Leitsatz (amtlich)
Lehnt der Strafrichter einen Auftrag auf Beiordnung als Pflichtverteidiger ohne Begründung ab und hilft der dagegen gerichteten Beschwerde ohne Gründe nicht ab, hebt das Beschwerdegericht die Entscheidung auf und verweist an den Strafrichter zurück.
Normenkette
Tenor
Auf die Beschwerde des Angeklagten wird der angefochtene Beschluss aufgehoben und die Sache an das Amtsgericht Pirmasens zurückverwiesen.
Gründe
Durch Beschluss vom 21.06.2010 hat es die Strafrichterin beim Amtsgericht Pirmasers abgelehnt, dem Angeklagten einen Pflichtverteidiger zu bestellen, weil die Voraussetzungen des § 140 StPO nicht vorliegen.
Die dagegen gerichtete Beschwerde des Angeklagten ist nach § 304 Abs. 1 StPO zulässig; entgegen § 305 StPO auch gegen den Beschluss der erkennenden Strafrichterin des Amtsgerichts Pirmasens (vgl. Meyer-Goßner StPO 53 A. § 141 Rn. 10a m.w.N.)
In der Sache führt die Beschwerde zu einem vorläufigen Erfolg.
Die angefochtene Entscheidung hält der rechtlichen Nachprüfung nicht stand, weil sich aus ihr nicht ergibt, ob die Voraussetzungen für eine Pflichtverteidigerbestellung nach § 140 StPO geprüft worden sind. Dafür ist eine Auseinandersetzung mit der Vorschrift erforderlich, die in Abs. 1 zwingend die Beiordnung regelt und nach der Generalklausel des Abs. 2 die Beiordnung nach den dort genannten Alternativen vorsieht. Dem entspricht der Beschluss nicht, denn er enthält entgegen § 34 StPO keine Begründung für die Ablehnung der Beiordnung. Die bloße Wendung, dass die Voraussetzungen nicht vorliegen, ersetzt die Begründung nicht. Auch der Nichtabhilfeentscheidung fehlt jegliche Begründung, obwohl Staatsanwaltschaft und Verteidigung auf einige Gesichtspunkte im Zusammenhang mit § 140 StPO aufmerksam gemacht haben. Dem Beschwerdegericht - aber auch den Verfahrensbeteiligten - ist daher eine Überprüfung des Beschlusses verwehrt.
Eine erstmals sachlich begründete Entscheidung durch die Kammer ist bei dieser Sachlage nicht veranlasst. Die Fälle unbegründeter Entscheidungen im Bereich der Pflichtverteidigerbeiordnung häufen sich. Gegen eine Kammerentscheidung ist keine weitere Beschwerde statthaft und dem Angeklagten auch eine Instanz genommen.
Es entspricht deshalb der Praxis der Beschwerdekammer, derartige Entscheidungen aufzuheben und an den Erstrichter zurückzuverweisen (vgl. MDR 1992, 891).
Fundstellen
Haufe-Index 4624080 |
VRS 2010, 366 |
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