Entscheidungsstichwort (Thema)

Sozialgerichtliches Verfahren. einstweiliger Rechtsschutz. erstmalige Erlaubnis zur gewerbsmäßigen Arbeitnehmerüberlassung. Vorwegnahme der Hauptsache. Erlaubnisversagung bei berechtigten Zweifeln an der Zuverlässigkeit. Beweiserleichterung. Streitwert. Auffangwert

 

Leitsatz (amtlich)

1. Eine erstmalige Erlaubnis zur gewerbsmäßigen Arbeitnehmerüberlassung gem § 2 AÜG kann in der Regel nicht im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes erstritten werden, da ansonsten die Hauptsache vollständig vorweggenommen würde.

2. Eine Verpflichtung zur "vorläufigen" Erteilung der Erlaubnis scheidet jedenfalls dann aus, wenn berechtigte Zweifel an der nach § 3 Abs 1 Nr 1 AÜG erforderlichen Zuverlässigkeit bestehen; denn die Beweiserleichterung zugunsten der Erlaubnisbehörde gilt im einstweiligen Rechtsschutzverfahren in verstärktem Maße.

3. Der Streitwert für das gem § 197a SGG gerichtskostenpflichtige Verfahren ist hier mangels hinreichender Anhaltspunkte in Höhe des Auffangwertes des § 52 Abs 2 GKG festzusetzen. Auch eine Reduzierung des Auffangwertes ist nicht deshalb angezeigt, weil es sich um ein Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes handelt, da eine Vorwegnahme der Hauptsache erstrebt worden war.

 

Tenor

Die Antragstellerin trägt die Kosten des Verfahrens des einstweiligen Rechtsschutzes für beide Rechtszüge.

Der Streitwert wird für beide Rechtszüge auf 5000 € festgesetzt.

 

Gründe

Das Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes, gerichtet auf Erteilung einer Erlaubnis zur gewerbsmäßigen Arbeitnehmerüberlassung auf ein Jahr, hat sich nach Einlegung der Beschwerde durch übereinstimmende Erledigungserklärung (zur Zulässigkeit dieses Vorgehens s. Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner, Kommentar zur VwGO, § 158 VwGO Rdnr. 5 m.w.N.) erledigt, so dass gem. § 197a Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m. § 161 Abs. 2 VwGO das Gericht über die Kosten durch Beschluss nach billigem Ermessen unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstandes zu entscheiden hat. Hiernach ist eine Kostentragung der Antragstellerin gerechtfertigt, da ein Anspruch auf Erlass einer einstweiligen Anordnung nicht gegeben war.

Die Antragstellerin hatte im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes keinen Anspruch auf Verpflichtung der Antragsgegnerin, eine -erstmalige- Erlaubnis zur gewerbsmäßigen Arbeitnehmerüberlassung für ein Jahr zu erteilen. Eine solche erstrebte Anordnung würde die Hauptsache vollständig vorwegnehmen, da gem. § 2 Abs. 4 Satz 1 AÜG die Erlaubnis auf ein Jahr zu befristen ist. Das Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes darf aber grundsätzlich ein Klageverfahren nicht vorwegnehmen (Lüdtke, Kommentar zum SGG, 3. Auflage, § 86b SGG Rdnr. 46 m.w.N.). Dies gilt insbesondere, wenn erstmals eine Erlaubnis als rechtsgestaltender Verwaltungsakt erstrebt wird (Ulber, Kommentar zum SGG, 3. Auflage, Art. 2 [Änderung des SGG] Rdnr. 2; Schüren/Hamann, Kommentar zum AÜG, 4. Auflage, § 2 AÜG Rdnr. 127 m.w.N.; LSG Hamburg, Breith 1992,164), zumal diese kaum noch und wenn, dann nur für die Zukunft aufgehoben werden kann (Schüren/Hamann, a.a.O., § 4 AÜG Rdnr. 2; § 5 AÜG). Eine Ausnahme von dem Verbot der Vorwegnahme der Hauptsache (Lüdtke, a.a.O., Rdnr. 47 m.w.N.) ist hier jedenfalls nicht zu machen. Denn ein Anordnungsanspruch auf Erteilung einer solchen Erlaubnis war sogar unwahrscheinlich und daher nicht glaubhaft gemacht (§ 86b Abs. 2 Satz 4 SGG i.V.m. § 920 Abs. 2 ZPO).

Gem. § 3 Abs. 1 AÜG ist die Erlaubnis zu versagen, wenn Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass der Antragsteller -im Falle einer juristischen Person die vertretungsberechtigten Organe (Schüren/Hamann, a.a.O. § 3 Rdnr. 68)- die erforderliche Zuverlässigkeit nicht besitzt. Hiernach gilt zugunsten der Behörde eine Beweiserleichterung, als sie -in einem Klageverfahren- nicht das Vorliegen des Versagungsgrundes selbst beweisen muss, sondern nur die Tatsachen, die diese Annahme rechtfertigen (Vermutungswirkung; Schüren/Hamann, a.a.O., § 3 AÜG Rdnr. 44). Dies gilt im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes in größerem Maße, zumal die Antragsgegnerin ihre Ermittlungen, die sie nach Art und Umfang bestimmt und von Amts wegen durchführt (§ 24 Abs.1 VwVfG; zu dessen Anwendbarkeit s. Ulber, a.a.O. § 2 AÜG Rdnr. 4 ff.), gerade zur Frage der Zuverlässigkeit noch nicht abgeschlossen hatte. Denn dann kann nicht darauf abgestellt werden, ob abgeschlossene Ermittlungen ausreichend Tatsachen ergeben haben, die die Annahme der Unzuverlässigkeit rechtfertigen. Es reicht dann aus, wenn während des Verfahrens berechtigte Zweifel an der Zuverlässigkeit hervortreten. Solche Zweifel traten hier in großem Maße auf. Diese ergeben sich bereits aus dem Hinweis des Finanzamtes K., dass es sich nach bisheriger Erkenntnis (auch) bei dem Geschäftsführer H. um einen Strohmann des F. W. handelt. Denn es ist nicht die Zuverlässigkeit eines Strohmannes Prüfungsgegenstand des Erlaubnisverfahrens, worauf bereits das Sozialgericht zutreffend hingewiesen hat. Dieser Hinweis des Finanzamtes wird auch dadu...

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