Entscheidungsstichwort (Thema)

Kündigungsschutz für abgetrennten, möblierten Wohnraum

 

Orientierungssatz

Die Ausnahmevorschrift des BGB § 564b Abs 7 Nr 2 gilt nicht für ein möbliertes Zimmer, das einen eigenen Eingang zum Treppenhaus hat, dessen Verbindungstür zur Vermieterwohnung abgeschlossen und mit Möbeln zugestellt ist und in dem der Mieter nicht auf die Benutzung von Küche und Bad in der Vermieterwohnung angewiesen ist.

 

Tenor

Dem Beklagten wird Prozeßkostenhilfe unter Beiordnung von Rechtsanwalt ... aus ... bewilligt, und zwar für beide Rechtszüge. Ratenzahlungen werden nicht angeordnet.

Die Kosten des Rechtsstreits werden gegeneinander aufgehoben.

 

Gründe

Durch das am 8.2.1990 verkündete Urteil des Amtsgerichts Lemgo wurde der Beklagte zur Räumung und Herausgabe eines möblierten Zimmers verurteilt. Prozeßkostenhilfe wurde nicht bewilligt. Gegen das Räumungsurteil hat der Beklagte fristgerecht Berufung und gegen die Nichtbewilligung von Prozeßkostenhilfe Beschwerde eingelegt.

1.

Die gemäß § 127 Abs. 2 S. 2 ZPO zulässige Beschwerde des Beklagten gegen die Versagung der Prozeßkostenhilfe ist begründet. Die vom Beklagten gegen den Räumungsantrag des Klägers beabsichtigte Rechtsverteidigung bot hinreichende Aussicht auf Erfolg.

Es kann nicht festgestellt werden, daß das Mietverhältnis der Parteien durch die Kündigung der Klägerin beendet worden ist. Entgegen der Auffassung des Amtsgerichtes handelt es sich bei dem streitigen Zimmer nicht um Wohnraum, der Teil der vom Vermieter selbst bewohnten Wohnung ist. Unstreitig hat das dem Beklagten vermietete Zimmer einen separaten Eingang vom Hausflur her. Der Hausflur selbst befindet sich außerhalb der ansonsten abgeschlossenen Wohnung der Klägerin. Zwar ist das dem Beklagten vermietete Zimmer durch eine Verbindungstür mit der Wohnung der Klägerin verbunden. Diese Verbindungstür ist aber ebenfalls unstreitig verriegelt und durch Möbel zugestellt, so daß ein Begehen der Wohnung der Klägerin vom Zimmer des Beklagten aus nicht möglich ist. Im übrigen wäre Voraussetzung für eine Anwendung der Ausnahmevorschrift des § 564 b Abs. 7 Ziff. 2 BGB, daß eine Form des besonders engen Zusammenlebens vorliegt (vgl. Schmidt-Futterer-Blank, Wohnraumschutzgesetze, 6. Aufl., Rdn. C 550). Unstreitig hatte aber der Beklagte in seinem Zimmer eine eigene Kochmöglichkeit, und er war auch nicht auf eine gemeinsame Benutzung irgendwelcher Einrichtungen, wie zum Beispiel der Küche oder das Bad angewiesen. Es fehlte daher an einer besonders engen Form des Zusammenlebens der Parteien.

Die Klägerin konnte das Mietverhältnis somit nur gemäß § 564 b Abs. 1 BGB kündigen, wenn sie ein berechtigtes Interesse an der Beendigung des Mietverhältnisses hatte. Ob ein derartiges Interesse hier vorlag, ist zwischen den Parteien streitig. Insoweit wäre Zeugenbeweis und eventuell eine Parteivernehmung erforderlich gewesen. Da das Beweisergebnis insoweit offen war, mußte dem Beklagten für die erste Instanz Prozeßkostenhilfe bewilligt werden.

2.

Dem Beklagten war auch Prozeßkostenhilfe für die Berufungsinstanz zu bewilligen, da die Berufung bei deren Erhebung zulässig war. Zwar hatte der Beklagte das von ihm angemietete Zimmer bei Einlegung der Berufung bereits geräumt an die Klägerin herausgegeben. Der Beklagte hat das Zimmer jedoch nicht freiwillig, sondern erst auf die Vollstreckungsandrohung der Klägerin geräumt. Er brauchte deshalb weder den Weg über § 719 ZPO anzugehen, noch auf einem Rückumzug bestehen. Er konnte vielmehr wie geschehen, den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt erklären.

3.

Nachdem die Parteien den Rechtsstreit übereinstimmend in der Hauptsache erledigt erklärt haben, war über die Kosten des Rechtsstreits gemäß § 91 a ZPO unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstandes nach billigem Ermessen zu entscheiden. Diese im Rahmen des § 91 a ZPO vorzunehmende Abwägung ergibt hier, daß die Kosten des Rechtsstreits gegeneinander aufzuheben sind.

Nach dem bisherigen Sach- und Streitstand war nicht abzusehen, ob die Klägerin mit ihrer Räumungsklage Erfolg gehabt hätte. Wie bereits ausgeführt, konnte die Klägerin dem Beklagten das vermietete Zimmer nicht ohne Vorliegen eines berechtigten Interesses kündigen, da die Voraussetzungen des § 564 b Abs. 7 Ziff. 2 BGB nicht vorlagen. Ob die von der Klägerin angeführten Gründe die Kündigung gerechtfertigt hätten, kann abschließend nicht beurteilt werden. Die Kündigungsgründe sind zwischen den Parteien streitig und hätten durch eine Beweisaufnahme aufgeklärt werden müssen. Das Beweisergebnis war noch offen, so daß es gerechtfertigt ist, die Kosten des Rechtsstreits gegeneinander aufzuheben.

 

Fundstellen

Dokument-Index HI1733423

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