Verfahrensgang

SG Karlsruhe (Urteil vom 16.01.1996; Aktenzeichen S 2 An 1939/94)

 

Tenor

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 16. Januar 1996 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

 

Tatbestand

I.

Die Beteiligten streiten über einen Anspruch auf Rente wegen Erwerbs- bzw. Berufsunfähigkeit.

Die … 1941 geborene Klägerin hat nach ihren Angaben weder ein Lehr- noch ein Anlernverhältnis durchlaufen. Ab 1972 arbeitete sie als Kassierin.

Am 16. August 1993 beantragte die Klägerin Rente wegen Berufs- bzw. Erwerbsunfähigkeit. Der behandelnde Arzt Dr. R., B. berichtete der Beklagten im Oktober 1993 von einem retrobulbären Tumor unklarer Genese und dadurch ausgelöstem Bedrohungsgefühl mit zeitweiligen Panikreaktionen, einem unklaren Klopfen im Kopf, einer depressiven Verstimmung und von der Wirbelsäule ausgehenden Beschwerden. Der Neurologe, Psychiater und Sozialmediziner Dr. L., K., diagnostizierte in seinem Gutachten vom 19. Oktober 1993 einen Tumor zwischen dem Musculus rectus medialis und Nervus opticus links. Neurologisch bestünden keine Auffälligkeiten, psychisch eine ängstlich-unsichere Affektlage. Von seinem Fachgebiet her sei die Klägerin vollschichtig als Kassiererin einsatzfähig.

Die Augenärztin Dr. Dr. B. kam in ihrem Gutachten vom 27. Dezember 1993 zu dem Ergebnis, die objektiven Befunde seien unauffällig. Eine Einschränkung der Funktionsfähigkeit der Augen bestehe nicht. Als Kassiererin könne sie halb- bis unter vollschichtig arbeiten, ansonsten leichte körperliche Arbeiten vollschichtig.

Mit Bescheid vom 27. Januar 1994 lehnte die Beklagte daraufhin den Rentenantrag ab.

Im Widerspruchsverfahren legte die Klägerin einen Arztbrief der Nervenärztin Dr. H. … vom 25. Februar 1994 vor, worin die Diagnose einer agitierten Konversionsneurose mit Neigung zu Panikreaktionen und eines klinisch stummen retro-orbitalen Hirntumors beschrieben ist.

Die Beklagte erstellte eine berufskundliche Stellungnahme, wonach der Klägerin Berufsschutz als Verkäuferin/Kassiererin mit zweijähriger Ausbildung zuzubilligen sei. Dies entspreche einer Einstufung in die Tarifgruppe II. Die Klägerin sei somit auf Tätigkeiten der Tarifgruppe I verweisbar, wobei es sich um leichte körperliche Arbeiten in wechselnder Körperhaltung handele, welche nach kurzer Einarbeitungszeit ausgeübt werden könnten.

Mit Widerspruchsbescheid vom 8. Juli 1994 wies die Beklagte den Widerspruch zurück.

Hiergegen erhob die Klägerin am 18. Juli 1994 Klage zum Sozialgericht Karlsruhe mit dem Vorbringen, sie sei von ihrer 20-jährigen Tätigkeit als Kassiererin bei der Fa. A. völlig „ausgelaugt”.

Das SG holte eine schriftliche Zeugenaussage ein bei Dr. med. H.. Danach erstattete im Auftrag des SG am 12. Dezember 1994 der Neurologe und Psychiater Dr. D.- … ein Gutachten. Er diagnostizierte eine angstneurotische Entwicklung und eine L5-Wurzelschädigung links. Tätigkeiten mit erhöhter psychischer Belastung oder mit längeren Zwangshaltungen der Wirbelsäule seien zu vermeiden. Ansonsten, speziell für angelernte Bürotätigkeiten, sei sie vollschichtig einsetzbar.

Auf Antrag der Klägerin gemäß § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) erstattete am 16. Oktober 1995 der Facharzt für Neurologie und Psychiatrie Prof. Dr. M., H., ein weiteres Gutachten. Zentraler Befund sei der schon bekannte Tumor. Hierdurch sei es, verbunden mit Schwierigkeiten im Betrieb, zu einem Paniksyndrom gekommen. Erforderlich sei das Erlernen des Umganges mit der Angst. Es könne eine Rehabilitationsmaßnahme in einer Fachklinik empfohlen werden. Das derzeitige reale Leistungsvermögen liege bei bis halbschichtiger Tätigkeit.

Mit Urteil vom 16. Januar 1996 wies das SG die Klage ab. Auf die Entscheidungsgründe wird Bezug genommen.

Gegen das ihr am 25. Januar 1996 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 23. Februar 1996 Berufung eingelegt. Sie trägt vor, sie halte sich nicht mehr für fähig, einer geregelten Arbeit nachzugehen, was angesichts der bei ihr erstellten Tumordiagnose wohl verständlich sei. Schließlich müsse sie mit einer „tickenden Zeitbombe” leben.

Die Klägerin beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 16. Januar 1996 sowie den Bescheid der Beklagten vom 27. Januar 1994 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 8. Juli 1994 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihr Rente wegen Erwerbsunfähigkeit, hilfsweise Berufsunfähigkeit, zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie beruft sich auf die Gründe des angefochtenen Urteils.

Wegen der Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Akten der Beklagten und die Prozeßakten beider Instanzen Bezug genommen.

 

Entscheidungsgründe

II.

Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist zulässig, aber unbegründet Die angefochtenen Entscheidungen sind rechtmäßig. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Rente wegen Berufs- oder Erwerbsunfähigkeit.

Der Senat entscheidet gemäß § 153 Absatz 4 Sozialgerichtsgesetz (SGG) durch Beschluß, da er die Berufung einstimmig...

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