Rz. 71

Der Erbschein ist eine öffentliche Urkunde, die das Recht auf die Erbschaft bestätigt. Der Erbschein wird auf schriftlichen Antrag vom Notar sowohl für die testamentarischen als auch für die gesetzlichen Erben ausgestellt. Neben dem Antrag muss der Erbe die Sterbeurkunde sowie die Bescheinigung über den letzten Wohnsitz des Erblassers und das Dokument über die Annahme des Nachlasses vorlegen. Dazu muss er die Verwandtschaftsverhältnisse im Falle der gesetzlichen Erbschaft beweisen.[28]

 

Rz. 72

Nach der aktuellen Rechtsprechung schließen Personen in Litauen im Erbverfahren zunehmend Kaufverträge über ihre Erbrechte ab. Mit solchen Verträgen werden die Rechte auf ererbtes Vermögen und Schulden (Aktiva sowie Passiva) als Ganzes übertragen. Vertragsgegenstand bildet das Erbrecht, über das der Erbe ab dem Zeitpunkt der Annahme der Erbschaft bis zur Ausstellung des Erbscheins verfügt.

 

Rz. 73

Gemäß Art. 5.67 lit. BGB ist der Erbschein nicht eher als drei Monate nach dem Tag der Entstehung des Erbschaftsrechts auszustellen. Eine frühere Ausstellung des Erbscheins an natürliche Personen ist nur dann möglich, wenn der Notar feststellt, dass keine anderen Erben existieren außer denen, die bereits einen Erbschein beantragt haben.

 

Rz. 74

Falls ein Streit über die Erbschaft entsteht, darf der Notar den Erbschein nur aufgrund eines rechtskräftigen Gerichtsurteils ausstellen. Wenn kein Streit besteht, der Nachlass jedoch belastet ist, darf der Notar den Erbschein ausstellen, weil die Belastung mit dem Gegenstand übergeht.

 

Rz. 75

Gemäß Art. 5.66.1 lit. BGB haben die Erben keine Pflicht, sondern nur das Recht, die Ausstellung des Erbscheins zu beantragen. Der Erbe, der den Nachlass angenommen hat, wird Eigentümer, unabhängig davon, ob er im Besitz eines Erbscheins ist. Allerdings setzt die Eintragung der Eigentumsrechte des Erben einer vererbten Immobilie in die staatlichen Register die Vorlage eines Erbscheins voraus.

 

Rz. 76

Falls der Erbe die Frist zur notariellen Erbschaftsannahme sowie für die Ausstellung des Erbscheins versäumt hat, kann er seine faktische Annahme der Erbschaft gerichtlich feststellen lassen. Das Gericht muss dafür feststellen, dass der Erbe die Erbschaft innerhalb von drei Monaten nach dem Tode des Erblassers angenommen hat und das Erbe aktiv verwaltete.

[28] Vileita, Justitia, Nr. 6, 2003, S. 32.

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