Verfahrensgang

AG Leipzig (Entscheidung vom 29.07.2010; Aktenzeichen 453 M 17594/10)

 

Tenor

  • 1.

    Auf die sofortige Beschwerde der Gläubigerin wird der Beschluss des Amtsgerichts Leipzig vom 29.07.2010 aufgehoben und der zuständige Gerichtsvollzieher angewiesen, einen Termin zur Ergänzung der eidesstattlichen Versicherung der Schuldnerin vom 29.06.2010 zu bestimmen um diese über die Einkommensverhältnisse ihres Sohnes Jens zu befragen, die Angaben der Schuldnerin aufzunehmen und die Richtigkeit an Eides statt versichern zu lassen.

  • 2.

    Die Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei.

  • 3.

    Der Beschwerdewert wird auf bis 300,00 EUR festgesetzt.

 

Gründe

I.

Die Gläubigerin betreibt die Zwangsvollstreckung aus einem Vollstreckungsbescheid gegen die Schuldnerin, die am 29.06.2010 die eidesstattliche Versicherung abgegeben hat. In ihrem Vermögensverzeichnis gab die Schuldnerin unter anderem an, sie gewähre ihrem am 03.04.1989 geborenen Sohn Jens Naturalunterhalt. Weiterhin gab sie an, sie beziehe monatliche Einkünfte in Höhe von 840,00 EUR netto.

Die Gläubigerin hat geltend gemacht, die Schuldnerin habe ihr Vermögensverzeichnis dahingehend zu ergänzen, ob ihr Sohn über Einkommen verfüge. Den dahingehenden Antrag der Gläubigerin, die Schuldnerin zur Nachbesserung des Vermögensverzeichnisses zu laden, hat der Gerichtsvollzieher abgelehnt.

Die hiergegen erhobene Erinnerung der Gläubigerin vom 21.07.2010 hat das Amtsgericht Leipzig mit Beschluss vom 29.07.2010 zurückgewiesen. Das Amtsgericht hat ausgeführt, der Gläubigerin fehle für die Nachbesserung des Vermögensverzeichnisses das Rechtsschutzbedürfnis. Selbst wenn der Sohn der Schuldnerin über ein eigenes Einkommen verfügen sollte, würde dies den von der Gläubigerin beabsichtigten Antrag nach § 850c Abs. 4 ZPO nicht rechtfertigen. Mit ihrem monatlichen Nettoeinkommen von 840,00 EUR liege die Schuldnerin unabhängig von Unterhaltsverpflichtungen nämlich in jedem Fall unter der Pfändungsfreigrenze. Für die Gläubigerin würden sich daher keine verbesserten Vollstreckungsmöglichkeiten ergeben.

Der Beschluss wurde der Gläubigerin am 10.08.2010 zugestellt. Gegen ihn wendet sich die Gläubigerin mit ihrer sofortigen Beschwerde vom 13.08.2010, die beim Amtsgericht Leipzig am 16.08.2010 einging. Das Amtsgericht hat der Beschwerde nicht abgeholfen und sie dem Landgericht zur Entscheidung vorgelegt.

Auf die sofortige Beschwerde der Gläubigerin war der angegriffene Beschluss des Amtsgerichts Leipzig aufzuheben und der Gerichtsvollzieher wie geschehen anzuweisen.

  • 1.

    Die sofortige Beschwerde ist gemäß §§ 793, 567 ZPO zulässig. Insbesondere wurde sie gemäß § 569 Abs. 1 ZPO fristgerecht eingelegt.

    Dem Antrag der Gläubigerin zur Nachbesserung des Vermögensverzeichnisses fehlt auch nicht das Rechtsschutzbedürfnis.

    Das Amtsgericht geht grundsätzlich zurecht davon aus, dass das Rechtsschutzbedürfnis des Gläubigers für Maßnahmen im Verfahren der eidestattlichen Versicherung in Ausnahmefällen fehlen kann, wenn die Vermögenslosigkeit des Schuldners von vornherein feststeht und das Nachbesserungsverlangen damit als mutwillig oder schickanös anzusehen ist (BGH, Beschluss vom 20.11.2008, Az. 1 ZB 20/06, Rn. 8, zitiert nach Juris). Diese Voraussetzungen sind im vorliegenden Fall jedoch nicht gegeben. Der Verpflichtung der Schuldnerin zur Nachbesserung ihrer eidesstattlichen Versicherung steht nicht entgegen, dass nach ihren Angaben im Vermögensverzeichnis derzeit eine Pfändung auf ohne Berücksichtigung ihres Sohnes erfolglos wäre. Zumindest in Fällen, in denen eine Verbesserung der Einkommens- und Vermögenslage des Schuldners nicht ausgeschlossen erscheint, besteht nämlich ein berechtigtes Interesse des Gläubigers an einer rangwahrenden Pfändung (BGH, Beschluss vom 27.06.2003, Az. IX AZB 62/03, Rn. 5, zitiert nach Juris). Dass eine Verbesserung der Einkommens- und Vermögenslage ausgeschlossen wäre ist nicht erkennbar, zumal die Schuldnerin arbeitstätig ist. Ob außerdem die Voraussetzungen einer rangwahrenden Pfändung vorliegen, kann dahinstehen. Das gesetzliche System des Zwangsvollstreckungsrechts verbietet es nämlich, zur Feststellung der Leistungsunfähigkeit auf das Vermögensverzeichnis des Schuldners und dessen eidesstattliche Versicherung abzustellen (BGH, Beschluss vom 27.06.2003, Az. IX AZB 62/03, Rn. 5, zitiert nach Juris; LG Stuttgart, DGVZ 2007, 94). Vor der Pfändung einer Geldforderung prüft das Vollstreckungsgericht nämlich neben der Zulässigkeit der Zwangsvollstreckung lediglich die Schlüssigkeit, um festzustellen, ob sich aus dem Vorbringen des Gläubigers das Bestehemn einer pfändbaren Forderung des Schuldners gegen den Drittschuldner ergibt. Anschließend wird lediglich die angebliche Forderung des Schuldners gegen den Drittschuldner gepfändet. Die Berücksichtigung der Angaben in dem Vermögensverzeichnis des Schuldners als offenkundig würde daher im Ergebnis dazu führen, dass dessen Angaben zum Bestehen oder zur Pfändbarkeit einer Forderung entgegen der gesetzlichen Regelung verwendet würden (vgl. BGH,...

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