Leitsatz (amtlich)

Im eV-Verfahren ist eine Abwägung der widerstreitenden Interessen vorzunehmen.

Dabei ist die Grundsatzentscheidung des Gesetzgebers zu berücksichtigen, wonach auch rechtswidrige bzw. angefochtene Eigentümerbeschlüsse, solange sie nicht durch rechtskräftiges Urteil für ungültig erklärt wurden, gültig und daher zu vollziehen sind.

 

Verfahrensgang

AG München (Beschluss vom 25.07.2008; Aktenzeichen 485 C 876/08 WEG)

 

Tenor

I. Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

II. Die Antragstellerin hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen.

III. Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 4.000 EUR festgesetzt.

IV. Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

I.

Die Antragstellerin ist Miteigentümerin der Wohnungs- und Teilerbbaurechtsgemeinschaft xxx, xxx München.

Am 25.04.2007 hatte die Eigentümerversammlung unter TOP 6a) beschlossen, dass die Westseite und die Südseite der Fassade des Anwesens zu streichen sei; mit der Vornahme sollte eine Firma beauftragt werden, die bereits die Nordseite gestrichen hatte. Unter TOP 6e) beschloss die Eigentümerversammlung die Finanzierung der Maßnahme. Die Antragstellerin hat diese Beschlüsse mit Anfechtungsklage angegriffen; eine Entscheidung steht noch aus. Die Antragstellerin ist der Auffassung, dass die Beschlüsse aufzuheben seien, weil die Verwaltung keine Vergleichsangebote eingeholt hatte. Im übrigen seien sie auch zu unbestimmt.

Am 22.04.2008 beschloss die Eigentümerversammlung unter TOP 6a), dass die Beschlüsse aus der Eigentümerversammlung vom 25.04.2007 trotz Anfechtung durch die Antragstellerin durchgeführt werden sollten. Auch diese Beschlüsse hat die Antragstellerin vor Gericht angefochten. Das Verfahren wird unter dem Aktenzeichen 485 C 709/08 geführt und ist ebenfalls noch anhängig.

Mit Schreiben vom 22.07.2008 kündigte die Hausverwaltung den Beginn der Malerarbeiten am 28.07.2008 an.

Mit Schreiben vom 25.07.2008 beantragte die Antragstellerin den Erlass einer einstweiligen Verfügung, durch die den anderen Miteigentümern und der derzeitigen Hausverwaltung die Ausführung der Malerarbeiten an der West- und Südfassade des Anwesens untersagt wird. Zur Begründung führte sie aus, dass durch die Ausführung der Malerarbeiten unumkehrbare Tatsachen geschaffen würden, die zu Lasten der Antragstellerin gingen. Da die Malerarbeiten bereits am 28.07.2008 beginnen würden, sei Eile geboten. Die Hausverwaltung habe bereits wiederholt und in besonders eklatanter Weise in der Eigentümerversammlung Beschlüsse durchgesetzt, die gegen das Gesetz und die Rechtsprechung verstoßen würden. Deshalb sei der Erlass einer einstweiligen Verfügung hier angebracht, um die Fortsetzung der unqualifizierten Bewirtschaftung des Anwesens auszusetzen. Auf das Schreiben der Antragstellerin vom 25.07.2008 wird verwiesen.

Mit Beschluss vom 25.07.2008 wies das Amtsgericht München den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung zurück. Zur Begründung führte es aus, dass hier für den sofortigen Erlass keine hinreichenden Gründe vorlägen. Es müsse daher bei dem gesetzlichen Grundsatz verbleiben, dass Anfechtungsklagen keine aufschiebende Wirkung entfalten. Auf den Beschluss des Amtsgerichts wird verwiesen.

Gegen diesen Beschluss hat die Antragstellerin mit Schreiben vom 28.07.2008, eingegangen bei Gericht am 29.07.2008, sofortige Beschwerde eingelegt. Sie ist der Auffassung, dass eine einstweilige Verfügung hätte erlassen werden müssen. Würden die Malerarbeiten beendet, was in etwa drei Wochen der Fall sei, würde sich die Anfechtungsklage erledigen. Die Antragstellerin könnte dann keine Entscheidung in der Sache mehr verlangen und würde dadurch letztlich rechtlos gestellt. Auf das Schreiben vom 28.07.2008 wird verwiesen.

Das Amtsgericht hat mit Beschluss vom 30.07.2008 der Beschwerde nicht abgeholfen und die Akten dem Landgericht München I zur Entscheidung vorgelegt.

 

Entscheidungsgründe

II.

Die zulässige Beschwerde erweist sich als unbegründet.

1. Die Beschwerde ist zulässig. Sie ist gemäß § 567 I Nr. 2 ZPO statthaft. Der Antragsteller hat sie form- und fristgerecht gemäß § 569 ZPO eingelegt. Anwaltszwang bestand insoweit nicht, §§ 569 III Nr. 1, 78 V ZPO.

2. Die Beschwerde ist indes unbegründet.

Das Amtsgericht hat die Ausführung der Malerarbeiten zu recht nicht durch einstweilige Verfügung untersagt.

Die Antragstellerin begehrt eine Regelungsverfügung gemäß § 940 ZPO. Es geht ihr darum, durch eine gerichtliche Regelung zu erreichen, dass die derzeit bestehende Vollziehbarkeit des Beschlusses der Eigentümerversammlung, Malerarbeiten durchführen zu lassen, ausgesetzt wird.

Eine einstweilige Verfügung gemäß §§ 935 ff. ZPO setzt einen Verfügungsgrund voraus (Zöller/Vollkommer, § 940 Rz. 4): Die Regelung muss etwa zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheinen, § 940 ZPO. Ob dies der Fall ist, ist durch eine Abwägung der schutzwürdigen Interessen beider Seiten zu beurteilen (Zöller/Vollkommer, § 940 Rz. 4; Musielak/Huber, § 940 Rz. 4). Ausgangspunkt ist dabei die Wertung des Gesetzgebe...

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