeit zurückzuführen ist, ..." sei sein Sohn zur Zeit in stationärer Behandlung. Hiervon hat sich der Vater des Klägers im weiteren Verfahren entschieden distanziert.

Auf Anfrage des Bundesamtes für den Zivildienst hat die AWO (Einsatzleiterin Pf.) mitgeteilt, zu der Darstellung des Klägers - Infektion am Mittelfinger der rechten Hand, Zeitpunkt: 11. bis 12. Juli 1991 - könnten mangels Kenntnis keine Angaben gemacht werden; am 11. und 12. Juli 1991 habe der Kläger folgende Tätigkeiten ausgeführt: Kontrolle der Einnahme von vorgerichteten Tabletten und Betreuung bei einer verwirrten Person, bei Bedarf Wechsel der Windeln bei einer urininkontinenten Person, Haushaltstätigkeiten/Einkauf und Begleitung beim Spaziergang.

Mit Bes...

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