Nachgehend

OLG Karlsruhe (Urteil vom 09.11.2006; Aktenzeichen 4 U 174/05)

 

Tenor

1. Die Beklagte wird verurteilt, es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung vom Gericht festzusetzenden Ordnungsgeldes von bis zu 250.000,00 EURO, ersatzweise Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, oder Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, zu unterlassen,

auf dem Gebiet des Erbrechts beratend und/oder rechtsbesorgend für Dritte tätig zu werden, indem sie diese in Fragen von deren Testamentserrichtung inhaltlich berät, Testamentsentwürfe erstellt und/oder überarbeitet sowie Satzungen für Stiftungen erstellt, die Dritte im Zusammenhang mit ihren letztwilligen Verfügungen errichten wollen.

2. Die Beklagte wird ferner verurteilt, an die Klägerin 150,00 EURO zu bezahlen.

3. Die Kosten des Rechtsstreits werden der Beklagten auferlegt.

4. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 10.000,00 EURO vorläufig vollstreckbar.

 

Tatbestand

I.

Die klagende … nimmt die Beklagte auf Unterlassung rechtsberatender und rechtsbesorgender Tätigkeiten im Zusammenhang mit der Errichtung letztwilliger Verfügungen ihrer Kunden in Anspruch.

Die Klägerin ist der Auffassung, sie sei – auch nach der Neufassung des § 8 Abs. 3 Ziffer 2 UWG – als Körperschaft des öffentlichen Rechts klagebefugt.

Sie macht geltend, sie habe im Februar 2005 durch eines ihrer Mitglieder erfahren, dass die Beklagte gegenüber einer Kundin in deren Testaments- und Stiftungsangelegenheiten rechtsberatend und rechtsbesorgend tätig geworden sei. Mit Schreiben der Beklagten vom 16.09.2004 an deren Kundin sei dieser ein überarbeiteter Entwurf eines Testaments übermittelt worden, wobei gleichzeitig ausgeführt worden sei, dass in den Entwurf „wie besprochen” eine Reihe von Barvermächtnissen eingearbeitet worden sei. Ferner liege der Entwurf eines Nachtrags zum Testament bei, der für den Fall als Vorlage dienen sollte, dass nach Abfassung des Testaments einzelnen Personen weitere Gegenstände oder Barbeträge zugewendet werden sollten. Ferner wurde die modifizierte Stiftungssatzung übersandt (vgl. Anlage K 1 – Schreiben der Beklagten vom 16.09.2004; Anlage K 2 – Testamentsentwurf; Anlage K 3 – Nachtrag zum Testament sowie Anlage K 4 – Stiftungssatzung). Die Klägerin mahnte die Beklagte mit Schreiben vom 17.02.2005 (Anlage K 6) ab und forderte die Zahlung einer Abmahnpauschale von 150,00 EURO.

Die Klägerin stützt ihren Unterlassungsanspruch auf § 8 Abs. 1 Satz 1, Abs. 3 Ziff. 2, §§ 3, 4 Nr. 11 UWG i.V.m. Art. 1 § 1 RBerG. Die Klägerin räumt ein, dass die Beklagte in einem gewissen Umfang rechtsberatend tätig werden dürfe, da die Besorgung wirtschaftlicher Belange vielfach mit rechtlichen Vorgängen verknüpft sei. Es sei daher zu prüfen, ob die ausgeübte Tätigkeit überwiegend auf wirtschaftlichem Gebiet liege und die Wahrnehmung wirtschaftlicher Belange bezwecke oder ob die rechtliche Seite der Angelegenheit im Vordergrund stehe und es wesentlich um die Klärung rechtlicher Verhältnisse gehe. Bei der erbrechtlichen Beratung, insbesondere im Zusammenhang mit der Errichtung letztwilliger Verfügungen liege jedoch der Schwerpunkt der Tätigkeit auf rechtlichem Gebiet und dürfe daher nur ausgeübt werden, wenn eine Erlaubnis der zuständigen Behörde vorliege, die der Beklagten unstreitig nicht erteilt ist.

Die Beratung im Zusammenhang mit der Testamentserrichtung sei von der Durchführung der Testamentsvollstreckung deutlich zu unterscheiden. Bei der Testamentserrichtung liege das Schwergewicht jedoch eindeutig auf der Erteilung von Rechtsrat.

Auch die Ausnahmevorschrift des Art. 1 § 5 Nr. 1 RBerG greife nicht ein, da die Haupttätigkeit der Beklagten als Bank auch ohne Rechtsberatung und Rechtsbesorgung in Testamentsangelegenheiten ausgeübt werden könne.

Die Abmahngebühr von 150,00 EURO sei für berufsständische Kammern angemessen.

Die Klägerin beantragt,

  1. die Beklagte wird verurteilt, bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung vom Gericht festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000,00 EURO, ersatzweise Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, oder Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, es zu unterlassen,

    auf dem Gebiet des Erbrechts rechtsberatend und/oder rechtsbesorgend für Dritte tätig zu werden, indem sie diese in Fragen von deren Testamentserrichtung inhaltlich berät, Testamentsentwürfe erstellt und/oder überarbeitet, sowie Satzungen für Stiftungen erstellt, die Dritte im Zusammenhang mit ihren letztwilligen Verfügungen errichten wollen.

  2. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 150,00 EURO zu bezahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen

und hilfsweise,

der Beklagten nachzulassen, die Zwangsvollstreckung gegen Sicherheitsleistung abzuwenden, die durch Stellung einer schriftlichen, unwiderruflichen, unbedingten und unbefristeten Bürgschaft eines im Inland zum Geschäftsbetrieb befugten Kreditinstituts erbracht werden kann.

Die Beklagte rügt zunächst die Klagebefugnis der Klägerin, beruft sich auf die europarechtliche Dienstleistungsfreiheit, verweist auf die künftige Neuregelung eines Rechtsdienstleisteges...

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